Johannes Voggenhuber: Der JETZT/Initiative 1 Europa-Spitzenkandidat für die EU-Wahl im Porträt
Mit Johannes Voggenhuber (68) dockt ein weiterer versprengter Grüner bei der Liste Jetzt an. Der gebürtige Salzburger soll die Partei seines ehemaligen Parteifreundes Peter Pilz in das EU-Parlament führen – dem er bereits angehörte. Nunmehr glühender Europäer stand er vor dem Beitritt Österreichs der Europäischen Union mehr als skeptisch gegenüber.
Begonnen hat Voggenhuber seine politische Laufbahn 1977 als Sprecher der Bürgerliste in seiner Heimatstadt. Nur wenig später schaffte er einen historischen Erfolg. 1982 erzielte er bei den Salzburger Gemeinderatswahlen mit mehr als 17 Prozent ein “Traumergebnis” und zog als Stadtrat mit dem größten Ressort – Verkehr, Umwelt, Stadtplanung und Gewerbeordnung – als erster Grüner Europas in eine Stadtregierung ein.
Aus dem EU-Gegner wurde ein EU-Freund
1988 wurde er Bundesgeschäftsführer der Grünen, 1990-1992 Klubobmann im Parlament. Gegen die EU wetterte Voggenhuber mit Leidenschaft, ehe sich die Österreicher mit Zwei-Drittel-Mehrheit für den Beitritt entschlossen. Das veranlasste Voggenhuber zum Umdenken. Trotz aller Kritik an den Missständen wurde er zum Befürworter der Union. Er zog als Solist ins EU-Parlament ein, dem er von 1995 bis 2009 angehörte.
Einer breiteren europäischen Öffentlichkeit bekannt wurde Voggenhuber als Mitglied des Verfassungskonvents, der den Entwurf für die später von Franzosen und Niederländern verworfene EU-Verfassung erstellte. In dieser Rolle sowie in der nachfolgenden Debatte um den Lissabon-Reformvertrag wurde Voggenhuber zu einem der schärfsten Kritiker des in der EU üblichen Verfahrens von Regierungskonferenzen zur Änderung von Verträgen. So wetterte er gegen das “Regierungseuropa”, die “Kurfürsten” und die “inneren Feinde Europas”, immer wieder drängte er auf eine stärkere Mitbeteiligung der Parlamente.
Abschied aus der Politik 2009
Beim Bundeskongress im Jänner 2009 zog er gegen Ulrike Lunacek den Kürzeren, die mit Unterstützung der Parteispitze Spitzenkandidatin für die EU-Wahl wurde. Voggenhuber zog sich empört zurück, nicht ohne sich über “sexistische” Untertöne in der Diskussion um seine Person (er sah sich etwa als “Silberrücken” geschmäht) zu beschweren. Wenig später versuchte er, mit einer Solidaritätskandidatur vom letzten Listenplatz aus mittels Vorzugsstimmen doch wieder ein Mandat in Brüssel zu holen. Aber der Erweiterte Bundesvorstand machte ihm einen Strich durch die Rechnung.
Voggenhuber gab nach dem Scheitern seiner Kandidatur nicht einmal eine Wahlempfehlung für die Grünen ab. Während die Grünen mit ihm als Zugpferd regelmäßig Wahlerfolge feierten und 2004 mit 12,9 Prozent überhaupt das beste bundesweite Ergebnis erzielten, erlitten sie beim Urnengang am 7. Juni 2009 den größten Verlust auf Bundesebene seit ihrem Bestehen. Sie konnten erst nach Auszählung der Briefwahlstimmen ihr zweites Mandat halten.
Strenger Kritiker der Grünen
In der Innenpolitik teilte er immer schon regelmäßig aus. Kritik heimsten nicht nur die anderen Parteien ein, sondern auch die Grünen. Voggenhuber zog vor allem in den vergangenen Jahren teils gnadenlos über die Parteispitze – allen voran den früheren Bundessprecher Alexander Van der Bellen und dessen Nachfolgerin Eva Glawischnig – her. Den Rauswurf der Grünen aus dem Nationalrat bezeichnete er als selbst verschuldete “Tragödie”.
In den vergangenen Jahren war es um Voggenhuber eher still geworden. Nun darf er wieder unbequem sein.
(APA/red)