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Inland - Kritik und Trailer zum Film

Einst waren Wiens Arbeiterbezirke Hochburgen der Sozialdemokratie. Tempi passati. Filmemacherin Ulli Gladik hat sich mit ihrer Kamera kurz vor der vergangenen Nationalratswahl aufgemacht und porträtiert drei Protagonisten, die einst aus dem linken Spektrum kamen, sich nun aber der rechten Reichshälfte zugewandt haben.

Elizabeth T. Spira ist tot – aber ihre Alltagsgeschichten leben. Zumindest als Inspiration für Ulli Gladiks neuen Dokumentarfilm “Inland”. Die Filmemacherin zeichnet darin ein differenziertes Sittenbild des aktuellen Österreichs anhand dreier Charaktere der unteren Arbeiterschicht. Am Ende steht jedoch kein Sozialporno, sondern eine ehrliche Begegnung. Ab Freitag im Kino.

Inland – Kurzinhalt zum Film

Die 48-jährige Regisseurin hat für die Dreharbeiten zu “Inland” den neuralgischen Zeitraum vor und nach der Nationalratswahl 2017 gewählt, als populistische Versprechungen und ein junger ÖVP-Spitzenkandidat die politische Landkarte ins Wanken brachten. Dafür rückt sie drei Wiener Protagonisten ins Zentrum ihres Filmes.

Da ist Kellnerin Gitti aus der Ottakringer Espresso Bar Florida, die als Kommunistin sozialisiert wurde, nun aber erstmals die ÖVP wählen will. Aber warum genau? Im Gespräch fällt es ihr dann selbst nicht mehr ein. Dass die Märkte ohne brave türkische Standler nicht mehr funktionieren würden, hebt sie explizit hervor.

Der einstige SPÖler und MA48-Mitarbeiter Christian hingegen ist mittlerweile ein strammer Blauer und beklagt sich, dass sich sein Favoriten vollkommen verändert hat. Zugleich erinnert er sich noch daran, wie er einst als Kind von “Ziegelböhmen” selbst geschmäht wurde. Am Ende sitzt er dann beim türkischstämmigen Friseur, weil der eben doch billiger und besser ist.

Und schließlich gibt es Alexander, der aus der Rennbahnsiedlung stammt und nach einer Haftstrafe nun im Obdachlosenheim wohnt. Die gewaltverherrlichenden Hassbotschaften im Netz teilt er mit Freude – woher sein Hass kommt, kann er jedoch selbst nicht erklären. Aber lieber würde er auf Sozialleistungen für sich selbst verzichten, als dass auch Ausländer diese bekämen.

Die gebürtige Steirerin Gladik lässt ihren drei Hauptprotagonisten Raum und vor allem Zeit. Sie geht nicht vorurteilsbeladen auf ihre Gesprächspartner zu, sondern lässt sie sprechen. Das schmerzt streckenweise, wenn Gitti, Christian und Alexander als die scheinbar bekannten rechten Unsympathler, Ausländerhasser, Grantler oder voller Neid und Missgunst scheinen.

Inland – Die Kritik

“Inland” zeigt aber eben auch die anderen, sympathischen Seiten dieser Menschen, gibt einer Schicht das Wort, die sich seit Formaten wie “Ein echter Wiener geht nicht unter”, dem “Kaisermühlenblues” oder eben den Spiraschen “Alltageschichten” kaum mehr als Gesprächspartner auf Augenhöhe im medialen Fokus findet. So unterschiedlich die drei Protagonisten sind, so eint sie doch die unbestimmte Angst vor dem Verlust von sozialen Errungenschaften, vor einer Gesellschaft, in der sie sich zunehmend als Fremde fühlen, ein Feindbild, das mit dem Schlagwort “die da oben” umrissen ist.

Gladik führt ihr Gegenüber nie vor, auch wenn sie sich im Laufe des Films von der nur durch Fragen präsenten Interviewerin zur klar positionierten Dialogpartnerin wandelt. Sie biedert sich aber auch nicht an, sondern schafft ein komplexes Bild von Personen, die in der breiten Wahrnehmung sonst meist eindimensional porträtiert werden.

>> Alle Spielzeiten auf einen Blick

(APA/Red)

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