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Internationaler Schlepper-Ring zerschlagen: Polizei fasst 92 Personen

Pressekonferenz zum Schlag gegen die Schlepperkriminalität mit Karner und Braunschmidt.
Pressekonferenz zum Schlag gegen die Schlepperkriminalität mit Karner und Braunschmidt. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Schon seit 2021 wurde gezielt gegen die Schlepperkriminalität in Österreich ermittelt. Der Polizei gelang dabei ein Schlag gegen die Menschenschmuggler, insgesamt konnten 92 Personen festgenommen werden, wie am Donnerstag Bilanz gezogen wurde.
Schlepper schoss auf Soldaten
Tote Flüchtlinge in Klein-Lkw
Spektakuläre Flucht aus Haft

Die Polizei hat eine internationale Schlepperorganisation zerschlagen, die in großem Ausmaß Migrantinnen und Migranten von Ungarn nach Österreich gebracht hat. Insgesamt 205 Menschen wurden in Österreich, der Slowakei, Tschechien und Rumänien festgenommen.

Die Bande soll mehr als 36.100 Menschen geschleppt haben. Auf das Konto der Organisation gehen auch Schüsse auf Grundwehrdiener im Burgenland im Jänner sowie zwei erstickte Flüchtlinge in einem Klein-Lkw im Oktober.

Schlag gegen internationale Schlepper-Mafia: 92 Festnahmen

Die Ermittlungen begannen 2021, insgesamt 80 Schlepperfahrzeuge wurden sichergestellt. Geschleppt wurden großteils Syrer, darunter auch viele Kinder und Kleinkinder im Alter von zwei Jahren. Die Menschenschmuggler sollen einen Umsatz von etwa 152 Millionen Euro gemacht haben, hieß es bei einer Pressekonferenz am Donnerstag im Innenministerium in Wien. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) gab die Details gemeinsam mit Franz Popp, Landespolizeidirektor Niederösterreichs, und Gerhard Braunschmidt, Leiter des Landeskriminalamts Burgenland, bekannt.

"Es ist einer der größten Erfolge im Kampf gegen die Schleppermafia der letzten Jahre", sagte Karner. "Bei diesen Banden ist ein Menschenleben nichts wert, da geht es um Profit, Geldgier, um brutale Mafiamethoden", sagte der Innenminister und kündigte an, weiterhin mit Nachdruck und allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen Schlepperkriminalität vorzugehen.

Menschenschmuggel seit 2021 erheblich angestiegen

Seit dem Beginn des Jahres 2021 wurden vom Landeskriminalamt Burgenland vermehrt Schleppungen von Migranten über Grenzübergänge im Burgenland und über die grüne Grenze beobachtet, die vornehmlich mit Kleintransportern durchgeführt wurden. Diese Schleppungen, bei denen im Schnitt 30 Migranten transportiert wurden, führten allesamt in den Raum südlich von Wien. Die Erhebungen der Kriminalisten aus dem Burgenland ergaben, dass diese Fahrten einer einzigen kriminellen Schlepperorganisation zuzuordnen waren.

Haupttäter in Österreich einschlägig bekannt - aus Haft geflüchtet

In Zusammenarbeit mit den rumänischen Polizeibehörden und dem rumänischen Verbindungsbeamten wurde festgestellt, dass es sich bei dem Haupttäter und Chef der Organisation um den in Österreich bereits einschlägig bekannten 28-jährigen rumänischen Staatsbürger Nicu Gavril O. handelt. Der Kopf der Bande saß eigentlich in St. Pölten bereits in Haft, ihm gelang allerdings im November 2020 nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung spektakulär die Flucht.

Er wurde vergangene Woche durch einen Hinweis gefasst. "Am 4. Mai wurde der Kopf der Organisation in Rumänien festgenommen", sagte Popp. Das Verfahren wird nun in Rumänien abgehandelt, über eine mögliche Auslieferung entscheidet dann die Justiz, erläuterte Braunschmidt.

Tote Flüchtlinge in Klein-Lkw entdeckt

Im Oktober 2021 entdeckten Polizisten bei der Kontrolle eines Kastenwagens bei Siegendorf 29 Menschen im Inneren des Fahrzeugs, zwei Personen waren erstickt. Auch diese Schleppung wurde der Organisation des 28-Jährigen zugeordnet. Der flüchtige Fahrzeugschlepper wurde in Lettland ausgeforscht, gefasst und ausgeliefert. Der 19-Jährige wird sich wegen Mordes und Schlepperei verantworten müssen.

Schlepperfahrzeuge in Autowerkstatt umgebaut

Das Landeskriminalamt Burgenland nahm im Oktober 2021 zahlreiche Mitglieder der Organisation fest. Darunter war auch ein hochrangiges Mitglied der Organisation in Wien. Es wurde eine Werkstätte der Organisation in Himberg, in der die Schlepperfahrzeuge umgebaut wurden, ausgeforscht und andererseits konnte eine Unterkunft für Fahrzeugschlepper in Wien-Penzing identifiziert. Am 17. Jänner schoss ein Schlepper im südlichen Burgenaland auf Grundwehrdiener. Auch dieser Schlepper - er wurde in Ungarn gefasst - gehörte zur Gruppe des 28-Jährigen. Nach diesem Vorfall endeten die Schleppungen im Burgenland und verlagerten sich über Tschechien zum Norden Niederösterreichs.

Sechs Schlepper in Wiener Hotel festgenommen

"Die Umstände der Schleppungen waren deckungsgleich", erläuterte LPD-Direktor Popp. "Es war relativ klar, dass die Organisation die Route geändert hatte". Nunmehr wurden jedoch keine Kleintransporter mehr verwendet, sondern Kombis und Vans. In die Fahrzeuge wurden Luftfedern eingebaut und "mindestens zehn Personen in den Kombis und in den Vans bis zu 17 Personen geschleppt", berichtete Popp. Bei Vernehmungen bereits gefasster Schlepper gab es Hinweise auf eine Schlepperunterkunft in Wien-Favoriten. In einem dortigen Hotel wurden am 18. November 2021 sechs Schlepper angetroffen und zahlreiche Fahrzeuge sichergestellt. Durch Befragungen stießen die Ermittler auf ein führendes Mitglied der Organisation mit Wohnsitz in Wien, der Mann wurde unter Observation gestellt.

Dabei stießen die Ermittler auch auf eine Auto-Werkstätte in Biedermannsdorf, die für den Umbau der Schlepperfahrzeuge verantwortlich war, sowie auf eine Werkstatt in der Leopoldstadt, die den Ankauf der Luftfedern und mechanisch aufwendige Reparaturen übernahm. Am 25. Jänner wurde der Mann von Zielfahndern in Wien festgenommen. Er zeigte sich in seiner Vernehmung umfassend geständig und gab den vernehmenden Beamten wertvolle Hinweise zur Struktur der Organisation, Örtlichkeiten und beteiligten Personen bekannt. Letztlich wurde durch die zahlreiche Polizeibehörden die strukturell und organisatorisch aufgebaute kriminelle Vereinigung zerschlagen. Karner lobte die gute Zusammenarbeit mit den internationalen Polizeibehörden, insbesondere Rumänien.

Bande soll mehr als 36.000 Menschen geschleppt haben

Die meisten Migranten wollten weiter nach Deutschland, Benelux und Frankreich. Ab Wien übernahmen andere Organisationen die Schleppungen. Die Ermittler schätzen, dass eben seit Anfang 2021 von der Organisation des 28-Jährigen mehr als 36.000 Menschen geschleppt wurden. Die Berechnungen befinden sich allerdings "auf der unteren Grenze", sagte Popp. Im Burgenland waren regelmäßig zwei Fahrzeuge unterwegs, in Niederösterreich zumindest zwei und an Spitzentagen bis zu 16 Fahrzeuge am Tag, erläuterte der LPD-Direktor. 19 Schlepper, die im Burgenland gefasst wurden, standen schon vor Gericht. Sie erhielten vor drei Wochen Haftstrafen von 1,5 bis zu vier Jahren.

Österreich ist besonders von Organisierter Kriminalität betroffen, sagte Karner. "Nicht zuletzt der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat diese Form der Kriminalität neuerlich befeuert. Schlepper werben unverhohlen damit, dass man die Fluchtbewegungen der ukrainischen Kriegsvertriebenen nun ausnützen müsse, um in die Europäische Union zu gelangen", sagte der Innenminister. Diese Entwicklungen seien der Grund, warum Österreich die Grenzkontrollen für weitere sechs Monate verlängert habe. "Die Bekämpfung der Schlepperei gehört dabei zu den wichtigsten Gründen", meinte Karner. Alleine seit 2. Mai sind bei Schwerpunktaktionen 30.000 Personen überprüft worden und 350 illegal eingereiste Personen festgestellt worden, erläuterte der Innenminister. Sechs Schlepper wurden in diesen zehn Tagen festgenommen.

(APA/Red)

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