Kris Kristofferson pur in Wien

Die großen Stücke aus seinem Liederbuch hat der US-Barde zu seiner Solo-Show am Freitag in die Wiener Stadthalle F tatsächlich mitgebracht. Statt Perfektion gab es Intensität.

Kris Kristofferson könnte natürlich mit einer großen Band ein Country-Folk-Rock-Spektakel abziehen. Die Hits dazu hat er ja: “Me And Bobby McGee”, “Jody The Kid”, “Help Me Make It Through The Night” oder “Please Don’t Tell Me How This Story Ends” zum Beispiel. Stattdessen liefert er sich auf der Bühne schutzlos aus, so als müsste er eine Audition für einen Plattenvertrag spielen, wissend, dass sein Gitarrenspiel eher Mittelmaß ist, aber auch wissend, dass seine Persönlichkeit sowieso alles überstrahlt.

So schlicht wie die Performance auch die Bühne: Ein Mikro, zwei Boxen, ein Notenständer, Ablage für eine Trinkflasche und ein oft gebrauchtes Stofftaschentuch, und eine zweite Gitarre als “Backup” reichen dem Mann in Schwarz mit den grauen Haaren, dem Vollbart und dem ikonenhaften Gesicht. Ruhig geht es dahin, manchmal driftet der eine oder andere Text beim Thema Liebe in Kitsch ab. Wenn es um Missstände geht, ist Kristofferson weiterhin Kämpfer: “Sandinista”, seine Ode an die sandinistischen Rebellen in Nicaragua, bringt er spontan auf Zuruf, um dann anzufügen: “McCain ist ein dummer Arsch.” Der Irakkrieg wird verdammt, Obama als Präsident gewünscht.

“The Silver Tongued Devil And I” entpuppt sich als ein Highlight. Unterhaltsam sind witzige Anmerkungen und kurze Anekdoten. Neues Material vom gelungenen Album “This Old Road” (2006) macht Kristofferson zwischendurch schmackhaft. Mit der Säuferballade “Sunday Morning Coming Down” ist der Sänger und Schauspieler dann beim ultimativen Höhepunkt angekommen. Es war keine Denkmalpflege, sondern durch und durch unverklärt, was Kris Kristofferson an diesem Abend zu bieten hatte.