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Kerns größte Schwäche: Häupl

Gastkommentar von Johannes Huber zu Kern größter Schwäche
Gastkommentar von Johannes Huber zu Kern größter Schwäche ©APA
Gastkommentar von Johannes Huber. Nationalratswahlen sind mit dieser Wiener SPÖ nicht zu gewinnen.

Man kommt nicht umhin, sich Woche für Woche dem Wiener Bürgermeister und SPÖ-Vorsitzenden Michael Häupl zu widmen, wenn man sich mit der österreichischen Politik beschäftigt: Der 67-Jährige spielt eine entscheidende Rolle. Was er tut ist daher genauso relevant wie das, was er unterlässt. Seinen Rücktritt beispielsweise. Immerhin aber soll ihm nun gedämmert sein, dass sich da wirklich eine Revolte gegen ihn anbahnen könnte, wenn er nicht bald eine Erneuerung der Partei ermöglicht. Das ist schon etwas. Vor allem aber Kanzler und Bundesparteichef Christian Kern noch lange nicht genug: Er, der seit Monaten sehr viel daran setzt, die Koalition platzen zu lassen und in vorgezogene Nationalratswahlen zu ziehen, braucht starke Genossen in der Bundeshauptstadt. Sonst kann er sich gleich auf die Oppositionsbank verabschieden.

Die Sache ist nämlich die: Um Kanzler bleiben zu können, muss die SPÖ bei einem Urnengang bundesweit auf 32 oder 33 Prozent kommen. Das wiederum geht nur, wenn sie in Wien mindestens 37 oder 38 Prozent erreicht. Grund: In Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Ober- und Niederösterreich ist für sie nicht mehr viel drinnen; dort liegt sie am Boden. Also muss sie anderswo umso stärker sein, um unterm Strich ein ordentliches Ergebnis zusammenbringen zu können. Und dazu zählt Wien schon allein deswegen, weil hier gut jeder fünfte Wahlberechtigte zu Hause ist. Da ist viel zu holen. Oder eben zu verlieren: Eine Landesparteiorganisation, die seit Monaten mit Grabenkämpfen und zunehmend auch einer Obmanndebatte um Häupl beschäftigt ist, wird keine 30 Prozent schaffen. Das ist viel zu wenig für Kern.

Genau genommen ist das ein schier unlösbares Problem für ihn: Häupl hat von vornherein nicht zu seinen größten Unterstützern gezählt. Wir erinnern uns: Zum Nachfolger Werner Faymanns hatte er vor bald einem Jahr nicht ihn, sondern Ex-ORF-Generalintendant Gerhard Zeiler küren wollen; letzten Endes musste er sich jedoch geschlagen geben und Kern halt widerwillig hinnehmen. Große Unterstützung hätte sich dieser in einem Nationalratswahlkampf also ohnehin nicht erwarten können. Doch jetzt steht’s wie erwähnt noch viel schlimmer; Häupl lähmt die halbe Partei.

Wie es mit der Wiener SPÖ weitergehen wird, ist kaum abzuschätzen. Wenn Häupl so weitermacht, wird man ihn am Ende noch aus dem Rathaus hinaustragen müssen. Der Nachfolger (z.B. Michael Ludwig) oder die Nachfolgerin (z.B. Ulli Sima) wird jedenfalls erst danach anfangen können, die Organisation wieder kampagnenfähig zu machen. Das kann dauern. Und so lange das so ist, ist der Kanzler und Bundesparteivorsitzende gar nicht gut beraten, Neuwahlen auch nur im entferntesten zu riskieren. Im Gegenteil, das ist politischer Selbstmord.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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