“Er hat zu mir gesagt, er bekommt von der Polizei keinen Schutz”, erinnerte sich die Witwe. Dabei hatte sich vor allem ein mit Israilov befreundeter Flüchtlingsbetreuer schon Wochen vor der Bluttat in an die Polizei gerichteten Mails darum bemüht. Am Nachmittag wurde Israilovs Vater als Zeuge erwartet.
Umar Israilov war 2005 mit seiner Ehefrau aus Tschetschenien geflüchtet. Ursprünglich hatte der Mann aufseiten der Rebellen für ein von Russland unabhängiges Tschetschenien gekämpft. Er wurde gefangen genommen und soll dabei vom späteren, von Vladimir Putin eingesetzten tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow persönlich gefoltert worden sein. Um sein Leben zu retten, verdingte sich Israilov dann in Kadyrows Leibwache, ehe er mit der Vorgabe, sich auf Kur begeben zu wollen, ins Ausland absetzte und dort vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein Verfahren gegen Kadyrow in Gang brachte.
Wie nun seine Witwe darlegte, wurde Umar Israilov bereits in Polen bedroht, das ihm ein paar Monate als Zwischenstation diente, ehe er nach Österreich gelangte. Kadyrow habe ihn dort zweimal mit dem Mobiltelefon seines, Umar Israilovs, Vater angerufen und ihn wissen lassen, dass er den Vater ins Gefängnis gesteckt habe: “Beim ersten Mal hat Kadyrow geschimpft und gesagt, dass er die gesamte Sippe beseitigt, wenn Umar nicht zurückkommt.”
Den zweiten Anruf des Präsidenten habe ein Freund Umars entgegengenommen. Diesen habe Kadyrow gebeten, er möge ihrem Mann ausrichten, dieser habe die beim EGMR eingebrachte Klage zurückzuziehen und nach Tschetschenien zurückzukehren, sonst werde er “jemanden nach Europa schicken”, so die Zeugin.
Ihrer Schilderung zufolge war Umar Israilov in Österreich seit dem Sommer 2008 nur mehr bedingt sicher. Damals habe ein Tschetschene mit den Worten “Eine zweite Warnung wird es nicht geben” ihren Mann bei einem Treffen auf der Donauinsel aufgefordert, die rechtlichen Schritte gegen Kadyrow zurückzuziehen. Im Dezember 2008 habe dann Otto K. – der Erstangeklagte im Wiener Schwurgerichtsverfahren, der laut Anklage Israilovs Entführung und beabsichtigte Verbringung nach Tschetschenien geplant haben soll – zu überwachen begonnen. Ihr Schwager habe Umar mehrfach vor Otto K. gewarnt, von dem bekanntgewesen sei, dass er sich in inniger freundschaftlicher Umarmung mit Kadyrow fotografieren hatte lassen.
Dass der tschetschenische Präsident den Tod ihres Mannes zu verantworten hat, steht für die Witwe außer Zweifel. “Jeder, der einen Kopf auf den Schultern hat, hat gewusst, dass das Kadyrows Leute waren, die einen unschuldigen Menschen umgebracht haben,” bemerkte sie abschließend.