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Kerns Schicksalswahl

SPÖ-Chef Christian Kern.
SPÖ-Chef Christian Kern. ©APA/Helmut Fohringer
Gastkommentar von Johannes Huber. Bei der Häupl-Nachfolge geht es nicht nur um den Wiener Bürgermeister und SPÖ-Vorsitzenden. Sondern die gesamte Sozialdemokratie.

Nicht wenige Sozialdemokraten meinen, dass sich Christian Kern um die Nachfolge von Michael Häupl bemühen müsste. Begründung: Wenn er Wiener Bürgermeister und SPÖ-Vorsitzender wird, dann kann er wesentlich mehr ausrichten als als einfacher Oppositionschef, der er künftig im Nationalrat zu sein droht. Vor allem aber könnte er damit nicht nur eine Parteispaltung verhindern, sondern auch sich selbst retten.

Da ist sehr viel dran: Monatelang bemühte sich Michael Ludwig als einziger Kandidat um die Häupl-Nachfolge. Eine sichere Mehrheit hat er jedoch bis zuletzt nicht zusammengebracht. Zu viele Genossen haben sich gegen ihn gestellt, zu viele Bezirksorganisationen haben zumindest keine Unterstützung zugesagt. Was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass er all die Befürchtungen nicht zerstreuen konnte, dass es unter ihm nach rechts gehen würde; beziehungsweise nach burgenländischem Vorbild Richtung Rot-Blau.

Linken Genossen wäre das ein Grund, die Partei zu verlassen. Also haben sie gekämpft und zuletzt mit Andreas Schieder einen Gegenkandidaten gefunden. Dieser steht zwar eher in der politischen Mitte. Aber das ist ihnen egal. Motto: Alles besser als Ludwig.

Ob sich Schieder letzten Endes durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. In Sinne von Christian Kern wäre es jedenfalls. Gewinnt Ludwig die entscheidende Abstimmung am 27. Jänner, kann er seinen „Plan A“ einpacken und sich wohl auch selbst aus der Politik verabschieden. Der Floridsdorfer verkörpert nämlich das Gegenteil davon, was er will und auch schon erreicht hat.

Unter Kern hat sich die SPÖ in eine eher urbane Akademikerpartei gewandelt: Bei der Nationalratswahl hat sie am 15. Oktober am Land verloren und in den Ballungsräumen zum Teil erheblich zugelegt. Von den Arbeitern, die es noch gibt, hat sie wiederum kaum noch welche ansprechen können; dafür ist sie bei Menschen mit einem Uni-Abschluss eine größere Nummer geworden.

Jetzt kann man einwenden, dass vielleicht genau das der Grund dafür war, dass sich die SPÖ unterm Strich mit Platz zwei begnügen musste, also allenfalls einen Schönheitspreis holte. Das Entscheidende ist jedoch, dass Kern die Partei damit schon ein Stück weit in eine neue Richtung getrieben hat. Und dass er das nur weitermachen kann, wenn Wien, die mit Abstand größte und wichtigste Landesorganisation, mitspielt. Was mit Schieder, der als Klubobmann im Hohen Haus schon bisher sein Vertrauter ist, jedenfalls möglich wäre. Nicht aber mit Michael Ludwig.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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