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Kampusch-Medienhype geht weiter

Der Medienhype um Natascha Kampusch werde am Mittwoch mit den ersten Interviews zwar einen Höhepunkt erreichen - das Ende sei allerdings nicht erreicht, glaubt Fritz Hausjell, Professor am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien.

Zum einen könnten auch in groß angelegten Interviews nicht alle Fragen ausreichend beantwortet werden – zum anderen hätte das Auftauchen des vor Jahren entführten Kindes neue Themen, Ängste und Fragen aufgeworfen, die es zu bewältigen gilt.

Der Fall Kampusch stelle mit Sicherheit eines der größten Medienereignisse Österreichs dar, die auch international auf gewaltiges Interesse stößt. Laut ORF-Aussendung haben sich bisher mehr als 120 TV-Stationen weltweit für Ausschnitte bzw. das gesamte Interview zwischen Kampusch und Christoph Feurstein interessiert. Neben Österreich und Deutschland wird das vollständige Gespräch in Frankreich, Spanien, Italien, der Schweiz, Dänemark, Schweden, den Niederlanden und Norwegen übertragen.

Dieses ungeheure internationale Interesse liege vor allem am hohen Maß der Identifizierbarkeit, meinte Hausjell im Gespräch mit der APA. Im Vergleich mit der Bergbau-Katastrophe von Lassing, bei der im Juli 1998 zehn Männer ums Leben kamen und einer – Bergmann Georg Hainzl – wie durch ein Wunder nach zehn Tagen geborgen wurde, oder mit der Brandkatastrophe in der Seilbahn in Kaprun im Jahr 2000, bei der rund 150 Menschen starben, sei dieser Fall aus Medienblickpunkt in dreifacher Hinsicht interessanter.

Zum einen weil sich, wenn es um ein Kind oder einen Schüler geht, ein Großteil der Menschen direkt betroffen fühlt. Zum anderen ist das Phänomen, dass Kinder verschwinden, bekannt und auf andere Länder gut übertragbar. Schließlich sind „Geschichten diesen Typs, die einen solchen Ausgang nehmen, rar und werden auf Grund dieser Spezialität international entsprechend rezipiert und verkauft“.

Für „News“, „Kronen Zeitung“ und ORF, die das Rennen um das erste Interview gemacht haben, werde sich der Einsatz „im ersten Moment“ daher sicher lohnen, glaubt Hausjell. „Das Publikum nimmt sicher wahr, wer das Tauziehen um das erste Interview gewonnen hat.“ Die Konstellation der drei Medien, die den Zuschlag erhalten haben, hält der Kommunikationswissenschafter übrigens für „eine vernünftige Lösung“. Es seien bei dieser Entscheidung offensichtlich verantwortungsbewusste Berater am Werk gewesen, glaubt Hausjell.

Für andere Medien gelte es wie bisher, den Qualitätsanspruch zu sichern und die Ängste, die diese Geschichte bei Menschen auslöst, über den konkreten Fall hinaus zu begleiten. Insgesamt wünscht er sich für die Ausstrahlung des Interviews im ORF am Mittwochabend gute Einschaltquote – seinen eigenen neun und zwölf Jahre alten Kindern werde er allerdings nicht erlauben, die Sendung zu verfolgen, um nicht unnötig Angst zu schüren.

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