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Kosovo feierte ein Jahr Unabhängigkeit

Zehntausende Kosovo-Albaner haben am Dienstag den ersten Jahrestag der Unabhängigkeit des Kosovo gefeiert. Konzerte, Festivals und Märsche prägten diesen Tag. Weitere News: Belgrad lehnt Kosovo-Anerkennung immer noch ab

Begonnen hatten die Feierlichkeiten, die sich die Regierung in Pristina (Prishtina) 150.000 Euro kosten lässt, am Vormittag mit einer Parlamentssitzung in der Hauptstadt, an der die kosovarische Staats-und Regierungsspitze teilnahm. Gegen Mittag fanden landesweit Märsche unter dem Motto “Gang in die Unabhängigkeit” statt. Ausklingen sollte der Tag unter anderem mit einem Philharmonie-Konzert, einem Rockfestival und abendlichen Feuerwerken.

Angesichts erwarteter Proteste im serbisch dominierten Nordkosovo, wo Abgeordnete der nationalistischen serbischen Opposition mit dem kosovo-serbischen Parallelparlament zusammenkamen, um die Gebietseinheit mit Serbien zu beschwören, erhöhte die Polizei am Dienstag die Sicherheitsvorkehrungen. Mit Zwischenfällen rechnete die Kosovo-Polizei laut Sprecher Arben Beka aber nicht. Von einer nationalistischen Protestkundgebung gegen die Kosovo-Unabhängigkeit wurde zunächst nur aus Novi Sad, der Hauptstadt der serbischen autonomen Provinz Vojvodina, berichtet.

“Hier liegen die Wurzeln der Freiheit”, erklärte Parlamentspräsident Jakup Krasniqi am Dienstag am Grab des Gründers der albanischen “Befreiungsarmee des Kosovo” (UCK), Adem Jashari, südwestlich der Hauptstadt. Thaci sowie zahlreiche andere kosovarische Spitzenpolitiker stammen aus den Reihen der UCK.

Die Kluft zwischen Belgrad und Pristina ist auch ein Jahr nach der Unabhängigkeitserklärung unvermindert tief. Der kosovarische Präsident Fatmir Sejdiu sagte im Parlament, “Gedanken von Konflikt und Hass” beherrschten weiterhin die Köpfe in Serbien. Premier Hashim Thaci sprach von einem “historischen Erfolg” des Kosovo. Zehn serbische Abgeordnete, die schon im Vorjahr die Unabhängigkeitsausrufung im Parlament boykottiert hatten, blieben auch der Sitzung am Jahrestag fern.

In der ethnisch geteilten Stadt Mitrovica im Nordkosovo versammelten sich unterdessen das kosovo-serbische Parallelparlament und nationalistische Parlamentarier aus Serbien. Im Beisein des serbischen Kosovo-Ministers Goran Bogdanovic fand in Zvecan, einer serbischen Gemeinde im Nordkosovo zudem eine Sitzung des serbischen Kosovo-Ausschusses statt. Man wolle der Welt zeigen, dass der Kosovo ein Bestandteil Serbiens sei, sagte ein führender serbischer Politiker in Mitrovica, Marko Jaksic.

Thaci warf Belgrad eine “Doppelpolitik” vor: Zum einen betreibe es eine pro-westliche Politik im Hinblick auf EU und NATO, zum anderen eine Kosovo-Politik, die sich nicht von der Politik des ehemaligen jugoslawischen Staatschefs Slobodan Milosevic unterscheide, wie Thaci zur kosovarischen Tageszeitung “Koha Ditore” (Dienstag) sagte. Er forderte Belgrad neuerlich auf, die Unabhängigkeit der früheren serbischen Provinz anzuerkennen. Was Gespräche mit Belgrad betrifft, sagte er: “Wir sind da, sollte es etwas im Interesse beider Staaten und Völker und im Einklang mit dem Vorschlag des UNO-Vermittlers Martti Ahtisaari geben.”

Ahtisaari unterbreitete seinen Vorschlag einer international “überwachten Unabhängigkeit”, nachdem sich Belgrad und Pristina bei den Wiener Verhandlungen nicht auf den Status der früheren serbischen Provinz einigen konnten. Serbien lehnte diesen ab, während die kosovo-albanische Führung sich daran machte, den Plan umzusetzen. Am 17. Februar 2008 wurde die Unabhängigkeit ausgerufen, die bis dato 54 Staaten anerkannt haben, darunter die USA und 22 EU-Staaten.

Serbiens Präsident Boris Tadic schloss eine Anerkennung indes neuerlich kategorisch aus. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters sagte er am Dienstag, Serbien werde nichts unternehmen, aus dem sich ein solcher Schritt ableiten lasse. Er verwies auf ein von Serbien angestrengtes Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag. “Der einzige Weg zu Gesprächen über den künftigen Status des Kosovo und einen Kompromiss führt über die Entscheidung des Gerichts”, sagte Tadic. Der IGH soll darüber befinden, ob die einseitige Sezession der früheren serbischen Provinz rechtmäßig war oder nicht. Mit einer – nicht bindenden – Entscheidung ist jedoch erst in etwa zwei Jahren zu rechnen.

Auch Kritik an der kosovarischen Regierung blieb nicht aus. Tadic bemängelte die geringe Zahl serbischer Rückkehrer in den Kosovo. Der kosovarische Oppositionschef Ramush Haradinaj (Allianz für die Zukunft, AAK) kritisierte laut Kosovapress, dass der Staat nicht für die Gebietseinheit des Kosovo sorge. Über die Entwicklung in dem jungen Land sagte Gerhard Knaus vom Think Tank “European Stability Initiative” (ESI) gegenüber dem in Lyon ansässigen “EUObserver”, es sei “bemerkenswert, wie wenig sich verändert hat”.

Der Kosovo gehört nach wie vor zu den ärmsten Ländern Europas. Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 40 Prozent. Die internationale Präsenz – allen voran die UNO-Übergangsverwaltung (UNMIK), die EU-Rechtsstaatsmission EULEX und die NATO-Schutztruppe KFOR – ist nach wie vor groß. Der Botschafter des Kosovo in Brüssel, Ilir Dugolli, ist im Gespräch mit dem in Lyon ansässigen “EUObserver” dennoch von den Erfolgen des jungen Staates überzeugt. “Wir müssen nur mehr als ein Jahr zurückgehen und an all die Warnungen denken, die vor der Deklaration der Unabhängigkeit kamen”, sagte Dugolli und unterstrich, dass nichts davon eingetreten sei.

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