Inzko fordert mehr positive Atmosphäre in Bosnien
Es sei
“ein gemeinsames Ziel”, das Büro des Hohen Repräsentanten (OHR) zu
schließen, sagte Inzko am Freitag anlässlich eines Besuchs von
Außenminister Michael Spindelegger (V) in Sarajevo. Die Entscheidung
darüber liege beim internationalen Friedensimplementierungsrat (PIC),
unterstrich Inzko.
Diese Entscheidung werde auch anhand der Atmosphäre getroffen, die
von den Politikern des Landes selbst geschaffen werde, so Inzko. “Das
OHR kann aber nicht geschlossen werden, wenn die Lage nicht danach
ist.” Die Haltung der Internationalen Gemeinschaft sei eine
einheitliche: “In der Weltpolitik gibt es keinen Platz für eine
hetzerische Politik.”
Europa sei diesbezüglich ein Vorbild für den Dialog, erklärte der
österreichische Diplomat, der vor seinem Wechsel nach Sarajevo
Botschafter in Slowenien gewesen war, und erinnerte daran, dass
beispielsweise Deutschland und Frankreich an zwei Weltkriegen
beteiligt gewesen seien. Heute würden sie als Säulen der Europäischen
Union fungieren. “Das zeigt, dass die Versöhnung möglich ist.” Diese
könne aber durch “scharfe Rhetorik” gefährdet werden.
Inzko wies in diesem Zusammenhang auch Kritik des
bosnisch-serbischen Regierungschefs Milorad Dodik am Büro des Hohen
Repräsentanten (OHR) zurück: “Das OHR ist hier seit 13 Jahren ein
stabilisierender Faktor”. Es habe auch dazu beigetragen, dass
Bosnien-Herzegowina vor die Türen der EU gekommen sei. Zu Aussagen
des serbischen Außenministers Vuk Jeremic, der Bosnien-Herzegowina
als “UNO-Protektorat” mit einem internationalen “Vizekönig” als
Verwalter bezeichnet hatte, meinte Inzko: “Wir müssen bei
Formulierungen vorsichtig sein”. Er erinnerte daran, dass auch
Belgrad im Jahr 1995 seine Zustimmung zur derzeit noch gültigen
Ordnung gegeben habe.
Inzko und Spindelegger waren einer Meinung, dass
Bosnien-Herzegowina längerfristig von der “Dayton-Logik” zur
“Brüssel-Logik” kommen müssen. Damit ist die Ablösung des OHR durch
einen EU-Sonderbeauftragten gemeint, der keine umfassenden
Durchgriffsrechte in der bosnischen Politik mehr hätte. Der
Außenminister bekräftigte, dass Österreich die Annäherung des Landes
an die EU weiter unterstützen werde, “auch wenn andere
Mitgliedsländer das derzeit nicht so tun.” Ohne als “Lehrmeister”
auftreten zu wollen, forderte Spindelegger aber, dass Reformen in
Bosnien gemeinsam umgesetzt werden müssten. Das sei unverzichtbar,
“wenn man vorankommen will.” Österreich wolle aber mithelfen, Bosnien
“ein Stück näher an Europa” zu bringen. “Das ist unser Ziel, zu dem
wir gemeinsam gehen wollen.”
Inzko erklärte weiters, dass Bosnien-Herzegowina durch die
Weltwirtschaftskrise doppelt herausgefordert werde: “Es gibt
einerseits den globalen Druck, andererseits die einheimische
Situation. Eine Krise ist aber auch eine Chance für Veränderungen,
für die bisher vielleicht kein Platz war. So gesehen bin ich gemäßigt
optimistisch.”
Bosnien-Herzegowina ist seit dem Dayton-Vertrag 1995 in zwei
Entitäten – die Bosniakisch-kroatische Föderation und die Republika
Srpska – geteilt. Nach EU-Ansicht soll das ebenfalls seit 1995
bestehende OHR durch einen EU-Sonderbeauftragten abgelöst werden. Die
USA und Russland sind dazu vorläufig eher skeptisch.
Für die geplante Veränderung muss aber erst ein Paket mit fünf
Forderungen und zwei Bedingungen abgeschlossen sein. Dabei geht es um
die Klärung von Fragen des staatlichen Immobilieneigentums, des
Vermögens im Verteidigungsbereichs sowie die finanzielle
Nachhaltigkeit der Staatsorganisationen und die Reform des
Justizwesens. Weitgehend geklärt ist bereits der Status des
Brcko-Distrikts. Bedingungen sind eine Zustimmung durch den
Friedensimplementierungsrats, der die Situation im Land bewerten
muss, und die bereits erfolgte Unterzeichnung des Stabilisierung- und
Assoziierungsabkommens (SAA) mit der EU.
Spindelegger, der am späteren Nachmittag die Heimreise nach Wien
antrat, traf im Rahmen seines Aufenthalts ins Sarajevo auch mit
Außenminister Sven Alkalaj und zwei der drei Vertreter des nach
ethnischem Proporz besetzten Staatspräsidiums zusammen. Anwesend
waren der Bosniake Haris Silajdzic und der Kroate Zeljko Komsic, der
Serbe Nebojsa Radmanovic weilte im Ausland.