Kritik an Postenvergabe beim Bundesheer

Der frühere Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums (HGM), M. Christian Ortner, wird neuer Leiter des Instituts für Strategie und Sicherheitspolitik an der Landesverteidigungsakademie, berichtete das Ö1-"Morgenjournal" am Freitag. Die Besetzung erfolgte ohne Ausschreibung, die Personalvertretung vermutet laut Bericht Postenkorruption. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) verteidigt das Vorgehen.
Ohne Aussendung: Kritik an Postenvergabe beim Bundesheer
Eine Ausschreibung von Leitungsfunktionen sei rechtlich vorgeschrieben, auch in der Vergangenheit sei die Institutsleitung immer ausgeschrieben worden, kritisiert Herwig Jedlaucnik, Personalvertreter an der Landesverteidigungsakademie, die aktuelle Postenbesetzung. "Und deshalb steht der Verdacht der Postenkorruption im Raum und damit zusammenhängend natürlich auch der Verdacht des Amtsmissbrauches", sagte Jedlaucnik zu Ö1.
Verteidigungsministerin Tanner verteidigte das Vorgehen
Tanner verteidigt das Vorgehen laut ORF-Radio. Eine Ausschreibung sei laut Beamtendienstrecht nicht erforderlich, weil die Ernennung auf einen bisher unbesetzten und somit freien Arbeitsplatz erfolge, heiße es in einer schriftlichen Stellungnahme der Ministerin. Die Leitung des Instituts für Strategie und Sicherheitspolitik (ISS) wird derzeit nur interimistisch geführt.
Am Rande eines Pressetermins in Niederösterreich erklärte Tanner gegenüber Journalisten, dass es sich in diesem Fall nicht um eine Entscheidung handle, die sie als Ministerin treffe. Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen sei es notwendig, ihm einen Arbeitsplatz zuzuweisen. "Das passiert dieser Tage. Der entsprechend Akt ist noch nicht einmal vom Generalsekretär und der zuständigen Abteilung unterschrieben worden", so die Ministerin. "Spekulationen eines freiheitlichen Personalvertreters" hingegen wolle sie nicht kommentieren. Wichtig sei, dass "selbstverständlich" die Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes und des Beamtendienstrechtsgesetzes eingehalten werden.
HGM-Direktor Ortner war 17 Jahre an der Spitze des Wiener Museums
Ortner wurde im vergangenen Jahr nach 17 Jahren an der Spitze des HGM abgelöst. Neben Kritik am Umgang des Museums mit der militärischen Vergangenheit Österreichs war er mit schweren Mobbingvorwürfen konfrontiert. Diese Vorwürfe sind aus Tanners Sicht ausgeräumt. Eine interne Untersuchung habe ergeben, dass sie nicht stichhaltig seien und es keinen Verdacht auf Dienstverletzungen gebe.
Jedlaucnik zweifelt an inhaltlicher Eignung Ortners
Aber auch an der inhaltlichen Eignung Ortners zweifelt Jedlaucnik. Ortner sei Experte für den Ersten Weltkrieg und die Kriege der österreichisch-ungarischen Monarchie davor, das Institut beschäftige sich aber mit aktuellen Fragen der Sicherheitspolitik. Das sieht Tanner ebenfalls anders. Ortner erfülle alle Voraussetzungen und Kenntnisse, um die Institutsleitung ausüben zu können. In einem Brief an die Verteidigungsministerin fordern die Institutsbediensteten eine sorgfältige Prüfung des Falls.
SPÖ verlangte von Tanner Aufklärung über Bestellvorgang
Auch die SPÖ verlangt von Tanner Aufklärung über den "unüblichen Bestellvorgang". Stellenbesetzungen müssten transparent und nachvollziehbar sein, betonte SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer in einer Aussendung. "Nach dem Beamtendienstrecht mag die Bestellung Ortners rechtskonform gewesen sein. Der Entscheidung haftet aber der Anschein von Postenschacher an", so Laimer.
NEOS fordern Tanner auf, die Ernennung zurückzunehmen
Die NEOS fordern Tanner auf, die Ernennung zurückzunehmen und "ein ordentliches Bestellungsverfahren" durchzuführen. "Die ÖVP steckt weiterhin bis zum Hals im Korruptionssumpf", meinte Douglas Hoyos, NEOS-Sprecher für Landesverteidigung, in einer Aussendung. Durch die Personalentscheidung beschädige die Partei die Reputation des ISS und des Bundesheers im Allgemeinen und setze die Sicherheit des Landes aufs Spiel, "wenn sie - in einer hochriskanten Zeit - jemanden, der für aktuelle Sicherheitsfragen keine erkennbare Qualifikation hat, dort hinsetzt, nur weil sie wieder einmal einen Versorgungsposten für einen der ihren braucht". Hoyos kündigte eine parlamentarische Anfrage zum Thema an.
(APA/Red)