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Krisengebeutelte Touristiker fordern Öffnungs-Fahrplan

Den Touristikern wird in der Corona-Krise extrem viel Durchhaltevermögen abverlangt.
Den Touristikern wird in der Corona-Krise extrem viel Durchhaltevermögen abverlangt. ©APA/EXPA/JFK
Lockdowns ohne Ende, Reisewarnungen und strenge Quarantänebestimmungen bremsen die Tourismus-Branche seit Monaten aus. Die Betriebe wollen endlich wieder durchstarten, die Hoffnung ruht dabei auf Corona-Impfungen und Tests.

Seit Ausbruch der Coronakrise vor fast einem Jahr gibt's Urlaub auch in Österreich nur auf Sparflamme - und seit Anfang November bis dato gar nicht mehr. Sämtliche Hotels und Pensionen sind seit Monaten durchgängig behördlich gesperrt, nur Geschäftsreisen sind im Lockdown erlaubt. "In dem Moment, wo Grenzen schließen und es keine Reisefreiheit gibt, gehören wir zu den verletzlichsten Branchen der Welt", sagte Hotelleriesprecherin Susanne Kraus-Winkler im Gespräch mit der APA.

Tourismus in tiefster Krise seit Zweitem Weltkrieg

"Uns ist klar, dass sich im Grunde genommen vieles verändern wird und dass wir nicht mehr so schnell dorthin zurückkommen werden, wo wir waren", so die Obfrau des Fachverbands Hotellerie in der Wirtschaftskammer Österreich mit Blick auf die internationale Vernetztheit der Branche, "die bei den Airlines beginnt und bei den Hotels und Reiseführern endet". "Die Auswirkungen sind dramatisch - alles hängt davon ab, dass es Reisefreiheit und offene Hotels gibt - ohne Hotels geht gar nichts im Tourismus."

Die Gästebetten bleiben seit Mitte März 2020 über weite Strecken leer. Grosso modo fehlen die Urlauber aus dem Ausland, vor allem aus Deutschland. Das kann der Inlandstourismus nicht wettmachen. Internationale Reisewarnungen, strenge Quarantänebestimmungen und entsprechend ausgedünnte Flugverbindungen bremsen die Branche aus.

Überlebenswille ist hoch: "Haben gelernt, megaflexibel zu sein"

"Wir haben gelernt, wirklich megaflexibel zu sein - es kommt eine neue Vorgabe in einer Verordnung und wir erfüllen das in der Sekunde", ortet die Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Michaela Reitterer, einen unbeugsamen Überlebenswillen in der Branche. "Wir haben uns durch alle möglichen Formen der Masken durchgekämpft und sorgen durch Abstandhalten, Plexiglaswände, Hygienemaßnahmen in den Zimmern, weniger Tische in den Restaurants und regelmäßige Personaltestungen für größtmögliche Sicherheit."

In den Hotels selbst habe es bisher keinen einzigen Corona-Cluster gegeben - es habe lediglich Coronafälle gegeben, die "aber sofort separiert" worden seien. "Nur in St. Wolfgang gab es einen Cluster - da haben sich Praktikanten beim Feiern gegenseitig angesteckt", räumte Reitterer ein. Und der sonst auch von ausländischen Touristen so gerne besuchte Skiort Ischgl hat sich gleich zu Beginn der Krise als Corona-Hotspot international einen unliebsamen Namen gemacht.

Stadthotellerie-Geschäft wegen Corona quasi erloschen

Die Corona-Pandemie hat den Beherbergungsbetrieben 2020 jedenfalls einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Zahl der Urlauber in den Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen halbierte sich gegenüber dem Jahr davor nahezu auf 25 Millionen, wie vorläufige Daten der Statistik Austria vor Augen führen. Der Tourismus fiel um Jahrzehnte zurück: Die Zahl der gebuchten Übernachtungen sackte erstmals seit etwa 50 Jahren unter die 100-Millionen-Grenze. Gegenüber 2019 brachen die Buchungen um mehr als ein Drittel (35,9 Prozent) von 152,7 Millionen auf nur noch 97,9 Millionen Nächtigungen ein. Vor allem das Stadthotellerie-Geschäft, das zu Normalzeiten hauptsächlich von ausländischen Touristen lebt, ist quasi erloschen.

Ohne staatliche Unterstützungsmaßnahmen als Überbrückung wäre für zahlreiche Betriebe das Licht längst endgültig ausgegangen. Die Hilfen, die letztlich von den Steuerzahlern geschultert werden müssen, reichen von Steuerminderungen (nur noch 5 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen, Getränke, Zimmervermietung, Kulturveranstaltungen, etc. bis Ende 2021), Steuerstundungen (Aufschub der Körperschaft- und der Einkommenssteuer), Umsatzersatz (bis zu 80 Prozent im November, 50 Prozent im Dezember 2020) bzw. Verlustersatz (bis zu 70 Prozent ab Jänner 2021) über Fixkostenzuschuss bis hin zur Kurzarbeit, die dieser Tage vorerst bis Ende Juni um weitere drei Monate verlängert wurde. "Man muss so was langsam ausklingen lassen - in der Stadthotellerie wird das am längsten dauern", hielt ÖHV-Sprecher Martin Stanits fest. "Das mit den Unterstützungen kann nicht abrupt aufhören, außer man will die Arbeitslosigkeit in die Höhe katapultieren."

Zahlreiche Betriebe trotz Hilfen in finanziell bedrängter Lage

Es gibt die Regierungsgelder, was in der Branche sehr goutiert wird, doch fließen die Zahlungen oftmals noch zu langsam, lautet die Kritik. "Wir haben seit vier Monaten kein Einkommen und die Mitarbeiter haben nach einem Jahr Pandemie fünf Wochen Urlaub aufgebaut", so die ÖHV-Chefin, die selbst ein Hotel in Wien führt. "Bei den Betrieben, wo es eindeutig war, hat bei den Hilfen alles funktioniert - bei den anderen geht es nun wirklich ums Eingemachte", verdeutlichte Reitterer die finanziell bedrängte Lage. "Wir haben Februar und viele haben das Geld vom November noch nicht." Sie selbst habe erst vor einer Woche das Geld vom Oktober bekommen, und diesen Montag das Geld vom November.

Einen Hoffnungsschimmer auf eine Verbesserung der tristen Situation im Tourismus geben die allmählich verfügbaren Corona-Impfungen und die in der Bevölkerung zunehmende Akzeptanz von Covid-19-Tests. Damit könnte der Branche wieder frisches Leben eingehaucht werden. Neidvoll blicken die Hoteliers auf die körpernahen Dienstleister, die mittlerweile wieder Kunden empfangen dürfen. "Jetzt soll mir jemand erklären, warum es bei uns nicht so 'safe' ist, wie beim Friseur, bei der Fußpflege oder bei der Massage", sagte Reitterer und hofft, dass auch die Hoteltüren bald wieder aufgehen. "Wir müssen mehr testen, rascher testen, rasch impfen - um das Leben nebeneinander zu ermöglichen", ergänzte Stanits. "Es hat sehr lange gedauert, bis die ersten Coronatests am Markt waren", kritisierte Kraus-Winkler.

Hotelliers fordern klaren Fahrplan für Öffnung

Den Touristikern wird extrem viel Durchhaltevermögen abverlangt. Die Wintersaison 2020/21 hat bis jetzt, Mitte Februar, de facto noch nicht einmal begonnen. Starttermin gibt es noch immer keinen, vielleicht zu Ostern. Die Regierung will die Infektionslage in eineinhalb Wochen erneut evaluieren. "Die Hotels wollen endlich einen klaren Fahrplan in Richtung Öffnung, damit sie ihren Mitarbeitern eine Perspektive geben können", betonte die ÖHV-Präsidentin.

(APA/Red)

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