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Informeller EU-Gipfel in Sibiu soll Einheit demonstrieren

Am Europatag treffen sich die Staatschefs in Sibiu.
Am Europatag treffen sich die Staatschefs in Sibiu. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Rund zwei Wochen vor der Europawahl kommen die Staats- und Regierungschefs im rumänischen Sibiu zusammen. Zuvor forderte Kurz einen "Generationswechsel und neuen EU-Vertrag".

Vor Beginn des EU-Zukunftsgipfels im rumänischen Sibiu (Hermannstadt) hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) tiefgreifende Änderungen für die Europäische Union gefordert. Die “EU braucht einen Generationswechsel und einen neuen zeitgemäßen EU-Vertrag”, verlangte Kurz am Donnerstag auf “Twitter”.

“Wir müssen uns auf klare Spielregeln einigen, damit die EU auch im 21. Jahrhundert weiterhin erfolgreich bestehen kann. Es braucht Ordnung, Hausverstand und eine gute Lebensperspektive für jeden Einzelnen”, betonte Kurz.

EU-Gipfel findet am Europatag statt

Kurz hob die Erfolge der EU hervor. “Heute ist die EU nicht nur das größte Friedensprojekt des 20. Jahrhunderts, sondern auch eine echte Erfolgsgeschichte”, erklärte er. “Unsere Aufgabe ist es, dies zu bewahren und dazu beizutragen, dass sich die EU positiv entwickelt.”

Der Gipfel der 27 EU-Staaten in Sibiu – ohne Großbritannien – findet am Europatag statt. Der Tag erinnert an die Geburtsstunde der europäischen Einigung. Am 9. Mai 1950 schlug der damalige französische Außenminister Robert Schuman in einer Rede die Schaffung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) vor, deren Mitglieder ihre Kohle- und Stahlproduktion zusammenlegen sollten. Die von Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande, Belgien und Luxemburg gegründete Gemeinschaft wurde zur Vorstufe der heutigen Europäischen Union.

“Geeint sind wir stärker”: Zehn Versprechen des EU-Gipfels von Sibiu

Die EU-Chefs gehen mit zehn Versprechen in den informellen EU-Zukunftsgipfel nach Sibiu (Hermannstadt), der am heutigen Europatag stattfindet. “Wir bekräftigen unsere Überzeugung, dass wir geeint stärker sind in dieser unruhigen und herausfordernden Welt”, heißt es in dem Gipfelentwurf. Im Folgenden die zehn Versprechen laut der Erklärung:

  • “Wir werden ein Europa verteidigen – von Osten nach Westen, von Norden nach Süden. Vor dreißig Jahren haben Millionen Menschen für ihre Freiheit und Einheit gekämpft und den Eisernen Vorhang zu Fall gebracht, der Europa auf Jahrzehnte gespalten hat. Es gibt keinen Raum für Spaltungen, die gegen unsere kollektiven Interessen arbeiten.”
  • “Wir bleiben geeint, durch dick und dünn. Wir werden uns gegenseitig Solidarität zeigen in Zeiten, wo wir es brauchen, und wir werden immer zusammenstehen. Wir können und werden mit einer Stimme sprechen.”
  • “Wir werden immer gemeinsame Lösungen suchen, aufeinander im Geiste der Verständigung und des Respekts hören.”
  • “Wir werden weiter unsere Art zu leben, Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit schützen. Die unveräußerlichen Rechte und Grundfreiheiten aller Europäer wurden hart erkämpft und werden niemals als gegeben angenommen werden. Wir werden unsere geteilten Werte und die in den Verträgen verankerten Grundsätze aufrecht halten.”
  • “Wir werden liefern, wo es am meisten von Bedeutung ist. Europa wird weiter groß in großen Fragen sein. Wir werden weiter den Sorgen und Hoffnungen aller Europäer lauschen, indem wir die Union näher an die Bürger bringen, und wir werden entsprechend handeln, mit Ehrgeiz und Entschlossenheit.”
  • “Wir werden immer den Grundsatz der Fairness aufrecht halten, sei es im Arbeitsmarkt, im Sozialwesen, in der Wirtschaft oder in der digitalen Transformation. Wir werden außerdem die Ungleichheiten zwischen uns verringern, und wir werden immer den am meisten Verletzbaren in Europa helfen, indem wir den Menschen vor die Politik stellen.”
  • “Wir werden uns selbst die Mittel geben, um unsere Ziele zu schaffen. Wir werden die Union mit den Mitteln ausstatten, die notwendig sind, um ihre Zielsetzungen zu erreichen und ihre Strategien durchzuführen.”
  • “Wir werden die Zukunft für die nächsten Generationen von Europäern sichern. Wir werden in junge Menschen investieren und eine Union bauen, die fit für die Zukunft ist, in der Lage, die dringlichsten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen.”
  • “Wir werden unsere Bürger schützen und für ihre Sicherheit sorgen, indem wir in unsere Soft und Hard Power investieren und indem wir mit unseren internationalen Partnern arbeiten.”
  • “Europa wird ein verantwortungsbewusste globale Führungsmacht sein. Die Herausforderungen, denen wir heute gegenüberstehen, betreffen uns alle. Wir werden weiter mit unseren Partnern in der Welt arbeiten, um die auf Regeln basierende Ordnung aufrecht zu halten und zu entwickeln, das meiste aus neuen Handelsmöglichkeiten herauszuholen und gemeinsam globale Fragen wie die Erhaltung unserer Umwelt und den Kampf gegen den Klimawandel zu bewältigen.”

Kurz: EU braucht “neues Fundament”

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat zu Beginn des EU-Zukunftsgipfels im rumänischen Sibiu (Hermannstadt) seine Forderung nach einer Änderung der EU-Verträge bekräftigt. “Es braucht ein neues Fundament für uns, mit dem wir auch gerüstet sind, um im Vergleich zu China und den USA und anderen ein internationaler Player sein zu können”, sagte Kurz am Donnerstag in Sibiu.

Es gebe keinen Grund, selbstzufrieden mit dem Status quo in der Europäischen Union zu sein, betonte Kurz. Vor allem unter seinen jüngeren Kollegen gebe es ein Bewusstsein, dass die EU zwar irgendwie funktioniere, “aber definitiv nicht gut genug aufgestellt” sei. Kurz nannte den EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Macron fordere immer wieder eine Neugründung der Europäischen Union und gehe damit noch weiter. “Ein neuer Vertrag, ein Generationswechsel – das ist jetzt, was wir brauchen”, so Kurz. Ein Konvent in Österreich sollte eine möglichst breite Einbindung aller in diese Fragen sicherstellen.

Kanzler kritisch gegen über Klimaschutz-Initiative Frankreichs

Der Kanzler äußerte sich kritisch zur jüngsten Initiative Frankreichs zum Klimaschutz, die von acht EU-Staaten unterstützt wird. Österreich erachte es als “vollkommen falsch”, auf Atomkraft zu setzen, sagte Kurz. Österreich sein dem Klimaschutz verpflichtet, setze aber auf erneuerbare Energie und nicht auf Atomkraft. “Weder Atomenergie noch Kohlekraftwerke sind der richtige Weg.”

Kurz bekräftigte seine Unterstützung für den Spitzenkandidaten-Prozess der EU. Es wäre der Bevölkerung schwer zu verkaufen, zuerst Wahlen und Spitzenkandidaten zu haben, und dann im kleinen Kreis zu entscheiden, wer Kommissionspräsident wird. Ein Abrücken von Spitzenkandidaten wäre “alles andere als demokratisch” und würde das Vertrauen in die EU nicht stärken. Wenn Weber die Europawahl gewinne, habe er auch Anspruch, EU-Kommissionspräsident zu werden.

>>> Alle Informationen zur Europawahl gibt es hier.

(APA/Red)

 

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