“Diese Länder sind europäische Länder. Die Menschen sind Europäer und sie verdienen auch eine europäische Zukunft. Diese Perspektive dürfen wir ihnen auch nicht nehmen”, sagte Inzko am Rande des EU-Außenministertreffens am Samstag im südböhmischen Frauenberg (Hluboka).
Konkret auf die Position der deutschen CDU angesprochen, wonach in absehbarer Zeit nur noch Kroatien in die EU aufgenommen werden soll, sagte Inzko: “Ich glaube, man soll das auch in der Perspektive sehen, dass es jetzt Wahlen gibt in der Bundesrepublik und dass es wirklich eine allgemeine Erweiterungsmüdigkeit gibt in Europa und auch rein technisch: wenn einmal 30, 35 Länder drinnen sind in der Europäischen Union brauchen wir wirklich ein vereinfachtes Verfahren, wie die Mehrheiten bei den Entscheidungen gefunden werden.”
Beim Treffen der EU-Außenminister in Hluboka sei bestätigt worden, dass “die Bereitschaft besteht, an der Erweiterungsperspektive zu arbeiten”. Die Länder Südosteuropas könnten auch selbst das Tempo ihrer Annäherung an die EU bestimmen, sagte Inzko. So sei Mazedonien bei der Visa-Liberalisierung weit fortgeschritten, weil es bei der Einführung biometrischer Daten und bei Rückübernahmeabkommen mehr als andere Staaten gemacht habe.
Inzko glaubt nicht, dass die EU noch heuer die Kontrolle über Bosnien-Herzegowina völlig von der Staatengemeinschaft übernimmt. “Manche sprechen davon, ich gehöre nicht dazu, weil es haben alle Hohen Repräsentanten bereits versprochen, das Büro zu schließen. Aber manche Länder sprechen davon, dass der 31. Dezember ein realistisches Datum wäre”, sagte der internationale Hohe Repräsentant, der in Personalunion auch EU-Sonderbeauftragter für Bosnien ist.
Für Bosnien müssten zuerst die von der EU und vom Friedens-Implementierungsrat (PIC) gesetzten Ziele und Bedingungen erreicht werden, sagte Inzko. Bei den Zielen gehe es vor allem um die Aufteilung des Staatseigentums, bei den Bedingungen um eine stabile politische Lage. Letztere sei dann gegeben, wenn es ordentliche Wahlen und eine gute Verfassung gebe. In Bosnien gebe es natürlich Spannungen zwischen den Volksgruppen. Alle seien sich aber darin einig, dass sie in die Europäische Union wollten.
Inzko äußerte sich auch optimistisch in Hinblick auf eine mögliche Lösung zwischen Slowenien und Kroatien im Grenzstreit um den Adria-Zugang. “Ich habe den Eindruck, dass es da eine Lösung geben wird mit Hilfe der Europäischen Union.” Details könne er aber nicht nennen. Der von Außenminister Michael Spindelegger vorgebrachte Ansatz – eine Trennung der Meereszugangs von anderen Fragen – sei gut gewesen. “Er wird sicher auch aufgenommen in das Verhandlungsteam von (Erweiterungskommissar) Olli Rehn”, sagte Inzko.
“Die französisch-deutsche Freundschaft ist das größte Phänomen nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Wenn es da gelungen ist, dann muss es auch in Südosteuropa gelingen”, sagte Inzko. Sollte der slowenisch-kroatische Grenzstreit weiterhin nicht gelöst werden, wäre das Signal nicht gut für die gesamte Region.