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Insolvenzen: Kritik an Änderungen bei Entschuldungsfristen

Der Gläubigerverband AKV sieht die Änderungen im Insolvenzrecht kritisch.
Der Gläubigerverband AKV sieht die Änderungen im Insolvenzrecht kritisch. ©pixabay.com (Sujet)
Der Gläubigerverband AKV findet es "völlig unverständlich", dass die Regierung die Entschuldungsfrist auf drei Jahre verkürzen und auf Privatpersonen - befristet auf fünf Jahre - ausdehnen will.
Insolvenzrecht wird geändert
Privatpleiten durch übermäßigen Konsum

Der Gläubigerverband AKV kritisiert die vorige Woche von der Regierung angekündigte Reform des Insolvenzrechts. Die EU-Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie (RIRL), die Österreich damit umsetzt, sehe nicht vor, dass die Entschuldungsfrist generell auf drei Jahre zu kürzen ist. In der Praxis ignorierten Unternehmer zunehmend die Pflicht, binnen 60 Tagen bzw. in einer Pandemie binnen 120 Tagen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzverfahren zu beantragen.

Rund jede zweite Firmeninsolvenz über Gläubigeranträge eröffnet

"Auch seitens des Gesetzgebers erfolgt keine Gegensteuerung", monierte der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme. Die Einleitung von Gesamtvollstreckungsverfahren solle eher von den Gläubigern initiiert werden, "anstatt auch hier die Insolvenzantragspflicht des Schuldners zu sanktionieren". Üblicherweise werde rund jede zweite Firmeninsolvenz über Gläubigeranträge eröffnet. "Da derzeit die öffentlichen Stellen keine Anträge stellen, haben die eröffneten Firmeninsolvenzen im Jahr 2020 um 41,4 Prozent abgenommen, und noch größer ist der Rückgang im heurigen Jahr", erinnerte der AKV. Von Anfang Jänner bis 20. Februar 2021 sei die Zahl der eröffneten Firmeninsolvenzen um knapp 53 Prozent auf 189 zurückgegangen.

Hinzu komme, dass viele Unternehmer ohne formelles Insolvenzverfahren ihre Firma stilllegten und sodann Privatkonkursanträge stellten. "Der Anteil von Ex-Unternehmern an den Privatinsolvenzen beläuft sich mittlerweile auf rund ein Drittel der Anträge."

Kein Verständnis für Ausdehung der Entschuldungsfrist bei Privaten

Der AKV findet es "völlig unverständlich", dass die Regierung die Entschuldungsfrist auf drei Jahre verkürzen und auf Privatpersonen - befristet auf fünf Jahre - ausdehnen will. Im privaten Bereich sei überhöhter Konsum die Hauptpleiteursache, in der Regel würden die Schulden über mehrere Jahre angehäuft. Durch den erleichterten Entschuldungszugang bestehe die Gefahr, dass die Leute noch mehr Schulden machen - aus Sicht des AKV ein Signal in die falsche Richtung. Die Coronakrise spiele übrigens bei den derzeit eröffneten Privatpleiten noch keine Rolle.

Auch die Verlängerung der Steuer- und Abgabenstundungen für Betriebe bis 30. Juni schmeckt dem AKV nicht. Dadurch werde sich nur die Insolvenzwelle um drei Monate in den Herbst verlagern. "Die Stundungen bewirken lediglich das Kumulieren weiterer Verbindlichkeiten, deren Rückführung mehr als zweifelhaft ist, nachdem die Stundungen in erster Linie Kleinunternehmer betreffen sollen."

(APA/Red)

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