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Kritik am neuen Hauptbahnhof

Der Direktor des Architektur-Zentrums Wien (Az W), Dietmar Steiner, übt Kritik an der geplanten Gestaltung des Wiener Hauptbahnhofs der ÖBB. „Wien hat eine verheerende Sucht nach dem Mittelmaߓ, sagte er.

Wien-Museum-Chef Wolfgang Kos verwies dagegen auf das international übliche „Pathos der Zurückhaltung“.

Steiner prognostizierte dagegen, der ohne Wettbewerb geplante Bau werde zwar vermutlich nicht schlecht, es handle sich aber um nicht mehr als „durchschnittliche Investorenarchitektur“. Dass die Bahnhofsgestaltung ohne weiteren Architektenwettbewerb an die Sieger im städtebaulichen Verfahren vergeben wurde, wundert Steiner nicht: „In Wien ist das normal, aber es ist durchaus kritikwürdig.“

Die bei solchen Großprojekten immer beteiligte Wiener Stadtplanung habe wohl gemeinsam mit den ÖBB darauf vertraut, dass es sich bei Albert Wimmer, Ernst Hoffmann und dem Schweizer Theo Hotz um bewährte Architekten handle. Diese Vorgangsweise widerspreche der Architekturdeklaration, die sich die Stadt selbst gegeben habe.

„Ich verstehe nicht, warum man hier nicht nach der besten aller Möglichkeiten sucht“, so der Chef des Architekturzentrums. Bei der Gestaltung gehe es um die Herausforderung, eines der wichtigsten Gebäude Wiens und auch Österreichs für die kommenden Jahrzehnte zu schaffen: „Dafür entspricht es keineswegs.“

Mit dem vorliegenden Entwurf für den Bahnhof – soweit bekannt ein eher zurückhaltendes Gebäude, umgeben von Hochhäusern – wurde aus Steiners Sicht eine Chance verpasst: „Angesichts dieser Bauaufgabe wäre mehr architektonische Absicht durchaus angebracht gewesen.“

Zuversichtlicher als Steiner äußerte sich der Direktor des Wien-Museums, Wolfgang Kos, im APA-Gespräch und verwies auf die Bahnhofsneubauten wie in Linz. Der Museumschef, in dessen Haus derzeit die Ausstellung „Großer Bahnhof“ zum historischen Bahnhofsbau in Wien läuft, betonte, dass er deshalb Vertrauen in die ÖBB habe, dass auch der Hauptbahnhof über eine kostengünstige Nutzarchitektur hinausgehen werde.

Man pflege derzeit weltweit ein „Pathos der Zurückhaltung“ beim Verkehrsbau, der immer sehr international sei und wenig lokale Einflüsse aufweise. Bauten wie der monumentale Berliner Hauptbahnhof seien eher die Ausnahme. Dieser habe sehr viel Wiedervereinigung-Symbolik „aufgepropft“ bekommen, was in Wien eben nicht der Fall sei. Dennoch habe der neuen Bahnhof in seiner Funktion immense Bedeutung: „Den Wienern ist noch nicht bewusst, dass das eine epochale Veränderung ist“, so Kos.

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