Markus Schairer steht da wie ein fleischgewordener Besenstiel. Als er im Besucher-Café des Olympischen Dorfes auf dem graubraunen Stoffsofa Platz nimmt, geschieht dies in Zeitlupe und mit schmerzverzerrter Miene. “Geht schon”, nickt der Montafoner, wohl wissend, dass dabei der Wunsch Vater des Gedankens ist. Schairer, 2009 Weltmeister, Triumphator der Olympia-Generalprobe in Cypress Mountain und Gesamtweltcupsieger, galt als Österreichs heißeste Edelmetallaktie im Snowboard Cross. Bis vor 13 Tagen. Denn am 30. Jänner zerschellte der Vorarlberger bei den “X-Games” in Aspen nach einem Ausweichmanöver (“Sonst wäre der Bursche hin gewesen”) in einem Gegenhang: kurzfristige Bewusstlosigkeit, Gehirnerschütterung, drei gebrochene und zwei angebrochene Rippen und Prellungen am ganzen Körper. Als wenig später im Spital von Aspen auch der Traum von der ersten Olympia-Teilnahme in die Brüche gegangen schien, war der 22-Jährige fertig mit sich und der Welt, wie er meinte. “Nie zuvor habe ich einen ähnlichen Herzschmerz erlebt. Als Luki (Anm. d. Red.: Tirols Olympia-Hoffnung Lukas Grüner) an meinem Krankenbett gestanden ist, habe ich vor lauter Heulen kein Wort rausgebracht.”
Der Olympiatraum lebt
Die Stunden und Tage voller Ohnmacht, Enttäuschung und Bitterkeit verwandelten sich letztlich in trotzigen Kampfgeist. Nach einem Besuch bei Vertrauensarzt Christian Schenk, der ihm zwar bei einem möglichen Olympia-Start unermessliche Schmerzen, aber keine Verschlimmerung der Verletzung in Aussicht stellte, begann er wieder seinen olympischen Traum zu träumen. Seit Dienstag ist er da in Vancouver, um heute das erste von drei Trainings zu bestreiten und um am Montag nach Edelmetall zu greifen. “Angeschossenes Wild ist oft am gefährlichsten”, hält es Schairer mit dem Prinzip Hoffnung. Auch wenn er kaum anständig gehen kann und ein erhöhter Pulsschlag zu Atemnot führt, hat er sich seine olympischen Läufe gedanklich bereits ausgemalt. Wieder und immer wieder. Visualisierungstraining nennt man das. Und wie, bitteschön, malt man sich gedanklich den Schmerz aus, wenn man sich mit voller Wucht aus dem Starthaus katapultiert? “Es wird schon irgendwie gehen”, sagt Schairer und beruft sich auf die Möglichkeit von Schmerzmitteln. “Vor dem ersten Training werde ich mir schon ein paar Voltaren reinschmeißen. Manchmal muss man auch ein Schwein sein zum eigenen Körper.” Sprachs und erhob sich aus dem Sofa. In Zeitlupe und mit schmerzverzerrter Miene.