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Kein Platz für die Republik

Gastkommentar von Johannes Huber zum Thema Heldeplatz
Gastkommentar von Johannes Huber zum Thema Heldeplatz ©APA
Gastkommentar von Johannes Huber. Der Heldenplatz bleibt der Heldenplatz. Weil man sich daran gewöhnt hat. Und weil das auch kein Politiker wirklich ändern möchte. Das ist beschämend.

Hand aufs Herz: Wissen Sie, warum der Heldenplatz „Heldenplatz“ heißt? Wenn ja: Herzlichen Glückwunsch! Wenn nein: Sie sind damit nicht allein. Der Heldenplatz steht für die vielen Großereignisse, die sich im Lauf der Zeit dort zugetragen haben. Die berühmte Rede von Adolf Hitler am 15. März 1938 vor allem, in der er den „Eintritt“ seiner Heimat in das Deutsche Reich verkündete. Oder vielleicht die Europavesper, die Papst Johannes Paul II. am 10. September 1983 hielt. Oder das Lichtermeer gegen das freiheitliche „Anti-Ausländer-Volksbegehren“ am 23. Jänner 1993. Immer waren Hunderttausende versammelt.

Nicht zu vergessen ist Thomas Bernhards Drama „Heldenplatz“, das an den Anschluss bzw. den späteren Umgang damit anknüpfte. Auch dieses Werk hat unfreiwilligerweise dazu beigetragen, dass die Namensgeschichte irgendwie vernebelt wurde. Dass man meinen könnte, die Bezeichnung stamme gar aus dem Dritten Reich. Das ist jedoch falsch: In Wirklichkeit hat der Gemeinderat im Oktober 1865 den Kaiser gebeten, den Platz „Heldenplatz“ benennen zu dürfen; und zwar anlässlich der bevorstehenden Enthüllung des Prinz-Eugen-Denkmals, wie Wien-Geschichte-Wiki zu entnehmen ist.

Dass zwar kaum noch jemand weiß, warum der mit Abstand wichtigste Ort des Landes so heißt, die Bezeichnung aber zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, sagt sehr viel aus über Österreich: Das Habsburgerreich ist kollabiert, also ist halt die Erste Republik entstanden. Das „Tausendjährige Reich“ währte zu lang, war aber endlich, sodass es seit 1945 eben eine Zweite Republik gibt. Das ist alles nur vom Schicksal getrieben. Und daher fehlt auch ein leidenschaftliches Bekenntnis zu dieser Republik, das etwa in einem eigenen Feiertag zum Ausdruck kommen könnte, wie er in vielen anderen Demokratien üblich ist.

Das hätte sich immerhin ändern sollen. Der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) ließ einst ein Konzept für ein „Haus der Republik“ erstellen. Die Begeisterung darüber hielt sich jedoch in Grenzen. Ausgerechnet Sozial-Demokraten sind nun dabei, das Projekt zu einem allgemeinen „Haus der Geschichte“ zu verwässern. 2018 soll es eröffnet werden. Am Heldenplatz.

Der Historiker Oliver Rathkolb, der involviert ist, hat angeregt, den Platz, der ja genauso gut Monarchieplatz heißen könnte, in „Platz der Demokratie“ oder „Platz der Republik“ umzubenennen. Das wäre allemal passender. Doch die Politik sorgt schon dafür, dass das ein kluger Wunsch bleibt: Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) hat den Vorschlag in einem „Presse“-Interview eher nur nebenbei präsentiert und nicht weiter ausgeführt.

Die Folge: Zumal zu vielen nicht bewusst sein konnte, worum es eigentlich geht, gab es einen Aufschrei in sozialen und anderen Medien, der so hysterisch war, dass sich nicht einmal die wichtigsten Entscheidungsträger mehr trauten, ein richtungsweisendes Wort zu sagen. In seiner Problemhierarchie rangiere das Thema knapp vor der Burka, entschuldigte sich Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), während Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) überhaupt nichts davon wissen wollte und sich Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) einfach zurücklehnte und verkündete: „Am Ende wird man sehen, was herauskommt.“ Na, was wird es unter diesen Umständen wohl sein? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird genau dies passieren: nichts.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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