AA

Interview mit Anna Fenninger - "Ich bin ich"

Die 21-jährige Anna Fenninger hat sich am Freitag die Goldmedaille in der Super-Kombination der alpinen Ski-Weltmeisterschaften in Garmisch-Partenkirchen geholt. Die Salzburgerin feierte den größten Erfolg ihrer Karriere und fand in der Pressekonferenz offene Worte.

Frage: Wo waren Sie nervöser? Am Start des Slaloms oder im Ziel,
als noch drei gekommen sind?
 Anna Fenninger: “Am Start wusste ich nicht so genau, was kommt da
jetzt auf mich zu. Ich wusste, ich muss kämpfen und habe mir während
des Fahrens eingeredet, ‘kämpf weiter’. Das habe ich auch gemacht.
Als ich im Ziel war und vorne war, wusste ich, das reicht für eine
Medaille. Das war das Schönste für mich. Was dann passiert ist, als
die Drei noch gekommen sind, habe ich nicht so mitbekommen. Nur so
nebenbei. Dann auf einmal waren sie herunten und hinten. Es ist alles
 so schnell gegangen, dass ich das nicht gecheckt habe am Anfang.”

 Frage: Nach einer verpatzen Olympiasaison präsentieren Sie sich
heuer so stark. Wie kommt das zustande?
 Fenninger: “Die letzte Saison war sehr schwierig für mich. Ich war
danach sehr geknickt, ich wollte nichts mehr trainieren, weil ich mir
 gedacht habe, es ist eh alles umsonst, weil nichts aufgegangen ist,
was ich mir vorgenommen habe. Ich habe Abstand genommen vom
Skifahren, mich neu besinnt, Kondi trainiert und mich fit gehalten.
Und dann habe ich mir gedacht, es ist eine neue Saison. Ich wusste
ja, ich kann Ski fahren.”

  Frage: Mit welchen Erwartungen sind Sie in den Winter gegangen?
Fenninger: “Ich hatte keine Erwartungen in die Saison, ich habe so
gut es geht trainiert – jeden Tag. Ich habe jeden Tag genutzt, ich
habe am Material sehr viel geändert und dann hat es zu laufen
angefangen. Wie so ein Schalter, der dann umgelegt war. Dann habe ich
 nicht mehr locker gelassen und immer weiter gearbeitet. Ich wusste,
ich bin am richtigen Weg. Ich hatte gute Weltcupergebnisse und habe
viel gelernt heuer. Ich hatte Ausfälle, die auch begründet waren,
weil ich mir zu viel Druck gemacht habe. Heute war das Wichtigste für
 mich, bei mir zu bleiben. Und nicht zu viel zu wollen. Nur das zu
wollen, was geht. Ich selbst bleiben. Und drum bin ich, glaube ich,
auch heuer so stark.”

  Frage: Wie genau meinen Sie das, Sie wollten bei sich bleiben?
  Fenninger: “Wie ihr alle mitbekommen habt, ist bei der WM schon
wieder Trubel um Lindsey Vonn und Maria Riesch und so weiter. Mich
kotzen die Fragen über andere an. Ich beantworte nicht gern Fragen
über andere. Ich bin ich, ich will mich verkaufen an die Presseleute.
 Drum rede ich nicht gern über andere, denn es geht um mich in dem
Sport. Wenn ich immer nur auf andere schaue, komme ich selber nicht
weiter. Ich habe mir als Ziel gesetzt, dass ich alles, was
drumherum ist, wegblende, dass mir das egal ist. Dass ich bei mir
bleibe.”

  Frage: Sie sind eine starke Abfahrt gefahren, wussten, eine
Medaille könnte drinnen sein. Haben Sie das im Slalom ausblenden
können?
  Fenninger: “Es war mein Ziel, dass ich das alles ausblende.
Natürlich habe ich darüber nachgedacht, wer ist da vorne mit dabei,
wer kann Slalom fahren, wer nicht, wie sind meine Chancen? Mein
Traum war, eine Medaille zu machen. Und ich wusste, es ist möglich.
Aber wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich das Rennen gewinne, hätte
 ich es nicht geglaubt. Der Schlüssel war, dass ich mir immer wieder
eingeredet habe, fahr einfach deinen Slalom, so wie du es kannst.
Egal was rundherum ist. Ich war nicht überrascht über meine Leistung.
 Ich war stolz darauf, dass ich es im Rennen umgesetzt habe. Ich habe
 nicht viel Slalom trainiert, aber intensiv. Mit Gaude – und ich habe
 mir auch was dabei gedacht. Ich habe an mein Können geglaubt.”

  Frage: Mit Vonn und Riesch sind die Top-Favoritinnen nicht ganz
fit. Bringt das eine spezielle Motivation?
  Fenninger: “Man merkt, dass die Topfavoriten angeschlagen sind.
Aber jeder Mensch wird mal krank und Stürze passieren. Vielleicht ist
 es ein blöder Zufall, dass genau beide jetzt angeschlagen sind, aber
 auch wenn sie fit wären, wäre es genauso ein Kampf um den Sieg. Da
wären die Medaillen nicht schon fix vergeben. Eine Weltmeisterschaft
ist immer eine besondere Situation. Maria hat sicher von außen Druck,
 es ist ihre Heim-WM. Wenn ich von außen Druck bekomme, dann tue ich
mir schwer, meine Leistung umzusetzen.”

  Frage: Seit Sie Ihr Weltcup-Programm gekürzt haben, läuft es
besser. Haben Sie in der Vergangenheit auch den Druck bekommen, dass
Sie so viele Rennen fahren müssen?
  Fenninger: “Ich war jung, hatte keine Erfahrung. Die Trainer haben
mich in die Rennen reingeschmissen und gesagt, ‘das fährst du, das
kannst du’. Ich habe das auch immer geglaubt, aber eigentlich war es
viel zu viel. Das habe ich erst jetzt nach dem letzten Jahr gecheckt,
dass alles zu viel ist. Heuer habe ich zurückgeschaltet, es hat
Früchte getragen. Ich kann nun für mich selbst entscheiden, was ich
fahre, was nicht. Das konnte ich früher nicht, weil ich die Erfahrung
 nicht hatte.”

  Frage: Auch ihre Teamkollegin Elisabeth Görgl hat nach Super-Gold
erzählt, dass sie einmal nach dem Sinn gefragt hat, dass sie kämpfen
musste. Ist das Zufall, dass jetzt nach dem zweiten Bewerb Sie hier
sitzen und damit wieder eine Österreicherin?
  Fenninger: “Ja, ich glaube schon. Die Lizz und ich haben eigentlich
 so gut wie nichts gemeinsam. Vom Typ sind wir grundsätzlich
unterschiedlich. Natürlich können wir beide gut Ski fahren, haben
beide von dem hier geträumt.”

  (Aufgezeichnet von Birgit Egarter/APA aus Garmisch-Partenkirchen)

  • VIENNA.AT
  • Wintersport
  • Interview mit Anna Fenninger - "Ich bin ich"
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen