AA

"Jeder kann der Star seines Lebens sein"

Die Schauspielerin aus Dornbirn stand WANN & WO Rede und Antwort.
Die Schauspielerin aus Dornbirn stand WANN & WO Rede und Antwort. ©handout/Reichmuth
Die Dornbirnerin Lena Reichmuth stand mit Moritz Bleibtreu und Tobias Moretti vor der Kamera und coachte mit ihrem Schauspiel-Know-how Weltstars wie ­Catherine Deneuve.

Von Mathias Bertsch (WANN & WO)

Jetzt auf VOL.AT lesen

WANN & WO: Wie bist du zur Schauspielerei gekommen?

Lena Reichmuth: Ich durfte als Kind meine Mutter ins „Theater für Vorarlberg“ in Bregenz begleiten. Ich habe es geliebt, wollte in jedes Stück mitgehen, dann am liebsten auch mitspielen. Meine Mutter hat den damaligen Theaterdirektor, Bruno Felix, angesprochen. Wie der Zufall es wollte, suchte er gerade ein „Flüchtlingskind“ für sein Stück „Schweyk im Zweiten Weltkrieg“. Und schon war ich – im zarten Alter von zehn Jahren – auf den Brettern, die die Welt bedeuten, in Bregenz engagiert. Damit war ich vom Theatervirus infiziert, es gab kein Zurück mehr.

WANN & WO: Du hast in rund 30 Theaterstücken und 40 internationalen Filmen mitgewirkt. Gibt es Gastspiele, die dir besonders in ­Erinnerung geblieben sind?

Lena Reichmuth: Mein allererstes Theaterstück war meine erste große Liebe. Und wenn ich die Stationen Revue passieren lasse, stelle ich fest, dass jede einzelne etwas Besonderes war und mein Leben geprägt hat. Besonders gerne habe ich in Reinhold Bilgeris „Der Atem des Himmels“ im Großen Walsertal gedreht. Hier war ich als Kind auf Urlaub und lauschte gespannt den „Lawinengeschichten“ der Einheimischen. Mein Großonkel Oskar Spang (Fotoreporter) hat das Lawinenunglück 1954 fotografiert und dabei jemanden aus dem Schnee gerettet. Diese Geschichte wurde bei uns zuhause bei jedem Familienfest zum Besten gegeben. Als ich dann bei Reinhold Bilgeri vor der Kamera stehen durfte, war es für mich, als wäre ich zuhause und würde meine eigene Geschichte erzählen.

WANN & WO: Du warst als Magda Goebbels in „Jud Süß – Film ohne Gewissen“ neben Moritz Bleibtreu und Tobias Moretti zu sehen. Wie war die Arbeit mit den beiden?

Lena Reichmuth: Sie sind wunderbare Kollegen, absolute Profis und sehr feine Menschen. Die Zusammenarbeit war auf höchstem Niveau und der Schmäh in den Pausen hat mir jeden Druck genommen.

WANN & WO: Wie kamst du von der Schauspielkunst zum Coaching?

Lena Reichmuth: Ich war als Kind sehr still und introvertiert, zugleich aber auch Musterschülerin. Es schien völlig klar zu sein, dass ich Medizin studiere. Ich konnte mich jedoch gegen alle Erwartungshaltungen durchsetzen und bin nach Paris gegangen, um Schauspiel zu studieren. Aber ich war so schüchtern, dass ich mich nicht getraut habe, Französisch zu sprechen. So habe ich mich dem Studium der Pantomime gewidmet. Dieses Studium bzw. das der Körpersprache in Paris und später bei Samy Molcho am Max-Reinhardt-Seminar in Wien inspirieren mich und mein Coaching bis heute. Denn der Körper spricht immer und erzählt alles, auch wenn der Mensch schweigt. Schon als Kind habe ich andere Menschen gerne beobachtet, spielte Situationen nach und hatte Ideen, wie man die Wendung zum Happy End schafft. Heute zeige ich das meinen Coaching-Schützlingen in meinem Workshop „Szenenwechsel“. Die Schauspieltechniken, die ich selbst gelernt habe, haben mir geholfen, die Rolle des „schüchternen Mäuschens“ abzulegen und souveräner und selbstsicherer zu werden.

WANN & WO: Du hast Weltstars wie Catherine Deneuve, Annie Girardot, und die Oscar-Nominierten Isabelle Huppert und Emmanuelle Riva gecoacht. Was haben sie von dir gelernt?

Lena Reichmuth: Nichts, denn sie waren schon perfekt. Das Gleiche gilt für alle meine Coaching-Schützlinge. Ich unterstütze sie, ihr inneres Licht zu aktivieren, ihr Potenzial zu entdecken oder zu verstärken. Sie sollen das, was sie ausmacht, nutzen und wirklichen Zugang zu sich selbst bekommen. Und zwar genau dann, wenn sie es brauchen. Wir sind alle genial, charismatisch, witzig und attraktiv, wenn wir entspannt sind und uns unbeobachtet fühlen. Ich zeige meinen Schützlingen, wie sie diese Skills auf Befehl, unter Druck und Stress, immer, nutzen können. Dabei verrate ich auch Techniken, die ich von den Weltstars gelernt habe. Zurück zu „meinen“ Weltstars: Ich habe sie dabei unterstützt, auf einem mehrsprachigen Filmset entspannt und optimal performen zu können, womöglich auch noch in einer Fremdsprache. Ich habe sie „auf Händen“ getragen, manchmal auch Brücken gebaut zur Regie oder zur Produktion oder ich habe ihnen ganz schlicht und einfach Wien gezeigt.

WANN & WO: Du konzentrierst dich mittlerweile gänzlich auf das Coaching. Wie können wir als Nicht-Schauspieler mit deiner Methode „Acting for ­Success“ einen Star-Auftritt erlernen?

Lena Reichmuth: Meine Spezialität ist es zu erkennen, welche Technik zu wem passt. Ich spüre sofort, welchen Schalter ich drücken muss, damit die Person erkennt, dass sie selbst ein Star ist, sich ins „rechte Licht rücken“ darf und das eigene Licht nicht mehr unter den Scheffel stellt. Jeder Mensch ist ein Star und kann lernen, die Szenen des eigenen Lebens vorteilhaft zu gestalten. Wir alle sind die Schauspieler, Regisseure und Drehbuchautoren der Szenen unseres Lebens. Konkret arbeiten wir an der Stimme, der Atmung, der Haltung, der Körpersprache, dem Umgang mit Lampenfieber. Und wir wenden Techniken aus dem Improvisationstheater an, um schlagfertig zu werden. Ich sorge dafür, dass die gute Meldung zur rechten Zeit kommt. Meine KundInnen sind „bunt zusammen gewürfelt“: Manager, Anwälte, Politiker, CEOs, aber auch Assistent­Innen und der Frisör. Sie haben alle etwas gemeinsam: Sie werden ­selbstsicherer, haben mehr Freude beim Performen. Der Erfolg stellt sich ein.

WANN & WO: Du bist in ­Dornbirn geboren und lebst ­mittlerweile in Wien. In deiner Kindheit bist du etliche Male umgezogen, sprichst heute vier Sprachen sowie zahlreiche Dialekte. Wie konntest du dir dein „Dorabirarisch“ so gut erhalten?

Lena Reichmuth: Ja, mei, der Geburtsschrei war eben „Dorabirarisch“. Das hat den Schnabel, der in alle Richtungen wachsen durfte, für immer geprägt.

Kurz gefragt

Welche Rolle spielst du am liebsten?

Immer die, die ich gerade spiele! Von „Maria Stuart“ bis „Magda Goebbels“, von Mutter bis Tochter, von Schauspielerin bis Coach, von Gewinnerin bis Verliererin, von Liebhaberin bis Klosterfrau und besonders die Person, die so schöne Interviewfragen beantworten darf!

Was verbindet dich heute mit ­Vorarl­berg bzw. was vermisst du?

Ich gehe für mein Leben gerne schwimmen. Und zwar im Bodensee. Vom Lochauer Strandbad bis zum Rohrspitz, ganz egal. Oh, ich gerate sofort ins Schwärmen. Ich lebe jetzt seit über 25 Jahren in Wien und ich habe meinen „Herzens-Badeplatz“ in dieser Stadt, die so viele schöne Plätze bietet, noch nicht gefunden. Der Bodensee lässt sich wohl durch nichts ersetzen, nicht einmal durch die Donau. (lacht)

Zur Person: Lena Reichmuth

Alter, Wohnort: geboren 6. August 1968 in Dornbirn, lebt in Wien

Sprachen: Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch

Musik: Klavier, Flöte, Mezzosopran

Filme/Serien: „SOKO Donau“, „Schnell ermittelt“, „Jud Süss“, „Der Atem des Himmels“ uvm.

Homepage: www.actingforsuccess.com

Hier die ganze WANN & WO-Ausgabe online lesen

(WANN & WO)

Wann_Und_Wo
  • VIENNA.AT
  • Wann & Wo
  • "Jeder kann der Star seines Lebens sein"