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Kritik an Werbung für Polizeinachwuchs in Österreich

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Mit schnellen Autos auf der Rennstrecke unterwegs. Die Werbung des Innenministeriums für den Polizeiberuf stößt auf Kritik der FSG Gewerkschaft. Der Alltag sehe anders aus. Schreibarbeit, wenig Lohn.
Umstrittene Kampagne des BMI
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Das Innenministerium sieht in den teils heftig kritisierten Maßnahmen zur Rekrutierung neuer Polizisten einen Erfolg. Nach Angaben des Ministeriums haben sich heuer bisher mehr als 6.000 Bewerber gemeldet, während es im gesamten Jahr 2017 rund 5.800 gewesen seien. Dies “deutet auf den Erfolg der seit April 2018 laufenden Rekrutierungskampagne hin”, hieß es kürzlich in einer Aussendung. Der FSG Gewerkschaft stößt allerdings eine Kampagne besonders sauer auf. Sie zeigt, wie Polizisten mit schnellen Autos auf einer Rennstrecke unterwegs sind. Das spiegle nicht die Realtität wider, heißt es von Gewerkschaftsseite.

Kooperation mit KTM und Mercedes

Auf über 50 Sport- und Großveranstaltungen sei die Polizei auf potenzielle Bewerber im direkten Gespräch zugegangen. “Kooperationen mit Mercedes-Benz und KTM, die kostenlos Marketing-Fahrzeuge als ‘Eyecatcher’ zur Verfügung gestellt haben bzw. stellen, haben den Werbeeffekt für die Polizei deutlich verstärkt und für entsprechende Aufmerksamkeit gesorgt”, hieß es in der Aussendung.

“Das ist eine Mär”

Genau daran hatte etwa Polizeigewerkschafter Hermann Greylinger von der Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter (FSG) Kritik geübt: “Geworben wird mit einer Mär”, konstatierte der stellvertretende Vorsitzende der Polizeigewerkschaft im Sommer. Man zeige Luxusautos und Spezialeinheiten her. “Übersehen wird, dass 80 Prozent der aufgenommenen Bewerber Dienst in einer Polizeiinspektion, oft mit unzulänglicher Ausstattung, versehen müssen.”

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FSG: Niedriges Einstiegsgehalt

Greylinger hatte höhere Anreize für den Beruf, mehr Perspektiven und mehr Flexibilität gefordert. “Über zehn Jahre war es so, dass es ein Einstiegsgehalt von ‘starken’ 1.000 Euro brutto gab. Wer geht da zur Polizei, wenn er Familie hat?”, fragte Greylinger. Er machte in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, “dass wir für den Dienst draußen eine soziale Durchmischung benötigen. Wenn ich nur bei 18-jährigen Maturanten rekrutiere, werde ich den nicht erreichen”.

Niveau der Bewerber

Das Innenministerium nahm auch zur Kritik Stellung, dass das Niveau der Bewerber sinke: “Die Mindestpunkteanzahl für eine erfolgreiche Absolvierung des Polizeiauswahlverfahrens liegt, wie gehabt, bei 139.5 Punkten. Es hat kein Absenken der Anforderungen stattgefunden”, so das Ministerium. “Zu erwähnen ist, das aufgenommene Bewerberinnen und Bewerber mit einer Punktezahl nahe der Mindestgrenze eher als seltene Ausnahmen zu bezeichnen sind”, die durchschnittliche Punktezahl der im ersten Halbjahr 2018 aufgenommenen Bewerber sei je nach Bundesland zwischen 606,2 in Oberösterreich und 933,6 in Kärnten gelegen.

Kapazitätsprobleme in Vorarlberg

In Vorarlberg hingegen stößt die Polizeischule Feldkirch mit ihren Grundausbildungslehrgängen an ihre Grenzen.  Weil das Bildungszentrum der Polizei in Feldkirch an seine Kapazitätsgrenzen angelangt ist, hilft derzeit die Feuerwehr aus. “Wir sind froh, dass wir in die Feuerwehrschule ausweichen können”, sagte Susi Moll, Sprecherin der Landespolizeidirektion, auf VOL.AT-Anfrage im Juli. “Die Polizeischule ist bei so vielen Schülern einfach zu eng.”

Maturareise “X-Jam”

Kritik gab es unter anderem an den Rekrutierungsmethoden, die hochrangige Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit im Innenministerium unter anderem zur Maturareise “X-Jam” nach Kroatien und zum Erzbergrodeo führte, von dem auch Feierfotos auf Instagram aufgetaucht waren.” Wir wollen die Marke Polizei dort etablieren, wo junge Leute sind”, hatte dies Alexander Marakovits, Leiter der Kommunikationsabteilung im Innenministerium, bei Bekanntwerden dieser Methoden kommentiert. “Das ist nicht nur Party. Das ist ein 24-Stunden-Dienst.”

Inseraten-Geld für Wiener Boulevard

Im ersten Halbjahr investierte das Innenministerium rund 500.000 Euro in die Bewerbung des Polizeidienstes. Dabei setzte man vornehmlich auf Zeitungsinserate. Das meiste Geld (rund 124.000 Euro) ging wie schon 2017 an die Tageszeitung “Österreich”, gefolgt von der “Kronen Zeitung” (ca 93.000) und “Heute” (ca. 85.000).
Von der Opposition kam zudem Kritik an Rekrutierungsinseraten in der Zeitschrift “Alles Roger?” und im oberösterreichischen Online-Portal “Wochenblick”. Der damalige SPÖ-Chef Christian Kern hatte die Regierung im Mai aufgefordert, finanzielle Zuwendungen an “Alles Roger” einzustellen, werde dort doch “antisemitische Hetze” aus österreichischem Steuergeld betrieben. Das Portal “Wochenblick” wurde mehrfach vom Presserat gerügt bzw. verurteilt.

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