AA

Klimawandel lässt heimische Gletscher rapide schmelzen

Der Klimawandel frisst Tirols Gletscher rapide weg.
Der Klimawandel frisst Tirols Gletscher rapide weg. ©APA/ÖAW/MARTIN STOCKER-WALDHUBER
Eine Studie von Innsbrucker und britischen Forschern zeigt, dass selbst bei einer Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad Celsius, nur ein kleiner Teil der Gletscher in den Ötztaler- und Stubaier Alpen übrig bleiben würde. Die Prognosen deuten jedoch eher auf einen Anstieg um 2,7 Grad bis 2100 hin, was auch für den Rest des Landes gilt.
Kräftigerer Starkregen durch Klimawandel
Zahlreiche Events zum "Gletscherschutz-Jahr"

Nach neuen Berechnungen im Fachjournal "The Cryosphere" werden im Jahr 210 in den Ötztaler- und Stubaier Alpen nur noch etwa drei Prozent der Gletschermasse von 2017 übrig sein, falls die Durchschnittstemperaturen dann nur 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies eintritt, wird derzeit jedoch als extrem gering eingeschätzt. Das Jahr 2024 war das erste, das weltweit im Durchschnitt über 1,5 Grad wärmer als das vorindustrielle Niveau war. Experten erwarten, dass sich solche Jahre künftig häufen werden.

Fenster zum Gletscher-Erhalt schließt sich sehr schnell

Der aktuelle Emissionspfad weist eher auf ein Durchschnitts-Plus in Richtung drei Grad Celsius hin. Dazu kommt, dass die Erderhitzung über Land tendenziell stärker ausfällt und die Zunahmen im Alpenraum schon heute deutlicher durchschlagen als in anderen Weltregionen. "Das 1,5-Grad-Ziel - und damit die Chance, einen kleinen Teil der regionalen Gletschermasse zu erhalten - ist zwar noch erreichbar, aber das Zeitfenster schließt sich sehr schnell", so der Klimaexperte und Co-Autor der Studie, Fabien Maussion, von den Universitäten Bristol (Großbritannien) und Innsbruck in einer Aussendung.

Blick auf den Gepatschferner (oben: 13. Juli 2017, unten: 11. Juli 2023) ©APA/ÖAW/MARTIN STOCKER-WALDHUBER

In ihrem neuen Berechnungsmodell für die Entwicklung der angezählten Gletscher fokussierten die Wissenschafterinnen und Wissenschafter von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und den Unis Innsbruck, Graz und Bristol nun auf die Tiroler - und hier speziell auf das Stubaier und Ötztaler Alpen. Bei der Messung des Gletschereises und seiner Ausdehnung hat das Gebiet eine lange Tradition, wie die Forscher in ihrer Arbeit festhalten. Mit dem Hintereisferner, dem Kesselwandferner und dem Vernagtferner liegen hier drei Gletscher, von denen Daten im World Glacier Monitoring Service (WGMS) berücksichtigt werden. Die höchste Erhebung in der an Südtirol grenzenden Region ist die Wildspitze mit ihrem Gipfel in 3.768 Metern Höhe.

Heimische Gletscher in Tirol schrumpften von 2006 bis 2017 um 20 Prozent

Die Aufzeichnungen sprechen eine deutliche Sprache: Zwischen 2006 und 2017 gingen demnach in der Region ungefähr 19 Prozent der Gletscherfläche verloren. Beim Eisvolumen kam mit einem Minus von rund 23 Prozent ein noch größerer Anteil abhanden, schreibt das Team. Fünf kleine Gletscher verschwanden in dem Zeitraum komplett. Und diese Entwicklung geht munter weiter. Überdies ließen sich die Erkenntnisse auch auf weite Teile Rest-Österreichs umlegen, zeigen sich die Beteiligten überzeugt. Klar sei, dass es vor allem für kleinere Eiskörper in den Ostalpen absehbar eng wird: "Von den österreichischen Gletschern wird bis zum Ende des Jahrhunderts nicht mehr viel übrig sein. Wir haben viele kleine Gletscher, die aktuell stark schrumpfen und die schon in wenigen Jahren verschwinden werden", so Lea Hartl vom Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der ÖAW. Bei einem echten Umschwung in der Klimapolitik in Richtung Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles ist zumindest für die einst größeren Gletscher in hohen Lagen vielleicht noch nicht aller Tage Abend. Ob man die hypothetischen Reste allerdings noch unter dem Terminus "Gletscher" einordnen kann, sei zweifelhaft. Momentan sehe man ihnen wirklich "beim Verschwinden zu", wird Hartl zitiert. Was dann bleibt, bezeichne man als "Toteis" - sprich "Eisreste, die keine Fließbewegung und kein Nährgebiet mehr haben".

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Österreich
  • Klimawandel lässt heimische Gletscher rapide schmelzen
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen