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Kern braucht Häupl? Unsinn!

Bundeskanzler Christian Kern (l.) und Bürgermeister Michael Häupl
Bundeskanzler Christian Kern (l.) und Bürgermeister Michael Häupl ©APA/HANS KLAUS TECHT
GASTKOMMENTAR VON JOHANNES HUBER. Der Bundesparteivorsitzende habe ihn gebeten, zu bleiben, so der Wiener Bürgermeister. Das ist kaum zu glauben.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Der Wiener Bürgermeister und SPÖ-Vorsitzende Michael Häupl spielt im Kampf gegen die Genossen, die ihn stürzen wollen, auf Zeit. Und zwar mit Erfolg. Den Parteitag Ende April dürfte er überstehen. Dennoch ist es lohnenswert, sich genauer anzuschauen, mit welcher Begründung er sich behaupten konnte: Der Bundesparteivorsitzende, Kanzler Christian Kern, habe ihn gebeten, ihn im kommenden Nationalratswahlkampf zu unterstützen. Das habe er ihm natürlich zugesagt. Und das müssen wohl oder übel auch seine Widersacher um Wohnbaustadtrat Michael Ludwig zur Kenntnis nehmen. Klingt ja überzeugend. Oder?

Logisch ist die Erklärung nicht. Es ist viel eher so, dass Kern sehr gut auf Häupl verzichten könnte. Immerhin entfernt er sich von diesem immer weiter: Nachdem er entdeckt hat, dass sein Engagement gegen das Freihandelsabkommen CETA und für eine Maschinensteuer dazu geführt hat, dass er als Linker eingestuft wird, als solcher aber keine Wahl gewinnen kann, reißt er das Ruder herum – und leistet Heinz-Christian Strache (FPÖ) rechts außen Gesellschaft.

Das ist genau das, was Häupl nie in den Sinn gekommen wäre. Er hat sich vielmehr als größter Gegner von Strache dargestellt und damit auch stärkere SPÖ-Verluste bei Gemeinderatswahlen verhindert.

Wie sehr sich der Kanzler und der Wiener Bürgermeister da auseinanderentwickelt haben, haben sie gerade erst selbst vorgeführt: Nachdem Kern versucht hatte, die Übernahme von 50 jugendlichen Flüchtlingen durch Österreich im Rahmen eines EU-Programms zu verhindern, wurde er von Häupl mehr als von allen anderen Mitbewerbern bloßgestellt: Die 50 Leute würde er in Ottakring „sofort“ nehmen, ließ er wissen. Er hätte auch sagen können, dass sich Kern nicht lächerlich machen soll. Das wäre auf das gleiche hinausgelaufen.

Doch der Bürgermeister könnte dem Regierungschef noch viel mehr zur Last fallen. Und zwar gerade weil er nicht unverzüglich zurücktritt. Seine Ankündigung, „zeitnah“ nach der Nationalratswahl zu gehen, die frühestens im heurigen und spätestens im nächstjährigen Herbst stattfinden wird, ist genauso verhängnisvoll wie seine Versprechen, sich in die Entscheidung über seine Nachfolge nicht einzumischen. Das ist nichts weniger als eine Ermunterung an seine Genossen, sich an langwierige Grabenkämpfe zu machen, aus denen dann halt irgendwann einmal ein Stärkster als Sieger hervorgeht bzw. Stadt- und Pateiführung übernehmen kann.

Ob Christian Kern das gefallen kann, ist mehr als fraglich. In einem Nationalratswahlkampf kann er so etwas jedenfalls ganz und gar nicht brauchen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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