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Kanzler Kurz besucht slowenischen Amtskollegen Janša

Nach einer coronabedingten Pause wird Kanzler Kurz nächste Woche einen bilateralen Auslandsbesuch absolvieren.
Nach einer coronabedingten Pause wird Kanzler Kurz nächste Woche einen bilateralen Auslandsbesuch absolvieren. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Am Dienstag wird Kanzler Kurz nach einer coronabedingten Pause seinen ersten bilateralen Auslandsbesuch absolvieren. Er wird seinen slowenischen Amtskollegen Janez Janša besuchen.

Nach sechs Monaten Coronapause absolviert Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nächste Woche seinen ersten bilateralen Auslandsbesuch. Wie das Bundeskanzleramt der APA mitteilte, wird Kurz am Dienstag seinen slowenischen Amtskollegen Janez Janša in Ljubljana treffen. Inoffiziell war der Kanzler bereits Mitte Juli in Slowenien gewesen, von wo ihn Janša im Privatjet zum EU-Gipfel mitnahm.

Kurz hatte Österreich im vergangenen halben Jahr nur zur Teilnahme am Brüsseler Marathongipfel über die EU-Finanzen verlassen. Sein letzter bilateraler Gastgeber war der britische Premierminister Boris Johnson am 25. Februar gewesen. Während Kurz in London weilte, wurden in Innsbruck die beiden ersten österreichischen Coronafälle bestätigt.

Aktuelle europäische Themen sollen behandelt werden

Kurz und Janša wollen sich bei ihrem Treffen insbesondere über aktuelle europäische Themen im Vorfeld des EU-Sondergipfels am 24. und 25. September abstimmen. Dieser sollte eigentlich im Zeichen des Ringens um die EU-Finanzen stehen, doch stehen die EU-Chefs wegen der politischen Krise in Weißrussland (Belarus) und dem sich zuspitzenden Konflikt zwischen der Türkei und dem EU-Staat Griechenland im östlichen Mittelmeer auch außenpolitisch unter Zugzwang. Während Kurz zu den Hardlinern gegenüber der Türkei zählt, hat Janša im Fall Weißrussland mit der Forderung nach einer Neuaustragung der umstrittenen Präsidentenwahl aufhorchen lassen.

Seit Juli bildet Slowenien mit Deutschland und Portugal das EU-Ratsvorsitztrio. Als letztes der drei Länder wird Slowenien im zweiten Halbjahr 2021 den Ratsvorsitz innehaben. Entsprechend wollen Kurz und Janša ihren Blick in Richtung der slowenischen EU-Präsidentschaft richten.

Janša gilt als umstritten

Der seit Mitte März amtierende Janša ist wegen beständigen Übergriffen auf politische Gegner und Medien sowie seiner Nähe zum ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán umstritten. Einst ein glühender Kommunist, machte er aus der von ihm im Jahr 1993 übernommenen Sozialdemokratischen Partei die rechtskonservative Demokratische Partei (SDS). Dank seiner treuen Anhängerschaft überstand er zahlreiche Korruptionsaffären. Seit ihn eine davon für kurze Zeit ins Gefängnis brachte, sieht er sich als ehemaliger "politischer Gefangener".

Als langjähriger Parteichef, Oppositionsführer und dreimaliger Ministerpräsident ist Janša in der Europäischen Volkspartei (EVP) hervorragend vernetzt und zählt zu den erfahrensten EU-Regierungschefs. So war er schon im Jahr 2008, während seiner ersten Amtszeit, EU-Ratspräsident. Damals habe es "weniger Tagespolitik und mehr strategisches Denken" gegeben, kritisierte er jüngst beim EU-Gipfel seine Amtskollegen. Am dritten Abend des Feilschens richtete er den "Sparsamen Vier" via Twitter aus, dass der Nutzen des Binnenmarktes "bei weitem" die EU-Beiträge der Mitgliedsstaaten übersteige.

Gleiche Linie bei Migrationspolitik

Während das wirtschaftlich stark vom Nachbarland Italien abhängende Slowenien und Österreich bei den Coronahilfen unterschiedliche Interessen vertreten, ziehen sie in der Migrationspolitik an einem Strang. Entsprechend soll auch der gemeinsame Kampf gegen die illegale Migration und das Schlepperwesen Thema beim Treffen der Regierungschefs sein, wie es aus dem Bundeskanzleramt hieß. Slowenien stößt sich daran, dass Österreich auch fünf Jahre nach der Flüchtlingskrise an Grenzkontrollen zum Nachbarland festhält.

Für Verstimmung in Ljubljana sorgte auch die ursprüngliche Zurückhaltung Österreichs, was die neuerliche Öffnung der Grenzen nach der Coronakrise betraf. Von den österreichischen Nachbarländern musste diesbezüglich nur Italien länger warten als Slowenien. Dieses argwöhnte, dass es Wien nur darum gehe, die eigenen Bürger vom Adriaurlaub abzubringen. Schließlich hatte Slowenien schon Mitte Mai als erster EU-Staat die Corona-Epidemie mangels Neuinfektionen für beendet erklärt.

Slowenien zählt zu den Corona-Musterschülern

Auch wenn die Zahl der täglichen Neuinfektionen nun wieder im mittleren zweistelligen Bereich liegt, zählt Slowenien weiter zu den Corona-Musterschülern. Dazu tragen auch restriktive Maßnahmen bei wie eine Maskenpflicht in allen geschlossenen öffentlichen Räumen. Auch sind Veranstaltungen mit mehr als 50 Teilnehmern untersagt. Wie es aus dem Bundeskanzleramt heißt, planen Österreich und Slowenien eine "Vertiefung" der "engen Zusammenarbeit im Kampf gegen Covid-19".

Angesichts der slowenischen Pläne zum Ausbau des Atomkraftwerks Krško will der Kanzler die (ablehnende) Haltung Österreichs in dieser Frage bekräftigen. Auch das Thema der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien soll zur Sprache kommen. Deren Anerkennung hat jüngst der Nationalrat in einer einmütig angenommenen Entschließung gefordert, doch will Ljubljana davon seit Jahren nichts wissen.

100. Jahrestag der Kärntner Volksabstimmung wird thematisiert

Schließlich ist davon auszugehen, dass die beiden Regierungschefs auch über den 100. Jahrestag der Kärntner Volksabstimmung sprechen werden. Zur Feier am 10. Oktober in Klagenfurt wird mit dem slowenischen Staatspräsidenten Borut Pahor erstmals ein Spitzenrepräsentant des Nachbarlandes erwartet. Das damals überwiegend slowenischsprachige Südkärnten hatte sich bei der Volksabstimmung mit deutlicher Mehrheit gegen die Angliederung an Jugoslawien entschieden.

(APA/Red)

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