Krank durch Instagram & Co.?

Von Anja Förtsch/WANN & WO
Um 5 Uhr morgens klingelt der Wecker. Die junge Frau läuft durch ihre stilvoll eingerichtete Wohnung, trinkt einen halben Liter Zitronen-Wasser, macht Yoga, isst ein kleines Schälchen Joghurt mit aufwendig drapiertem Obst und liest ein Buch. „That Girl“ nennt sich diese Kategorie, unter der junge Frauen ihren scheinbar perfekten Morgen filmen und auf Instagram, TikTok und YouTube stellen. Falsch ist an den morgendlichen Aktivitäten nichts – außer, dass sie wohl kaum jemand dauerhaft im Alltag umsetzen kann. „Im Verein Amazone machen wir die Erfahrung, dass Medien großen Druck auf Mädchen und junge Frauen ausüben – obwohl ihnen oft bewusst ist, dass transportierte Bilder nicht der Realität entsprechen“, sagt Sozialpädagogin Katharina Buhri. Im Projekt „body rEVOLution!“ merke sie, dass auch Erwachsene ihre Probleme damit hätten.

Vermehrte Hilferufe
Das bestätigt Susanne Fritz-Balint. Sie leitet die Suchtfachstelle der Caritas im Unterland mit der Kontaktstelle Esssstörungen. Dort wurden 2021 insgesamt 116 KlientInnen begleitet. 58 waren unter 30 Jahre alt. „Nach einem Jahr Corona-Pandemie kam es zu einer massiven Steigerung an Neuanfragen“, sagt Fritz-Balint. „Insbesondere jüngere Mädchen und Frauen geben an, ihr selbstgefasstes Ziel und Körperideal auf Social-Media-Kanälen zu finden.“ Eine Essstörung auslösen würde das aber noch nicht. „Es kann jedoch ein bereits vorliegendes Problem – ein gestörtes Essverhalten – begünstigen.“ Die Lösung heißt für sie Medienkompetenz der NutzerInnen. Und: „Ich finde es wichtig, dass besonders erwachsene ‚Idole‘ sich ihrer Verantwortung bewusst werden, dass alles, was sie posten, auch eine Wirkung hat.“
"Nur Ausschnitte"

„Mir wird immer wieder bewusst, wie groß mein Einfluss ist, wenn sich etwa FollowerInnen wegen mir ein Tattoo stechen lassen. Ich habe aufgehört, mir zu große Gedanken zu machen, was ich poste, ich will authentisch und spontan sein. Ich musste selbst lange lernen, dass all das, was ich sehe, nur Ausschnitte sind.“ Susanna Wurz, @susannawurz
"Kann gefährlich sein"

©Marc Seitz
„Ich bearbeite nur im Bezug auf die Bildsprache, Tonalität und Farben. Ich sehe es kritisch, wenn InfluencerInnen ihre komplette Statur, die Figur und das Gesicht bearbeiten und verändern – was leider oft gemacht wird. Gerade für junge Leute, die noch nicht differenzieren können, was echt ist und was nicht, kann das äußerst gefährlich im Bezug auf das eigene Körperbild und die Körperwahrnehmung sein.“ Theresa Pfanner, @stylemocca
Umfrage: Setzen dich die scheinbar perfekten Instagram-Bilder unter Druck?
Ich habe alle Accounts ausgeschlossen, die mir ein ungutes Gefühl gegeben haben. Ich sehe nicht ein, warum ich mich mit der ganzen Welt vergleichen sollte. Kritisch finde ich auch die vielen Filter, die immer realistischer Makel korrigieren. Helena, 20

Immer mehr versuchen so ein „perfektes Insta-Leben“ zu haben und so makellos auszusehen. Sie leiden unter dem Druck, den Ansprüchen gerecht zu werden. Ich finde, man sollte Bilder nicht bearbeiten und sich so zeigen, wie man ist. Anja, 16

Unter #thatgirl präsentieren InfluencerInnen ihre auf Selbstoptimierung ausgerichtete Tagesroutine. Auch wenn ich weiß, dass Insta nicht der Realität entspricht, erzeugen diese Bilder psychischen und physischen Druck, diesem Idealbild zu entsprechen. Franziska, 26

Ich finde die ganze Fakewelt nicht so toll. Sie bewirkt, dass sich Menschen in ihrem eigenen Körper nicht mehr wohlfühlen. In Sozialen Medien schaut alles super aus, jedoch haben wir alle Hautunreinheiten und Körperbehaarung, niemand ist perfekt. Moon, 13

Infos - Anlaufstellen und Kontakt
Hast du ein Problem mit deinem Körperbild, fühlst du dich unter Druck gesetzt oder ist bereits dein Essverhalten gestört? Bei den ExpertInnen zum Thema Essstörungen der Caritas Vorarlberg findest du Hilfe: essstoerung@caritas.at.
Wenn du jemanden zum Reden oder eine sichere, triggerfreie Umgebung suchst, findest du beim Verein Amazone in Bregenz Hilfe: www.amazone.or.at. Alle Angebote sind kostenlos.
(WANN & WO)