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Kampf ums Wasser

Wasser wird auch in Europa immer knapper. Weil alle Aufrufe zur Sparsamkeit auf taube Ohren stoßen, hat die Europäische - Kommission in Brüssel der Vergeudung den Kampf angesagt und will Wasser teurer machen.

Von STEFAN WINKLER/NEUE

Bis zu zwei Tage sind Frauen im südostafrikanischen Mosambik unterwegs, um 20 Liter Wasser zu bekommen. Jeder Österreicher verbraucht am Tag allein für die WC-Spülung mehr: 32 Liter sauberes Trinkwasser pro Kopf rauschen nach Angaben der Umweltschutzorganisation Greenpeace täglich die heimischen Toiletten hinunter, 55 Liter verbrauchen Baden und Duschen, 25 Liter das Wäschewaschen, 8 Liter das Geschirrspülen und nur vier Liter werden getrunken oder zum Kochen verwendet.

Rund 150 Liter Wasser konsumiert der durchschnittliche Österreicher jeden Tag, in den USA sind es sogar 400 Liter.

Als Bewohner eines der wasserreichsten Länder der Erde können die Österreicher es sich zurzeit noch leisten, verschwenderisch mit einer natürlichen Ressource umzugehen, die andernorts längst „zum strategischen Gut geworden ist, vielerorts teurer als Benzin und schwerer zu bekommen als Waffen“, wie die „tageszeitung“ (taz) dieser Tage schrieb.

Wasser werde ein ähnlich kostbarer Rohstoff wie Öl, prophezeit EU-Umweltkommissar Stavros Dimas. Bedingt durch den globalen Klimawandel wird Wasser zur Mangelware nicht nur in den Entwicklungsländern, sondern auch in Europa, wo Trockenheit und Wasserknappheit im Vormarsch sind.

Europa verdorrt

Einer von der EU-Kommission in Brüssel in Auftrag gegebenen Studie zufolge haben Dürren in der Europäischen Union in den vergangenen 30 Jahren dramatisch zugenommen. Auf zumindest 100 Milliarden Euro soll sich der so verursachte Schaden bis dato belaufen. Allein im Jahr 2003 wurden nach Angaben der Brüsseler Kommission mehr als 100 Millionen Menschen und rund ein Drittel der Fläche der EU von großen Dürren heimgesucht. Bislang davon betroffen waren vor allem Süd- und Südosteuropa, doch die Experten sind sich darin einig, dass auch Mittel- und Osteuropa künftig stärker unter Wasserknappheit zu leiden haben werden.

Einen ersten Vorgeschmack bekam Süddeutschland 2003 zu spüren, als Fabriken schließen mussten, weil für die Produktion nicht ausreichend Wasser vorhanden war. Insgesamt, schätzen die Autoren der EUStudie, dürfte der Anteil europäischer Flusseinzugsgebiete mit gravierenden Wasserproblemen von aktuell 19 Prozent auf 36 Prozent in den 2070 er-Jahren explodieren.

Wie dramatisch die Lage mancherorts bereits ist, zeigt sich in Oberitalien, wo Experten jetzt Alarm schlagen, dass Italiens längster Fluss, der Po, im Laufe weniger Jahrzehnte um bis zu 100 Kilometer Länge verlieren könnte. Hauptleidtragende wären die Bauern. Trocknet der Po aus, könnte einem Drittel der italienischen Landwirte die Existenzgrundlage entzogen werden, schätzt man.

Tatsache ist aber auch, dass die Landwirte in der EU mit 64 Prozent der mit Abstand größte Wasserverbraucher sind, gefolgt von der Energiewirtschaft (20 Prozent), den öffentlichen Wasserversorgern (12 Prozent) und der Industrie (vier Prozent).

Glaubt man der Brüsseler Behörde, könnte der Umgang der Bauern mit dem kostbaren Nass freilich viel sorgsamer sein. Mindestens ein Fünftel des in der EU verbrauchten Wassers werde derzeit sinnlos vergeudet, heißt es.

Kein Gratis-Wasser mehr

Mit einem Bündel von Maßnahmen will die EU jetzt gegen die Wasservergeuder vorgehen. Strittigster Punkt: Wasser soll teurer werden. Tatsache sei, dass vielerorts in der Union der Wasserpreis nicht den reellen Wert der Ressource widerspiegle, bemängelt Kommissionsexperte Peter Gammeltoft. Erst wenn für Wasser ein Preis bezahlt werde, der seiner Knappheit entspreche, würde es effizient genützt, ist auch Umweltkommissar Stavros Dimas überzeugt.

Kritisiert wird aber auch, dass der Verbrauch der Nutzer unzureichend kontrolliert werde. Künftig soll es daher für alle Verbraucher verpflichtende Messungen geben. Brüssel will zudem, dass für das Wasser jeder zahlt – ein Vorschlag, der unter Österreichs Landwirten auf wenig Gegenliebe stoßen dürfte. Denn so wie in Deutschland durften auch hierzulande Bauern bisher Wasser aus eigenen Brunnen beliebig und kostenlos nutzen.

Damit soll jetzt Schluss sein. Sollten einzelne Staaten weiterhin gratis Wasser für die Landwirtschaft bereitstellen und sich die Wassergebühren bis 2010 nicht an der tatsächlichen Knappheit orientieren, werde die Kommission gegen die säumigen Länder klagen, heißt es. Als drastischste Maßnahme kann sich Brüssel sogar vorstellen, dass Wasser über gewaltige überregionale Aquädukte aus wasserreichen Ländern wie Österreich in die trockenen Regionen Europas geführt wird. Bislang wehrte sich Österreich erfolgreich gegen dieses Vorhaben. Wie lange noch? Der Verteilungskampf ums blaue Gold hat auch in Europa begonnen.

WELTWASSERWOCHE

Täglich sterben Tausende Menschen an Krankheiten, die auf schlechtes Trinkwasser zurückzuführen sind. Auf der Weltwasserwoche in Stockholm beraten bis kommenden Samstag mehr als 2500 Experten aus 140 Ländern über eine effektive und umweltverträgliche Nutzung der im Zuge des globalen Klimawandels auch in Europa immer knapper werdenden Ressource Wasser.

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