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Keine Einigung in Irak-Frage

Der deutsche Bundeskanzler Schröder, der französische Präsident Chirac und der britische Premier Blair haben keine gemeinsame Position in der Irak-Frage gefunden.

Man sei „noch nicht ganz auf einer Linie“, sagte Chirac nach dem mehr als zweistündigen Gespräch im Berliner Kanzleramt. Schröder sagte auf der gemeinsamen Pressekonferenz, es habe bei dem Treffen „zweifellos Fortschritte“ gegeben. Dagegen bestand Einigkeit, dass das Wachstum in Europa gestärkt werden solle. London schloss sich laut Schröder der Wachstumsinitiative von Paris und Berlin an.

Schröder: „Wir sind miteinander der Auffassung, dass es die Aufgabe der Staatengemeinschaft ist, dem Irak eine Perspektive in Demokratie und Stabilität zu geben. Natürlich gibt es über die Methode und über die Wege dorthin noch Diskussionsbedarf.“ Es gehe im Irak um eine Stärkung der Rolle der UNO und darum, dass die politische Verantwortung in dem Land möglichst rasch an die Iraker übergehe, sagte Schröder.

Chirac sagte auf der Pressekonferenz: „Unsere Ansichten sind noch nicht ganz konvergent.“ Im Blick auf die technischen Einzelheiten und den Zeitplan, wonach dem Irak die volle Souveränität wieder zurück gegeben werden soll, gebe es noch keine volle Übereinstimmung. Frankreichs Position sei, dass die Vereinten Nationen eine „viel größere Rolle“ im Irak haben müssten. Chirac forderte erneut, „so schnell wie möglich“ – „in einigen Monaten“ – die Souveränität an die Iraker zu übergeben.

Blair äußerte sich zurückhaltender, forderte aber auch eine „Schlüsselrolle“ der UNO im Irak. Er bekräftigte, dass ein „echter Souveränitätstransfer“ an die Iraker auch im britischen Interesse sei. Im Grundsatz gebe es eine einheitliche Auffassung, betonte er:
„Ganz gleich, welche Meinungsverschiedenheiten über den Konflikt an sich bestanden, wir alle wollen, dass der Irak stabil wird. Wir allen wünschen uns zu sehen, dass sich im Irak der Übergang zu einer demokratischen Regierung so rasch wie möglich vollzieht. Wir alle wollen eine Schlüsselrolle für die Vereinten Nationen und wissen, dass es diese geben muss.“ Die Einzelheiten bei den Verhandlungen über eine neue Irak-Resolution müssten aber dem UN-Sicherheitsrat in New York überlassen werden. Er sei „absolut sicher“, dass man eine Lösung finden werde.

Alle drei waren sich einig über die Notwendigkeit von gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungsstrukturen. Schröder, sagte, er stimme mit seinen Gesprächspartnern überein, dass eine solche Initiative wichtig für Europa sei. Nach gemeinsamer Überzeugung werde die NATO dadurch gestärkt. Spekulationen, die das Gegenteil behaupten, bezeichnete Schröder als „absurd“.

Erfreut zeigte sich Schröder außerdem, dass die gemeinsame Wachstumsinitiative nun zu dritt weiterverfolgt werde. Chirac betonte die „Notwendigkeit“ der drei Partner, „zum Wachstum beizutragen“. Schröder und Chirac hatten sich am Donnerstag auf die gemeinsame Wachstumsinitiative geeinigt, die insgesamt zehn Investitionsprojekte in den Bereichen Telekommunikation, Forschung, nachhaltige Entwicklung und Transport vorsieht.

Das Dreier-Gespräch fand wenige Tage vor dem am Mittwoch geplanten halbstündigen Treffen Schröders mit Bush am Rande der UN-Vollversammlung in New York statt. Der Dreiergipfel war außerdem der erste dieser Art seit Oktober 2001, als es um den Kampf gegen den Terrorismus ging. In Ländern wie Spanien oder Italien war die Befürchtung geäußert worden, dass die drei großen EU-Länder sich an ihnen vorbei abstimmen wollten. Diese Besorgnis wiesen Schröder und Chirac aber zurück. Der deutsche Kanzler und der britische Premierminister hoben darüber hinaus hervor, dass Blair nicht als Vertreter der US-Position an dem Treffen teilgenommen habe. Blair war im Irak-Konflikt der engste Verbündete von US-Präsident George W. Bush. Berlin und Paris waren entschiedene Kriegsgegner.

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