FPÖ-Chef Herbert Kickl muss sich nicht nur zuversichtlich geben, früher oder später doch noch Kanzler zu werden, nachdem er sich heuer im Frühjahr selbst um eine Chance gebracht hat; es ist wirklich so: Er kann davon ausgehen, dass ihm die ÖVP letzten Endes dazu verhelfen wird.
Die Österreichische Volkspartei ist seit Jahren bemüht, freiheitliche Politik zu kopieren. Unter Sebastian Kurz war sie vorübergehend sogar sehr erfolgreich damit. Aber eben nur vorübergehend, weil Kurz über sich selbst gestolpert ist und seine Nachfolger an sich selbst scheitern.
Zum Beispiel Claudia Plakolm, die - wie einst Kurz - in der Regierung für Integration zuständig ist und im Sinne der ÖVP ebenfalls nach rechts ausstrahlen soll: Ihr ist es besonders wichtig, dass ein Kopftuchverbot für Mädchen bis zur achten Schulstufte eingeführt wird. Offiziell soll es darum gehen, diese Mädchen zu schützen. Das wäre ein guter Ansatz. Parteipolitisch soll es vor allem aber ein Signal gegen den Islam sein, was bedeuten würde, dass es durch den Verfassungsgerichtshof - wie schon vor fünf Jahren – aufgehoben wird.
Plakolm glaubt jedoch, eine Lösung für das Problem zu haben: Sie will das Kopftuchverbot als Verfassungsbestimmung fixieren. Und zwar in der Hoffnung, dass der Verfassungsgerichtshof dann nicht mehr dagegen vorgehen könnte. Dazu nötig wäre allerdings die Unterstützung von Grünen oder Freiheitlichen. Sie müssten auf parlamentarischer Ebene zustimmen.
De facto lädt Plakolm Herbert Kickl und Co. damit ein, mitzuregieren. Grund: Grüne lassen sich nicht einspannen für das, was sie will. Und Kickl und seinesgleichen sind grundsätzlich für ein Kopftuchverbot. Genauer: Nicht nur für ein Kopftuchverbot bis zur achten Schulstufe, sondern auch darüber hinaus. Und überhaupt: Sie sind gegen „illegale Masseneinwanderung unter dem Asyl-Deckmantel“ und für „Remigration“.
Soll heißen: Indem Plakolm ein Kopftuchverbot will, das hält und eben nicht vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden kann; indem sie zu verstehen gibt, dass die Regierung dafür die Hilfe der Freiheitlichen brauche, bringt sie zum Ausdruck, dass ohne diese – aus ihrer Sicht – Entscheidendes nicht gehe. Eine Bankrotterklärung.
Genug? Nein: Plakolm ermöglicht es Kickl, sich die Zustimmung zu einem Kopftuchverbot teuer abkaufen zu lassen. Natürlich ist er im Prinzip ohnehin dafür. Wie erwähnt will er unter anderem jedoch ein viel weiterreichendes Verbot. Dagegen wird sie schwer etwas einzuwenden haben können – im Unterschied zu Sozialdemokraten und Neos, die als Koalitionspartner der ÖVP merken, was läuft: Plakolm ist dabei, Kickl das Heft zu übergeben.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analyse und Hintergründe zur Politik
 
                 
                 
                 
                 
                 
    