AA

Klammer - Chasing the Line: Kritik und Trailer zum Film

Wer damals, nämlich 1976, schon aus den Windeln draußen war, erinnert sich, als ob es gestern gewesen wäre: Franz Klammer hält der Favoritenrolle und dem Erwartungsdruck stand und gewinnt beim Abfahrtslauf der Olympischen Winterspiele in Innsbruck die Goldmedaille. 45 Jahre später gibt es nun den Film dazu. Das Drehbuch fokussiert auf die wenigen Tage vor dem Rennen und den Ritt über den Patscherkofel selbst.

Wer damals, nämlich 1976, schon aus den Windeln draußen war, erinnert sich, als ob es gestern gewesen wäre: Franz Klammer hält der Favoritenrolle und dem Erwartungsdruck stand und gewinnt beim Abfahrtslauf der Olympischen Winterspiele in Innsbruck die Goldmedaille. Ein Sieg mit Ansage, der von der ganzen Nation mit bebender Spannung vor den Fernsehgeräten verfolgt wurde. 45 Jahre später gibt es nun den Film dazu: "Klammer - Chasing the Line" kommt am 28. Oktober in die Kinos.

Klammer - Chasing the Line: Kurzinhalt zum Film

Es ist kein Biopic, sondern ein Heldenepos, das der Steirer Andreas Schmied ("Die Werkstürmer", "Harri Pinter, Drecksau", "Love Machine", "Hals über Kopf") inszenierte. Das - von Schmied und seiner Frau Elisabeth geschriebene - Drehbuch fokussiert auf die wenigen Tage vor dem Rennen und den Ritt über den Patscherkofel selbst. Dort versucht der Held im Training tagelang vergeblich, die im Titel angesprochene Ideallinie zu finden und muss zudem seinen härtesten Widersacher austricksen. Der ist aber nicht etwa der Schweizer Bernhard Russi, der seinen Olympiasieg von 1972 wiederholen möchte, sondern sein Skifabrikant. Und tatsächlich lebt dieser Film von der intensiven Darstellung der beiden Duellanten: Der 25-jährige Kärntner Julian Waldner spielt den Naturburschen Franz Klammer, der kein Held sein, sondern eigentlich bloß skifahren möchte, der 53-jährige Wiener Burgschauspieler Robert Reinagl verkörpert den Skifabrikanten Kommerzialrat Josef "Pepi" Fischer.

Klammer - Chasing the Line: Die Kritik

Längere Zeit ist man sich bei diesem knallig daherkommenden Film, der beim 17. Zurich Film Festival seine Weltpremiere feierte, nicht sicher: Meinen die das ernst? Schmied trägt derartig dick auf und legt einen so fetten Sound über aufgeregte Bilder, als ginge es um die Weltherrschaft - und nicht bloß um ein kaum zweiminütiges Skirennen. Der Abschied des Kärntner Bergbauernbuben - der zum Zeitpunkt seines Olympiasiegs tatsächlich erst 22 Jahre alt war - von den Eltern könnte auch aus einer "Heidi"-Verfilmung stammen, die Zustände im Olympischen Dorf, wo seine auch dem Nikotin- und Alkoholkonsum nicht abgeneigten Teamkollegen bei den "Weiberleut'" nichts anbrennen lassen, wirken wie eine Mischung aus Skikurs und "La Boum - Die Fete". Doch auch die eingebaute Love Story mit der in Wien studierenden Eva (Valerie Huber) unterstreicht: "Klammer - Chasing the Line" ist in jeder Sekunde familientauglich und richtet sich ans breite Publikum.

Auch wenn Andreas Schmied in diesem 5,5 Millionen-Euro-Film die Ideallinie der Arthouse-Fans sichtlich nicht interessiert, bietet er doch Aspekte, die ihn sehenswert machen. Der Trumpf dieses Skifahrer-Epos sind nicht etwa spektakuläre Action-Szenen von halsbrecherischen Abfahrten (die von Gerald Salmina gar nicht so aufregend ins Bild gerückt werden, da mag Doris Drexl als Mutter Klammer noch so um ihren Buben zittern), und auch nicht die Kameraführung von Xiaosu Han und Andreas Thalhammer, sondern die Ausstattung: Rudolf Czettel und Theresa Ebner-Lazek (Kostüm) tauchen genussvoll ein in die 70er-Jahre und lassen den Film mit passender Mode und jeder Menge Oldtimer zum Nostalgie-Trip werden, der mehr als einmal schmunzeln lässt.

Dieses Schmunzeln lässt auch die Mundwinkeln von Waldner und Reinagl immer wieder zucken. Denn so hundertprozentig scheinen sie ihre holzschnittartigen Figuren nicht ernst zu nehmen. Deswegen schafft es der Klammer-Darsteller, den verliebten Naturburschen in der Formkrise ganz grundsympathisch darzustellen, ohne ihn als naiven Dummkopf zu desavouieren, deswegen bekommt der Kommerzialrat, der seinem besten Werbeträger in letzter Minute den neu entwickelten Lochski aufzwingen will, zwar eine starke dämonische Note, bleibt aber dennoch stets dem Irdischen verbunden: ein Kapitalist, der seiner Goldhoffnung am Vorabend der Olympiaabfahrt in der Luxusvilla den unterschriebenen Vertrag unter die Nase hält. Das von der Firma zur Verfügung gestellte Material ist widerspruchslos zu verwenden. Aus. Basta.

Auch Valerie Huber macht als Klammers Freundin keine schlechte Figur. Dass der "Abfahrtskaiser" seine Form, seine Lockerheit und seinen Kampfgeist wenige Stunden vor dem großen Ereignis ausgerechnet in einer Liebesnacht mit der besorgt aus Wien angereisten Eva wiederfindet, dürfte den Schmieds keinen Drehbuchpreis eintragen. Dass er am 5. Februar 1976 jedoch sowohl den offizielle Goldanzug des österreichischen Skiteams wie auch den Lochski seines Herstellers verweigerte und mit Startnummer 15 auf einer immer ruppigeren Piste eine im Training noch nie ausprobierte Linie wählte und auf ihr vor 60.000 Zuschauern zum Sieg sauste, ist in den Geschichtsbüchern verzeichnet. In diesen Momenten passen die Emotionen, mit denen "Klammer - Chasing the Line" spielt, und die eigene Erinnerung erstaunlich gut zusammen. Bei der Heimkehr als Olympiasieger steigt die heute 67-jährige Sportlegende plötzlich selbst aus dem Auto. Ein berührender Zieleinlauf für einen Film, der vielleicht nicht viele Preise, wohl aber viele Zuschauer bekommen dürfte.

Alle Spielzeiten auf einen Blick

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Kinostarts
  • Klammer - Chasing the Line: Kritik und Trailer zum Film
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen