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Reform beim Bundesheer: Keine Kasernen-Schließung geplant

Laut Tanner sollen keine Kasernen geschlossen werden.
Laut Tanner sollen keine Kasernen geschlossen werden. ©APA/PETER KOLB
Laut Verteidigungsministerin Tanner sollen im Rahmen der Bundesheer-Reform keine Kasernen geschlossen werden. Konkrete Pläne gab Tanner nicht bekannt.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hat dementiert, dass im Zuge einer Heeres-Reform Kasernen geschlossen werden könnten. "Na selbstverständlich nicht", sagte sie Donnerstag in der ZiB2 auf die Frage danach. Nicht zu erfahren war von Tanner, welche Reformschritte jetzt - nach Ankündigung und Zurückrudern am Mittwoch - tatsächlich geplant sind.

Tanner gab tatsächliche Pläne nicht bekannt

Bei einem Hintergrundgespräch der Ressortführung (ohne Ministerin) Dienstagabend waren Kasernenschließungen - im Zuge der Reduktion der militärischen Landesverteidigung auf ein Minimum - nicht ausgeschlossen worden. Auf wiederholte Fragen, ob die da bekannt gegebenen radikalen Änderungen ihren Reformpläne waren, ging Tanner nicht ein, ebenso auf die Frage danach, was sie jetzt tatsächlich plant.

Sie versicherte nur ein ums andere Mal, dass die militärische Landesverteidigung "das Wichtigste" und Kernaufgabe des Heeres sei, man sich aber auch "Schritt für Schritt" auf neue Bedrohungsbilder einstellen müsse und dass es ihre Aufgabe sei, das Regierungsprogramm "Punkt für Punkt" umzusetzen.

Unteroffiziere von Ministerin Tanner enttäuscht

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hat mit ihren Auftritt in der "ZiB2" Donnerstagabend für weitere Verärgerung in der Truppe gesorgt. Die Unteroffiziersgesellschaft reagierte am Freitag sehr enttäuscht und mit harter Kritik. "Chance vertan und Vertrauen gebrochen", lautet der Titel einer Aussendung des Präsidenten der Österreichischen Unteroffiziersgesellschaft, Othmar Wohlkönig.

Zunächst habe die aus dem Kabinett des Verteidigungsressorts verschossene "Nebelgranate" nicht wieder gut zu machenden Kollateralschaden bei den Bediensteten des Bundesheeres angerichtet. Angesichts dessen hätten unzählige Soldaten - darunter auch Führungskräfte - mit Spannung das Interview der Ministerin verfolgt. "Wir alle erhofften uns von der Bundesministerin Tanner klare Aussagen zur Zukunft des Bundesheeres", so Wohlkönig. Die Ministerin habe aber die Chance, "auf verständliche Fragen eindeutige Antworten zu geben und vor allem eine klare Botschaft an die tausenden Soldatinnen und Soldaten zu senden", vertan.

Die Soldaten hätten sich "nach dem herunterpredigen ihres vorgefertigten Textes enttäuscht wieder abgewendet". Die Soldaten seien in der Vergangenheit genug "hinangehalten und enttäuscht" worden. "Denn davon hatten wir in der Vergangenheit schon genug", schloss Wohlkönig.

Opposition fordert Erklärung der Ministerin im Plenum

Die Oppositionsparteien haben sich in ihrem Ärger über die Heeres-Reformpläne zu einem Schulterschluss zusammengefunden: FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch warf Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem roten und seinem pinken Kollegen einmal mehr einen geplanten Verfassungsbruch vor und forderte eine Erklärung in der nächsten Nationalratssitzung.

Gemeinsam schickten die drei Oppositionsparteien Freitagvormittag auch ein Schreiben an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), in dem sie die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates verlangten. Im Kanzleramt war man freilich schon davor dabei, einen Termin für die Sitzung zu fixieren, weil die ÖVP das Gremium selbst einberufen wollte.

Tanner soll am Dienstag eine Erklärung abgeben

Gesprächsbedarf abseits des - vertraulichen - Sicherheitsrates sehen die Wehrsprecher auch im Parlament. Bösch forderte Tanner "dringend" auf, in der Nationalratssondersitzung kommenden Dienstag eine Erklärung abzugeben und den Abgeordneten im Plenum Rede und Antwort zu stehen. Eine "Dringliche Anfrage" ist damit nicht gemeint, denn die Oppositionsfraktionen hatten - vielleicht etwas vorschnell - auf jegliche Sonderinstrumente in der außerordentlichen Sitzung zu den Corona-Hilfen verzichtet. Sollte sich Tanner am 30. Juni weigern, werde man aber weitere parlamentarische Schritte setzen, versicherte Bösch.

Denn die kolportierten Pläne zur Umstrukturierung würden das Bundesheer "zu Tode reformieren", griff Bösch zu drastischen Worten. Im gestrigen ZiB 2-Interview habe die Ministerin "mit Stehsätzen gelangweilt" und keine Antworten auf die gestellten Fragen gegeben. "Wir erleben ein Schönreden der Bedrohungsszenarien durch die ÖVP." Tanners Vorschläge bedeuteten de facto die Abschaffung der militärischen Landesverteidigung und damit einen Bruch der Bundesverfassung. Beschwichtigungen der Ressortchefin schenke man keinen Glauben.

SPÖ sei "in Sorge um unsere Heimat"

Die Opposition sei "in Sorge um unsere Heimat", betonte SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer. Wenn der Schwerpunkt künftig auf Katastrophenschutz liege, stelle sich die Frage, wer Österreich im Ernstfall schütze, meinte er. Die NATO solle es jedenfalls nicht sein, sprach er sich gegen eine Mitgliedschaft in derartigen Bündnissen aus. Man werde über das Parlament auch eine Online-Petition einbringen, kündigte Laimer an.

Eine "Nebelgranate", um die Befragung von Kanzler Kurz im Ibiza-U-Ausschuss zu verschleiern, ortet nach wie vor NEOS-Wehrsprecher Douglas Hoyos. Tanner gehe es nicht um die Sicherheit des Landes, "sondern rein um die Sicherheit des Sebastian Kurz". So eine Ministerin sei "untragbar". Hoyos hat überhaupt das Gefühl, dass Tanner nicht wisse, was in der Verfassung zum Bundesheer steht - "eine solche Ministerin sollte sich wirklich überlegen, ob sie am richtigen Sessel sitzt".

Ex-Minister Kunasek warnt vor Zerstörung des Militärs

Die Debatte um die Zukunft des Bundesheeres schlägt weiter hohe Wellen. Am Freitag meldete sich Ex-Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) mit einer eindringlichen Warnung vor der Zerstörung des Bundesheeres zu Wort.

Kunasek warf der ÖVP vor, sich "außerhalb des Verfassungsbogens" zu bewegen. Die ÖVP-Heerespläne würden der Neutralität widersprechen und die Landesverteidigung zur Unkenntlichkeit aushöhlen. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) erweise sich als "ahnungsloser und willkürlicher Erfüllungsgehilfe der türkisen Kurz-Jünger", so Kunasek in einer Aussendung.

Für ihn sind die Pläne der ÖVP, die militärische Landesverteidigung aufs Abstellgleis zu verbannen, nicht überraschend. "Bereits während meiner Amtszeit setzte die ÖVP alles daran, um einen massiven Personalabbau voranzutreiben sowie Investitionen in den Kompetenzerhalt der Fähigkeiten zur Landesverteidigung zu vereiteln." Es sei dem Widerstand der FPÖ in der damaligen Bundesregierung zu verdanken, "dass die türkise Kahlschlagpolitik gegen das Bundesheer nicht schon früher zur Umsetzung gelangte", schildert Kunasek.

Aktuelle Situation sei für Bundesheer "ein tödlicher Cocktail"

Für das Bundesheer sei die derzeitige Situation "ein tödlicher Cocktail". "Es ist nun den türkisen Kurz-Jüngern im Bundeskanzleramt und im Finanzministerium ausgeliefert. Anstatt die Interessen ihres Ressorts zu vertreten, erweist sich Abrüstungsministerin Tanner als willfährige Erfüllungsgehilfen jener, die immer schon dem Bundesheer die Luft abdrehen wollten", so Kunasek weiter.

Der ehemalige Minister warnt, dass trotz der offiziellen Rücknahme der öffentlich gemachten Pläne, "der geheime Kürzungsplan von Tanners Kabinett aufrecht bleibt". "Der massive Personalabbau, die Auflösung großer Verbände bei der Truppe, die planmäßige Vernichtung langfristig aufgebauter Kompetenzen degradiert das Bundesheer zum technischen Hilfswerk. Es ist der falsche Ansatz, die Aufgaben und Leistungen eines Ressorts an das vorhandene Budget anzupassen. Beim Bundesheer ist dies nun der türkise Masterplan", zeigt sich der Freiheitliche fassungslos.

Vorhaben könne österreichische Position in Europa schwächen

Der ehemalige Verteidigungsminister sieht in Tanners Vorhaben auch eine Schwächung der österreichischen Position auf europäischer Ebene. "Mit einem solchen Programm wären wir während der EU-Ratspräsidentschaft zur europäischen Lachnummer geworden. Die Anzahl an Krisen und militärischen Bedrohungen in Europa - Stichwort Migrationskrise, Krieg in der Ukraine, Krieg an der türkischen Grenze - war in den letzten 25 Jahren noch nie so aktuell. Dass Tanner dennoch die Fähigkeiten zur militärischen Landesverteidigung einstampft, ist eine Schande für einen souveränen Staat", so Kunasek. Nur wer die Hauptaufgabe der militärischen Landesverteidigung beherrsche, könne auch nachgeordnete Nebenaufgaben wie Katastrophenhilfe erfüllen, so Kunasek.

Die Unteroffiziersgesellschaft legte indes noch nach und meinte in Anlehnung an Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP): "Genug ist genug." Kurz hatte mit diesen Worten nach Ausbruch der Ibiza-Affäre die türkis-blaue Koalition beendet. "Innerhalb von vier Jahren haben wir den fünften Minister und in diesem Zeitraum wurde zweimal mit mehr oder weniger Erfolg umstrukturiert. Dabei wurden operativ führende Kommanden übergeleitet, Verbände wurden waffengattungsspezifisch neu gegliedert und das Personal wurde umgeschult. Bevor sich jedoch die Truppe abseits der zahlreichen Inlands- und Auslandseinsätze wieder ihrer Kernaufgabe widmen und ihre Fähigkeiten weiterentwickeln konnte, kam ein neues Kabinett und mit diesem eine neue Struktur", kritisierte der Präsident der Österreichischen Unteroffiziersgesellschaft, Othmar Wohlkönig.

"Auch wenn aus politischer und teilweise militärischer Sicht strukturelle Evaluierungsmaßnahmen zur Effizienzsteigerung als notwendig erachtet werden, so ist die Vorgehensweise bedenklich." Denn am Ende des Tages geht es nicht nur um Truppenzeichen, die man am Papier verschiebe, sondern auch Soldaten, "die Treue geschworen haben und in letzter Konsequenz gemäß unserer Verfassung die Republik mit der Waffe verteidigen", so Wohlkönig.

Kritik kam auch vom Präsidenten der Offiziersgesellschaft

Der Präsident der Offiziersgesellschaft Erich Cibulka kritisierte im Gespräch mit der APA ebenfalls, dass die Aufgaben des Bundesheeres dem Budget angepasst werden und nicht umgekehrt. Es brauche eine breite Debatte in Österreich darüber, warum Verteidigung so "scheinheilig und stiefmütterlich behandelt wird, denn das Volk steht zu seinem Heer", so Cibulka.

(APA/Red)

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