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"Je besser man wird, desto weniger hat man an"

Daniel Ladurner beim Tag des Sports auf dem Wiener Heldenplatz
Daniel Ladurner beim Tag des Sports auf dem Wiener Heldenplatz ©vienna.at
Wenn er einmal ins Rollen kommt, kann er sich nur noch selbst bremsen. Daniel Ladurner aus Feldkirch ist fünffacher Weltmeister im Downhill-Skaten und ein Speed-Junkie.

Downhill-Skaten ähnelt dem alpinen Abfahrtslauf. Die Rennläufer rasen mit bis zu 100 Stundenkilometern auf einer Bergstraße talwärts. Mit handelsüblichen Speedskates und hautengen Rennanzügen rattern sie in der Hocke über den Asphalt, auf der Suche nach der schnellsten Linie und den entscheidenden Zehntelsekunden. “Man braucht einen perfekten Lauf, um zu gewinnen”, sagt Daniel Ladurner.

“Ich mag Geschwindigkeit”
Er muss es wissen. Der 25-jährige Vorarlberger gewann bei den Weltmeisterschaften Anfang August in Padua seinen insgesamt bereits fünften WM-Titel, ist damit schon jetzt so etwas wie eine Skater-Ikone. Die Motivation, sich immer wieder aufs Neue mit halsbrecherischer Geschwindigkeit talwärts zu stürzen, “liegt sicher zum Teil in den Genen”, meint Ladurner. “Ich fahre nicht nur mit den Skates schnell – ich mag Geschwindigkeit, auch auf dem Rad oder mit den Schiern.” Und mit dem Auto? “Das läuft nicht so schnell”, grinst er.

Die schnellste Familie Feldkirchs
Gut möglich, dass die Speed-Leidenschaft des Weltmeisters einen genetischen Ursprung hat. Denn die Ladurners sind die schnellste Familie Feldkirchs. Neben Daniel rasen auch seine Schwester Sandra und Vater Werner auf den Skates ins Tal. “Mein Vater war der Erste, der in Vorarlberg Inline-Skates hatte”, erinnert sich Daniel an den Beginn seiner großen Leidenschaft. 1995 bestritt er in Lausanne sein erstes Downhill-Rennen. “Ich war bei jedem Rennen meines Vaters dabei. Anfangs als Vorläufer, dann im Rennen. Irgendwann war ich dann schneller als er.”

“Je besser man wird, desto weniger hat man an”
Die Rennstrecken der Downhiller sind normale Straßen, im besten Fall steil und kurvenreich. Die Streckenlänge variiert zwischen 2,5 und 4,5 Kilometer. In Kurven oder an gefährlichen Stellen wird die Strecke mit Strohballen oder Fangzäunen abgesichert. Den Fahrern sind Vollvisierhelm, Knie-, Hand-, Ellenbogen- und Gesäßschutz vorgeschrieben. “Die schlechteren Fahrer haben mehr an. Je besser man wird, desto weniger hat man an. Die Ausrüstung behindert ja auch ein wenig”, sagt Ladurner.

“Sehr viel Schmerzen”
Wer wirklich schnell sein will, darf nur per Querstellen der Rollen bremsen. Um die Technik zu erlernen, brauche es “sehr viel Training. Sehr viele Stürze. Sehr viel Schmerzen.” Nur eine Handvoll Fahrer weltweit würden das beherrschen. “Viele können es bis zu 50 oder 60 Stundenkilometern, aber bei 80 oder 90 schaffen es nur mehr wenige. Man bremst ja auch so spät wie möglich – und wenn es dann nicht klappt…” Ladurner spinnt den Gedanken nicht weiter. Bis auf Kleinigkeiten wie eine Bänderzerrung und viele Abschürfungen ist der Vorarlberger trotz seiner waghalsigen Manöver bisher von Verletzungen verschont geblieben. “Wenn man oben steht und an Stürze oder Verletzungen denkt, dann macht man den falschen Sport.”

“Man ist immer ein bisschen illegal unterwegs”
Das Training für die riskante Sportart ist oftmals aufreibender als das Rennen. Für gewöhnlich sind die Strecken nicht abgesperrt. “Man fährt normale Bergstraßen, mit dem Auto hoch und dann runter. Da kann es schon mal vorkommen, dass die Polizei kommt”, beschreibt der Weltmeister seinen Trainingsalltag. “Man ist immer ein bisschen illegal unterwegs.” Daheim, in den Ländle-Bergen, sei es ein bisschen leichter: “Nach den Erfolgen kennen uns die meisten, sagen dann eh nichts – halt, dass es verboten ist und dass man das nicht machen soll.”

Weltspitze rückt zusammen
Doch die wachsende Leistungsdichte im Downhill-Skaten macht regelmäßige Trainingsfahrten notwendig. Die Weltspitze rückt immer dichter zusammen. “Bei der heurigen WM hatte ich nur vier Zehntel Vorsprung (bei einer Laufzeit von zwei Minuten, Anm.) auf den Zweiten, man kann sich keinen Fehler mehr erlauben”, sagt der Feldkircher, dessen härteste Gegner aus dem eigenen Land und aus Frankreich kommen. Lyon ist der Hotspot der Downhiller, die Rennen in der französischen Metropole ziehen bis zu 5.000 Zuschauer an.

Reich wird man nicht
Während in Lyon bis zu 100 Rennläufer an den Start gehen, schrumpft die Teilnehmeranzahl bei kleineren Rennen. Bei jedem Rennen in Europa zu starten, ist neben des Zeitfaktors auch ein Kostenfaktor. Reich werden die Downhiller mit ihrem Sport nicht. In Österreich werden die Fahrer wenigstens von der Landes-Sportförderung unterstützt – allerdings nur, “wenn man bei der WM unter den ersten Drei ist”, merkt Ladurner an.

Wirtschaftskrise bremst
Die Wirtschaftskrise hat die verwegenen Downhiller weitaus effektiver gebremst als das Querstellen der Rollen. Ladurner ist früher zehn Rennen pro Saison gefahren, heuer waren es nur noch vier. “Die Veranstalter tun sich schwer, Sponsoren zu finden. Absperrungen und Absicherungen sind nicht billig.”

Immer schneller
Trotz der Schwierigkeiten entwickelt sich der Sport weiter. Bei 104 Stundenkilometern liegt der offizielle Geschwindigkeitsrekord für Downhill-Skater. Freilich nur eine Momentaufnahme. Die Streckenzeiten verbessern sich jedes Jahr um eine halbe Sekunde – das Material spielt dabei die geringste Rolle. “Körperlich und technisch werden die Fahrer stärker”, erklärt Ladurner. “Es bringt ja nichts, wenn jemand gute Rollen hat und er kann nicht fahren.”

Video mit Daniel Ladurner (I):


Beasty-Crew

Philipp | MySpace Video

Video mit Daniel Ladurner (II):


Beasty Crew Downhill Sports 2006 – MyVideo Österreich

Daniel Ladurner
Geboren: 27. November 1983 in Feldkirch
Familienstand: ledig
Beruf: Teamleader Firma Hilti (Wareneingang)
Internet: www.beasty-crew.com
Größte Erfolge: Downhill-Weltmeister 2002, 2003, 2006, 2008 und 2009; Vize-Weltmeister 2001 und 2007; WM-Dritter 2000 und 2004; RTL-Weltmeister 2005; zweimal „Red Bull King of the Hill“; Weltcup-Gesamtsieger 2001, 2002, 2006, 2007, 2008 und 2009

Martin Ucik / Johanna Mayer

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