Kanzleramt: Nachlieferung an U-Ausschuss ist erledigt

Das Bundeskanzleramt hat die im Mai vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) geforderte Aktennachlieferung an den Ibiza-U-Ausschuss nach eigenen Angaben abgeschlossen. Rund 90.000 Dateien mit 800.000 Seiten wurden bzw. werden an den Nationalrat elektronisch übermittelt, so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in einem am Donnerstag an Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) ergangenen Schreiben. Im Kanzleramt betont man, dass man den Vorgang extern begleiten habe lassen.
Bundeskanzler Kurz äußert sich in Schreiben
In dem Schreiben - es liegt der APA vor - erklärt Kurz, dass die notwendigen Schritte gesetzt worden seien, "um die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs vollinhaltlich umzusetzen". Es seien IT-Techniker beigezogen und eine Qualitätssicherung des Suchprozesses vorgenommen worden. Die dadurch gelieferten Akten kommen zu den etwa 60.000 Seiten hinzu, die 2020 an den U-Ausschuss gegangen waren.
Professor über Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers
Juristisch begleitet wurde der Vorgang von Andreas Janko, Professor für öffentliches Recht in Linz. In der "Zeit im Bild" am Donnerstag meinte dieser zu Kurz' Verantwortlichkeit für diesen Vorgang: "Nach meiner Wahrnehmung habe ich keine Indizien, dass hier nicht alles getan wurde, um tatsächlich Vollständigkeit zu erreichen."
Janko über Weg des Bundeskanzleramts
Janko hat dazu eine neunseitige Stellungnahme verfasst. Die vom Kanzleramt gewählte Vorgangsweise - elektronische Aktenabfrage und Anweisung an die Bediensteten, die verlangten Dokumente einzumelden - "entspricht als solches den Anforderungen, die an ein sorgfältig agierendes vorlagepflichtiges Organ zu stellen sind, und schließt daher die persönliche Vorwerfbarkeit einer entgegen den berechtigten Erwartungen allenfalls doch verbleibenden punktuellen Lücke zwischen Vorlagepflicht und tatsächlichem Vorlageumfang grundsätzlich aus", meint der Linzer Jurist.
Janko ortet keinen Hinweis auf fehlende Akten
Indizien für weiterhin fehlende Akten sieht Janko zwar nicht, aber: "Natürlich wäre ein im Nachhinein festgestelltes Unterschreiten des geschuldeten Lieferumfangs - ungeachtet der fehlenden persönlichen Vorwerfbarkeit - unverzüglich zu korrigieren, widrigenfalls die Vorlagepflicht im Verfahren gemäß Art. 146 Abs. 2 B-VG exekutiert werden kann."
U-Ausschuss: Keine Einordnung von Oppositionsfraktionen
Die Oppositionsfraktionen im Ibiza-Untersuchungsausschuss können noch nicht beurteilen, ob das Bundeskanzleramt tatsächlich alle geforderten Akten geliefert hat. SPÖ und ÖVP bestätigten aber am Freitag auf APA-Anfrage das Einlangen von rund 90.000 Dateien mit 800.000 Seiten im Parlament, wie dies das Kanzleramt tags zuvor angegeben hatte. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hatte die Lieferung nach einer Beschwerde der Opposition wegen fehlender Akten angeordnet.
SPÖ-Krainer: Großes Engagement "erkennbar"
"Wir können noch keine abschließende Bewertung abgeben", meinte SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer auf die Frage, ob der Ausschuss nun alle angeforderten Akten aus dem Kanzleramt erhalten habe. "Es ist aber erkennbar, dass sie sich nach dem Beschluss des VfGH sehr bemüht haben, das richtig umzusetzen", meinte er in Richtung des Büros von Regierungschef Sebastian Kurz (ÖVP).
NEOS-Krisper: U-Ausschuss fehlt Zeit
"800.000 Seiten zu durchforsten braucht Zeit", sagte NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper - "und Zeit ist leider das Letzte, was der U-Ausschuss hat". Kurz habe, wie Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), auf Zeit gespielt und bis zum Ende der Beweisaufnahme gewartet. Die wichtigsten Unterlagen, nämlich die Mails des Kanzlers, Blümels und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könne Kurz aber gar nicht geliefert haben - "denn die hat er ja laut eigenen Angaben, obwohl ihn das Gesetz zur Archivierung verpflichtet, vorsorglich gelöscht".
(APA/Red)