AA

Integrationsministerium: Türkis-grüne Koalition mit neuem Ministerium

Bei den Verhandlungen wurde ein neues Ministerium ins Leben gerufen.
Bei den Verhandlungen wurde ein neues Ministerium ins Leben gerufen. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen wurde ein neues Ministerium ins Leben gerufen: Das Integrationsministerium. Besetzt werden soll es von Susanne Raab (ÖVP).

Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen haben ein neues Ministerium zutage gebracht. Besetzt werden soll das neu geschaffene Integrationsministerium mit Susanne Raab. Die Kurz-Vertraute aus Oberösterreich ist derzeit Leiterin der Integrationssektion im Außenministerium. Die ÖVP bestätigte die neue Integrationsministerin am Montag, weitere Posten waren noch Gegenstand von Spekulationen.

Susanne Raab soll Integrationsministerin werden

Als fix mitgeteilt wurde am Montag, dass die "neue Bundesregierung", wie es in einer Mitteilung der ÖVP hieß, ein eigenes Integrationsministerium schafft. Die künftige Ministerin in diesem Ressort, nämlich Susanne Raab (ÖVP), gilt als Integrationsexpertin und ist seit 2011 in den verschiedensten Bereichen der Integration tätig.

Sie war etwa für die Ausarbeitung des Islamgesetzes unter Ex-Kanzler Sebastian Kurz mitverantwortlich, arbeitete beim Burkaverbot und an der Integrationsinitiative "Integration durch Leistung" mit. Als neue Integrationsministerin soll Raab die konsequente Linie im Kampf gegen Parallelgesellschaften und den politischen Islam fortsetzen sowie in enger Zusammenarbeit mit dem Innenminister die Herausforderungen in der Migrationsfrage lösen, teilte die ÖVP am Montag mit.

Kurz über Raab: "Junge und sehr erfahrene Integrationsexpertin"

ÖVP-Chef Kurz bezeichnete Raab als "junge und sehr erfahrene Integrationsexpertin". "Sie verfügt über jahrelange Erfahrung im Integrationsbereich und hat schon bisher maßgeblich an wichtigen Gesetzen und Beschlüssen in der Migration und Integration mitgewirkt", lobte der Parteichef die künftige Ministerin.

Auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer verteilte Vorschusslorbeeren an Raab: "Eine Oberösterreicherin, die in ihrem Heimatbundesland stark verwurzelt ist, sich aber auch über die Landesgrenzen hinweg den Ruf einer absoluten Fachfrau und Expertin erarbeitet hat", beschrieb er sie und meinte weiter: "Gerade wenn es um Integration geht, weiß sie wovon sie spricht. Eine gute Personalentscheidung für Oberösterreich und die neue Regierung".

Diese Personen könnten Minister werden

Über weitere Personalentscheidungen der neuen Regierung wurde am Montag heftig spekuliert. Dem Vernehmen nach könnte die niederösterreichische Bauernbund-Direktorin Klaudia Tanner (ÖVP) das Verteidigungsministerium übernehmen. Der bisherige ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer dürfte als Innenminister fix sein. Er soll im umkämpften Innenministerium als Nachfolger von Herbert Kickl (FPÖ) einen harten Kurs fahren.

Dass der Arbeitsmarkt vom Sozial- in das Wirtschaftsressort wechseln soll, wollte man am Montag weder bei den Grünen noch bei den Türkisen bestätigen. Das seien alles nur Spekulationen, hieß es von beiden Seiten. Auch dass Margarete Schramböck (ÖVP) erneut im Wirtschaftsministerium landen wird, konnte noch nicht bejaht werden. Als Finanzminister wurde auch nach dem Wochenende Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel favorisiert.

Grünen zeigen sich noch verschwiegen

Bei den Grünen verhielt man sich in Sachen Personalspekulationen äußerst defensiv. Während die ÖVP mit der neuen Integrationsministerin vorpreschte, wollte man bei den Grünen überhaupt nichts dementieren oder bestätigen - nicht einmal Grünen-Chef Werner Kogler als Vizekanzler. Dem Vernehmen nach dürfte aber die Klima-Expertin und Chefverhandlerin Leonore Gewessler das Umweltministerium erhalten, ergänzt um Energie- und Infrastruktur-Agenden. Als Justizministerin ist Alma Zadic im Gespräch, als Sozialminister Rudi Anschober oder Astrid Rössler. Spekuliert wird auch über Sigrid Maurer als mögliche Frauenministerin und Eva Blimlinger als Kulturministerin.

Das Bildungsministerium könnte erneut an Heinz Faßmann (ÖVP) gehen, wird spekuliert. Die EU-Abgeordnete Karoline Edtstadler (ÖVP) könnte Brüssel verlassen und stattdessen Kanzleramtsministerin für Europafragen werden. Elisabeth Köstinger (ÖVP) könnte erneut für Landwirtschaft und Tourismus zuständig sein, ebenfalls wie Alexander Schallenberg für das Außenamt. Bestätigungen gab es dafür noch nicht, Details werden in den Verhandlungen bis 1. Jänner noch besprochen, hieß es.

Gewessler erhält grünes Superministerium

Leonore Gewessler (42) soll in der türkis-blauen Bundesregierung Ressortchefin des geplanten neuen Superministeriums für Klimaschutz werden. Seitens der Grünen wurde diese Nominierung, die noch von den Parteigremien angenommen werden muss, am Montag bestätigt. In dem Ressort sollen Umwelt, Verkehr bzw. Infrastruktur, Energie, Technologie und Innovation vereint werden.

Gewessler, am 15. September 1977 in Graz geboren, sitzt erst seit der diesjährigen Nationalratswahl für die Grünen im Parlament und ist eine der zentralen Regierungsverhandlerinnen der Ökopartei. Davor war sie Geschäftsführerin der Umweltorganisation Global 2000. Parteichef Werner Kogler holte sie im Zuge der Öffnung der Partei nach dem Absturz 2017 als Quereinsteigerin zu den Grünen.

Bei der Nationalratswahl kandidierte sie bereits als Listenzweite. Seit dem Wiedereinzug ist sie stellvertretende Klubobfrau im Parlament, neben Ewa Ernst-Dziedzic und der geschäftsführenden Parlamentarierin Sigrid Maurer. Letztere dürfte übrigens im Parlament bleiben und kein Ministerinnenamt anstreben. Maurer werde nicht in die Regierung wechseln, sondern den grünen Klub anführen, schrieb der "Standard" am Montag unter Berufung auf Eingeweihte.

Außer Gewessler sind seitens der Grünen weiter keine anderen Minister- oder Staatssekretärskandidaten bestätigt. Die Ökopartei agiert hier sehr zurückhaltend, weil sie ihrem Erweiterten Bundesvorstand am Freitag und vor allem der Basis am Bundeskongress am Samstag nicht vorgreifen will. Beide Gremien tagen in Salzburg.

Grüne erhalten vier Ministerien und einen Staatssekretär

Die Grünen erhalten in der Koalition mit der ÖVP vier Ministerien sowie zusätzlich einen Staatssekretärsposten. Das wurde der APA am Montag bestätigt. Die ÖVP dürfte sich - noch ohne Bestätigung - neun Ressorts gesichert haben.

Wer neben Leonore Gewessler grüne Ministerin bzw. Minister wird, ist weiterhin nicht klar. Gemutmaßt wird über Rudi Anschober oder Astrid Rössler im Sozialministerium. Eva Blimlinger könnte Kultur- und/oder Frauenministerin werden. Für das Justizressort kommt unter anderen Alma Zadic infrage. Als Staatssekretär im Finanzministerium wird Josef Meichenitsch vermutet.

FPÖ-Kritik an Raab und Tanner

Kaum sind die ersten Ressortverteilungen bzw. Ministerposten der in den Startlöchern stehenden türkis-grünen Regierung bekannt geworden, hagelte es auch schon Kritik. Besonders die FPÖ schoss sich am Montag auf die neue Integrationsministerin Susanne Raab ein, der sie Inkonsequenz attestierte. Die NEOS erinnerten indes daran, dass es statt der Personalien viel eher um Inhalte gehen sollte.

Die FPÖ wollte am Montag nicht glauben, dass die neue Integrationsministerin Susanne Raab den Kampf gegen Parallelgesellschaften und den politischen Islam für die ÖVP fortsetzen werde. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl nannte diese Ankündigung eine "gefährliche Drohung". Bei ihrem Islamgesetz seien ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Raab so "konsequent" gewesen, sagte Kickl ironisch, "dass sich die Lobbyisten des politischen Islam in den Gesetzgebungsprozess eingebracht und ihre Wünsche umgesetzt haben". Grundsätzlich hinterfragte Kickl in der Stellungnahme die Sinnhaftigkeit eines eigenen Integrationsministeriums. Geht es nach ihm, bräuchte es ein Innenministerium mit einem Rückführungsschwerpunkt und Ausreisezentren, erklärte Kickl.

Kritik seitens der Freiheitlichen kam auch an der - bisher noch unbestätigten - Verteidigungsministerin Klaudia Tanner. Dieses Amt sollte "mit einer Person bekleidet sein, die zumindest den Grundwehrdienst abgeleistet hat", sagte FPÖ-Chef Norbert Hofer, der ein grundsätzliches Bekenntnis für eine deutliche finanzielle Aufstockung des Bundesheerbudgets einforderte.

NEOS wollen Inhalte sehen

Die NEOS zeigten sich am Montag enttäuscht von den Personalspekulationen rund um die immer noch laufenden Koalitionsverhandlungen. "Es ist bedauerlich, dass für ÖVP und Grüne derzeit offenbar Namen wichtiger sind als Inhalte", kritisierte NEOS Generalsekretär Nick Donig. "Da haben sich die Menschen von türkis-grün doch deutlich mehr Substanz erwartet", teilte er in einem Statement mit. Die NEOS forderten die Verhandler auf, bald inhaltliche Eckpunkte vorzulegen. "Was derzeit verbreitet wird, ist jedenfalls noch kein Zukunftssignal", so Donig. Wenn das Regierungsprogramm vorliegt, wollen die NEOS es mit ihrem "bewährten konstruktiv-kritisch Blick" bewerten, versprach Donig.

Ähnliches hat die Arbeiterkammer vor. "Wir werden uns das Ergebnis der Verhandlungen genau ansehen und unseren Forderungen in den Bereichen Arbeitsdruck, Arbeitsmarkt und Konjunktur, Steuergerechtigkeit, soziale Sicherheit, Bildungschancen, Geschlechtergerechtigkeit, leistbares Wohnen und Klimaschutz gegenüberstellen. Wir werden die Pläne von ÖVP und Grünen insbesondere daraufhin prüfen, ob sie Österreich gerechter machen - denn Gerechtigkeit muss sein", teilte AK-Präsidentin Renate Anderl per Aussendung mit.

SPÖ gegen Innen- und Verteidigungsressort in ÖVP-Hand

Kritik an der kolportierten Ressortaufteilung zwischen Türkis und Grün kommt auch von der SPÖ. Den stellvertretenden Klubchef Jörg Leichtfried erfüllt es mit Sorge, dass beide sicherheitsrelevanten Ressorts, das Innen- und das Verteidigungsministerium und damit alle Nachrichtendienste, in ÖVP-Hand kommen sollen. Das sei "der Sicherheit in Österreich nicht gerade zuträglich", meinte Leichtfried.

In Anbetracht des Zustands von BVT, Polizei und Bundesheer wäre es wichtig, ein Gleichgewicht in den betreffenden Ressorts herzustellen, sagte Leichtfried in einer Aussendung. Außerdem wirft er den künftigen Koalitionspartnern vor, sich beinahe länger mit den Ressortaufteilungen und damit einhergehenden Personalia zu beschäftigen als mit den für die Österreicherinnen und Österreicher wichtigen Inhalten ihres Regierungsprogramms.

Edtstadler kommt als Europaministerin zurück nach Wien

Nach und nach wird das Team der geplanten türkis-grüne Regierung bekannt. Montagabend berichteten die "Salzburger Nachrichten" online, dass die Salzburgerin und derzeitige ÖVP-Delegationsleiterin im EU-Parlament Karoline Edtstadler als Europaministerin zurück nach Wien kommt. Sie wird wie die für Integration zuständige Susanne Raab auch im Kanzleramt angesiedelt sein, bestätigte die ÖVP gegenüber der APA.

Beide - Edtstadler und Raab - gelten als Vertraute von Kurz, und beide werden in der nächsten Regierung an seiner Seite im Kanzleramt residieren.

Die Juristin Edtstadler war unter Türkis-Blau Staatssekretärin im von Herbert Kickl (FPÖ) geführten Innenministerium. Bei der EU-Wahl wurde sie Othmar Karas als Listenzweite an die Seite gestellt, nach der für die ÖVP höchst erfolgreich verlaufenen Wahl übernahm sie die Leitung der ÖVP-Delegation im EU-Parlament. Nach der Nationalratswahl holte sie Kurz auch in sein Koalitionsverhandlungsteam - und jetzt will er sie als Ministerin nach Wien holen.

Damit sind bisher drei Personalentscheidungen für die türkis-grünen Koalition - die am Donnerstag fertig ausverhandelt werden soll - bereits bekannt.

Noch nicht bekannt ist, wer anstelle Edtstadlers die ÖVP-Delegationsleitung im EU-Parlament übernehmen soll. Favoriten dafür wären Angelika Winzig und Lukas Mandl.

Medienagenden bleiben im Bundeskanzleramt

Die Medienagenden bleiben in der künftigen türkis-grünen Regierung im Bundeskanzleramt bei der ÖVP. Sebastian Kurz wird sich demnach selbst um Medienthemen kümmern und dabei von seinem langjährigen Sprecher und Vertrauten Gerald Fleischmann (46) unterstützt. Fleischmann wird Kanzlerbeauftragter für Medienfragen im Bundeskanzleramt, erfuhr die APA aus Verhandlerkreisen.

Zugleich soll Fleischmann weiterhin für die Kommunikation der ÖVP-Seite in der Regierung zuständig sein und als stellvertretender Kabinettschef von Kurz fungieren. Fleischmann hatte Kurz seit dessen Anfängen als Integrationsstaatssekretär begleitet und in Kommunikations- und Medienfragen beraten. Unter Türkis-Blau leitete er die Kommunikation im Bundeskanzleramt. Er war stellvertretender Kabinettschef und Leiter der Stabstelle für strategische Kommunikation und Planung.

Medien und Kultur gehörten während der ÖVP-FPÖ-Koalition zum Zuständigkeitsbereich des damaligen Kanzleramtsministers Gernot Blümel (ÖVP), der nun Finanzminister werden soll. Die Kulturagenden wandern unterdessen zu den Grünen.

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Nationalratswahl
  • Integrationsministerium: Türkis-grüne Koalition mit neuem Ministerium
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen