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Kasernenschließungen für Tanner doch möglich

Ganze Garnisonen, bestehend aus mehreren Kasernen, sollen nicht aufgelöst werden
Ganze Garnisonen, bestehend aus mehreren Kasernen, sollen nicht aufgelöst werden ©APA/HELMUT FOHRINGER
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) ist am Wochenende ausgerückt, um in der Diskussion über die Pläne für das Bundesheer Stellung zu beziehen. In mehreren Interviews machte sie klar, dass es entgegen vorheriger Aussagen sehr wohl zu Kasernenschließungen kommen könne.
Keine Kasernen-Schließungen geplant
Reformpläne für das Bundesheer

Lediglich ganze Garnisonen, bestehend aus mehreren Kasernen, sollen nicht aufgelöst werden, sagte sie im Ö1-Morgenjournal.

Tanner: Kasernenschließungen in Wien und Kärnten möglich

"Garnisonen werden keinesfalls geschlossen", betonte Tanner am Samstag im ORF-Radio. Zu Kasernenschließungen könne es aber trotzdem kommen - etwa in Kärnten, wo zwei alte Kasernen wegfallen und eine neue gebaut werden soll. Für den städtischen Bereich, zum Beispiel in Wien, plane Tanner ein "Verdichtungsprogramm", sagte sie. "Ich habe allerdings vor, viel Geld für die Renovierung von Kasernen in die Hand zu nehmen", sagte sie zum "Kurier".

Tanner will Regierungsprogramm umsetzen

Dass die Landesverteidigung keine Kernkompetenz des Heeres mehr sein solle, bezeichnete Tanner im Gespräch mit der Tageszeitung "Die Presse" als "absurd". Das Regierungsprogramm werde sie "auf Punkt und Beistrich umsetzen", kündigte die Ministerin an. Dass sie den angekündigten Reformprozess teilweise wieder zurückgenommen habe, bestritt die ÖVP-Politikerin und meinte: "Ich rudere niemals zurück. Ich bin es gewohnt durchzumarschieren."

Von der Aufbietung der Miliz während der Coronakrise werde man "viel lernen", sagte Tanner weiters - etwa, dass regelmäßige Übungen notwendig seien. Diese Übungen - "für die Freiwilligen, da alle zwei Jahre" - sollen ebenso Teil eines Milizpakets sein wie Investitionen in die Ausstattung, so Tanner.

Zur Finanzierung meinte Tanner im "Kurier", dass es mit einem Regelbudget nicht möglich sein werde, "den Investitionsrückstau der vergangenen Jahrzehnte abbauen zu können". Daher habe sie mit dem Finanzministerium Sonderinvestpakete vereinbart, mit einem Schwerpunkt auf Kasernen und Miliz. "Bei der Miliz sind wir am Ausarbeiten der Pakete, für heuer und das nächstes Jahr insgesamt 110 Millionen Euro zu bekommen. Die Zusage dafür habe ich bereits", sagte die Ministerin.

Kritik an Verteidigungsministerin Tanner reißt nicht ab

Nach verlautbarten und dann doch wieder relativierten Reformplänen für das österreichische Bundesheer reißt die Kritik an Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) nicht ab. SPÖ-Geschäftsführer Christian Deutsch sprach am Samstag von einer "Verunsicherungsministerin", FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz nannte sie eine "völlig inkompetente" Ministerin und forderte ihren Rücktritt.

"Tanner macht alles falsch, was man als Ministerin nur falsch machen kann"

"Tanner macht alles falsch, was man als Ministerin nur falsch machen kann", sparte Deutsch am Samstag in einer Aussendung nicht mit Tadel. "Sie verstrickt sich permanent in Widersprüche und absolviert bizarre Medienauftritte", teilte der SPÖ-Politiker mit. Dass Tanner die Schließung von Kasernen zuletzt dezidiert ausgeschlossen hatte, eine solche nun aber doch wieder für möglich halte, sorge "für große Verunsicherung", stellte Deutsch fest und sagte weiter: "Der Titel Verunsicherungsministerin statt Verteidigungsministerin würde Tanner eher gerecht werden."

SPÖ-Landesverteidigungssprecher Robert Laimer schloss sich der Kritik vollends an. "An einem Tag spricht Tanner von einer Standortgarantie für die Kasernen, am nächsten Tag davon, nur die Garnisonen zu erhalten", kritisierte er per Aussendung und schließt daraus: "Die Ministerin ist offensichtlich völlig überfordert." Bei diesem "ÖVP-verursachten Chaos" kenne sich niemand mehr aus, so Laimer. "Einmal heißt es, das Bundesheer wird auf Katastrophenschutz ausgerichtet, am nächsten Tag wird die militärische Landesverteidigung doch als Kernkompetenz erkannt", zeigte er sich verwirrt.

Bundespräsident über Reformpläne des Bundesheeres nicht informiert

Dass weder der Bundespräsident als Oberbefehlshaber des Bundesheeres noch die Bundesländer als Betroffene von Kasernenschließungen über die Heeres-Pläne in Kenntnis gesetzt wurden, stößt der SPÖ sauer auf. "Den Oberbefehlshaber des Bundesheers einfach zu ignorieren und politisch außen vor zu lassen, ist eine Desavouierung, die ihresgleichen sucht", kritisierte Laimer.

Die FPÖ ist der Meinung, Verteidigungsministerin Tanner sei nach den Diskussionen der vergangenen Tage "in diesem Amt nicht mehr tragbar" und müsse "sofort zurücktreten". Diese Forderung versah Generalsekretär Schnedlitz mit der Kritik, Tanner sei "im Bereich der Verteidigungspolitik völlig inkompetent und nur eingesetzt worden, um die Befehle der Kurz-Truppe willfährig zu befolgen". Schnedlitz vermutet, dass die "ÖVP als Ziel die Vernichtung des österreichischen Bundesheeres hat und damit unsere Neutralität opfert", wie er per Aussendung mitteilte.

Die NEOS haben unterdessen den Eindruck gewonnen, Tanner gehe es weniger um eine Bundesheerreform und mehr um ein Ablenkungsmanöver von für die ÖVP unangenehme Themen, etwa im Ibiza-U-Ausschuss. "Anstatt dem Heer, der Opposition und den Bürgerinnen und Bürgern permanent über die Medien Stehsätze auszurichten, sollte Tanner einen echten Reformprozess anregen", forderte NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos am Samstag per Aussendung.

Im Ö1-"Journal zu Gast" verteidigte Tanner am Samstag ihre Pläne. Neben dem "Verdichtungsprogramm" bei Kasernen in Wien und weiteren Zusammenlegungen von veralteten Kasernen in den Bundesländern gebe es nämlich auch Investitionen in Neubauten, sagte sie. Die militärische Landesverteidigung bleibe "selbstverständlich Kernaufgabe" des Bundesheeres, sagte Tanner weiter und widersprach damit Informationen aus einem Hintergrundgespräch ihres Kabinetts. "Wir sind am Beginn eines Reformprozesses", betonte die Ministerin zum wiederholten Mal und zu diesem Reformprozess gehöre auch eine "Straffung der Strukturen".

(APA/Red)

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