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Israilov-Prozess: "Habe mit dieser Tragödie nichts zu tun"

Prozess gegen drei Männer wegen Mordes im Fall Israilov im Grossen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts
Prozess gegen drei Männer wegen Mordes im Fall Israilov im Grossen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts ©APA/HERBERT PFARRHOFER
Mit der Einvernahme des Hauptangeklagten im Prozess um den am 13. Jänner 2009 in Wien-Floridsdorf erschossenen Umar Israilov ist am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht die Verhandlung fortgesetzt worden.
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Otto K. (42), angeblich ein enger Vertrauter des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow und laut Anklage mit der Planung der beabsichtigten Entführung Israilovs betraut, versicherte den Geschworenen: “Ich habe mit dieser Tragödie nichts zu tun.”

Der Mann bestritt entschieden, am Vorabend im niederösterreichischen Sollenau unter anderem mit den Männern, die Israilov ursprünglich überwältigen sollten und diesen dem Staatsanwalt zufolge deshalb zu Tode brachten, weil sich der 27-Jährige heftig zur Wehr setzte, den Tatablauf besprochen zu haben. Er sei zwar mit dem Zweitangeklagten Suleyman D. und Letscha B., der auf Israilov die tödlichen Schüsse abgegeben haben soll, zu einem Werkstatt gefahren, habe das Auto aber gar nicht verlassen: “Ich hatte zu viel getrunken. Ehrlich gesagt wollte ich nicht, dass man mich in dem Zustand sieht.”

Zweck des Treffens sei die Bereinigung eines Streits gewesen, den der mit ihm befreundete Letscha B. mit einem Landsmann um eine Frau hatte. Er habe “laute Schreie” mitbekommen und “viele Leute” gesehen, sagte Otto K.: “Vielleicht hab’ ich auch nur geträumt. Ich war betrunken, es war Nacht.”

Dass sich Suleyman D. und Letscha B. am 13. Jänner mit seinem Volvo nach Wien begaben, um die Adresse von Israilov aufzusuchen, stellte Otto K. als alltäglichen Umstand dar: “Alle Leute, die mich kennen, können bestätigen, dass ich immer wieder mein Auto ausgeborgt habe. Es war nicht einmal nötig, mich zu fragen.” Seine Freunde hätten einfach den in seiner Wohnung herumliegenden Autoschlüssel an sich genommen, während er noch alkoholisiert im Bett lag.

Dass er den Feststellungen der Polizei zufolge vor der Bluttat ständig Telefonate mit den weiteren beiden Angeklagten und anderen, möglicherweise in das blutige Geschehen verwickelten Männern führte, tat der Erstangeklagte mit der Bemerkung ab, es habe sich dabei um “ganz gewöhnliche Gespräche” gehandelt: “Vielleicht hat es mit dem Neujahrsfest zu tun gehabt.” Teile der von der Polizei vorgenommenen Rufdaten-Auswertung bezeichnete der Angeklagte als “nicht richtig. Ich bedanke mich beim Hersteller dieser Tabellen.” Auch nach dem Mord habe es keine ihn belastenden Telefonate gegeben: “Ich bezweifle zutiefst, dass ich solche Gespräche geführt habe.”

“Kadyrow hat damit nichts zu tun”

Otto K. betonte in seiner Einvernahme, der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow habe “mit der Tragödie vom 13. Jänner nichts zu tun”. Er erklärte den Geschworenen, den Staatschef im Dezember 2008 anlässlich einer Reise nach Tschetschenien getroffen zu haben. Er hätte regen Kontakt zu zahlreichen tschetschenischen Flüchtlingen in Österreich, sei für diese als “Friedensstifter” tätig und von diesen immer wieder gefragt worden, ob die in westlichen Medien kolportierten Berichte über Tschetschenien den Tatsachen entsprächen.

Also habe er sich selbst ein Bild machen wollen, erläuterte der Erstangeklagte: “Ich wollte der Welt zeigen, was in Tschetschenien wirklich passiert.” Seit seiner Flucht im Jahr 2006 habe er “nur Negatives” vernommen. Was er an Ort und Stelle zu sehen bekam, unterscheide sich davon “wie Himmel und Erde”. Das Land sei großteils wieder aufgebaut, was angeblich systematische Menschenrechtsverletzungen betrifft, “sage ich nicht, dass das stimmt, solange ich das persönlich nicht gesehen habe”. Wahrgenommen habe er diesbezüglich jedenfalls nichts. Er trete “allen falschen Behauptungen, die hier verbreitet werden, damit der Krieg dort weiter geht und die Situation in Tschetschenien destabilisiert wird”, mit Nachdruck entgegen: “Zu 90 Prozent sind das Lügen.”

Bei seinem Gespräch mit Kadyrow habe er diesem “sehr viele Fragen gestellt” und “ersucht, dass objektive Nachrichten via Fernsehen nach Europa ausgestrahlt werden”. Kadyrow habe auf dieses Ansinnen wohlwollend reagiert. Zu seinem von der Staatsanwaltschaft behaupteten innigen Verhältnis zum tschetschenischen Präsidenten wurde Otto K. vorerst nicht befragt. Der 42-Jährige hielt fest, dass Kadyrow grundsätzlich die Rückkehr aller Vertreter der tschetschenischen Diaspora wünsche: “Wenn sie keine Unterkunft haben, werden sie eine bekommen.”

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