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Infektion erfolgt "draußen": Gesundheitspersonal im Spital am sichersten

Laut dem Wiener Infektiologen Christoph Wenisch ist das Spitalspersonal im Krankenhaus am sichersten.
Laut dem Wiener Infektiologen Christoph Wenisch ist das Spitalspersonal im Krankenhaus am sichersten. ©APA
Wenn sich das Spitalspersonal mit dem Coronavirus infiziert, passiert das zumeist außerhalb des Krankenhauses. Laut dem Wiener Infektiologen Christoph Wenisch sei das Krankenhaus deshalb der sicherste Ort für "Gesundheitsarbeiter".

SARS-CoV-2-Infektionen bei Spitalspersonal erfolgen vor allem außerhalb der Krankenhäuser. Die perfekte technische Lösung gibt es nicht. "Wir müssen in der Lage sein, den unkontrollierten Eintrag von Infektionen zu verhindern", sagte der medizinische Direktor des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) gegenüber der APA. Der Wiener Infektiologe Christoph Wenisch (Kaiser-Franz-Josef Spital) erklärte Dienstagabend in einer Ärztefortbildungsveranstaltung online: "Das Krankenhaus ist der sicherste Ort für'Gesundheitsarbeiter'.

Wiener KAV: Wiederverwendung von Schutzmasken getestet

Rund um die Hygienemaßnahmen im Spitalsbereich geht es immer wieder um Masken und Schutzmäntel. Binder: "Wir haben (im KAV; Anm.) keinen Mangel. Aber wir werden einen hohen Verbrauch haben." Man hätte durch Zukäufe bereits in der Vergangenheit vorgesorgt, doch der Markt für solche Produkte sei derzeit naturgemäß schwierig: "Die Produktion erfolgt vor allem in China." Beim Wiener KAV bzw. in dessen Auftrag wurden bereits Tests für die Wiederverwertung von Schutzmasken durchgeführt. Am besten sei eine Aufarbeitung mit heißen Dampf geeignet, hätten die Untersuchungen ergeben. "Damit steigern wir die Möglichkeiten zur Verwendung auf den Faktor 2", sagte Binder, ebenfalls mit einem Vortrag beim "Giftigen Dienstag" (Ärztefortbildungsveranstaltung) vertreten.

Spitäler haben Eingangskontrollen eingeführt

Doch insgesamt sei die Hauptsache das Management von Covid-19 bzw. von Infektionen außerhalb der Krankenhäuser. "Wir haben kein Problem mit Patienten, die wegen Covid-19 so krank sind, dass sie wirklich ins Spital müssen. Sobald eine Infektion bekannt ist, werden alle Maßnahmen getroffen. Wir müssen möglichst verhindern, dass Patienten in die Krankenhäuser kommen, bei denen eine noch unerkannte SARS-CoV-2-Infektion vorliegt. Nicht zuletzt deshalb haben wir ja in den Wiener KAV-Spitälern die Eingangskontrollen und die Triage eingeführt", erklärte der Experte.

Krankenhaus sei sicherster Ort für Gesundheitsarbeiter

Wenisch, Leiter der Infektionsabteilung am Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien, wo bisher rund 50 Patienten betreut wurden, erklärte dazu: "Gesundheitsarbeiter sind sehr selten betroffen. Die meisten Gesundheitsarbeiter stecken sich woanders an, zum Beispiel bei Kongressen oder im Supermarkt. Das Krankenhaus ist der sicherste Ort für Gesundheitsarbeiter. Wir sind im Krankenhaus besser geschützt als außerhalb." Man müsse außerhalb der Betreuung von Covid-19-Patienten nicht Schutzmasken etc. tragen. "Aber wenn wir Covid-19-Patienten betreuen, dann gibt es natürlich FFP3-Masken, Augenschutz, Hauben und Schutzkleidung."

Binder betonte gegenüber der APA, dass ein Spital im Endeffekt immer ein Spiegelbild der Gesellschaft, der "Community" außerhalb, sei. Das gelte auch für die Situation bei Infektionskrankheiten. Hier würden einander die Maßnahmen im Gesundheitswesen bzw. in den Spitälern mit jenen außerhalb, wie das Reduzieren aller sozialen Kontakte auf das mögliche Mindestmaß, ergänzen. "Wir haben in Wien übrigens eine relativ niedrige Inzidenz (Zahl der Covid-19-Neuerkrankungen pro Zeiteinheit und 100.000 Einwohner; Anm.). Das ist für ein Ballungszentrum gut", erklärte der Experte.

Weniger Menschen im Krankenhaus - weniger Menschen im "Umlauf"

"Deshalb haben wir ja in Wien die aufsuchende Versorgung von Personen mit Verdacht auf eine SARS-CoV-Infektion und mit leichtem Verlauf etabliert und propagieren sie mit aller Kraft. Je sorgsamer wir mit unseren Ressourcen umgehen, umso besser können wir die Spitäler schützen. Wir sind ja sonst auch mit der medizinischen Versorgung von Patienten, beispielsweise mit Blinddarmentzündung oder einem Herzinfarkt, beschäftigt und gut ausgelastet. Jetzt müssen wir diese Kranken versorgen und darauf achten, dass unsere Kapazitäten nicht durch Covid-19-Patienten überfordert werden", sagte Binder. Je weniger Patienten in die Krankenhäuser kommen, zum Beispiel durch Verschiebung geplanter Eingriffe, desto weniger Menschen seien eben im "Umlauf", welche die Infektion verbreiten könnten.

Binder: Große Herausforderung

"Lassen Sie sich nicht durch teilweise schreckliche Bilder aus Ländern wie Italien in der Einschätzung täuschen. Wir müssen zusammenhalten. Ich bin überzeugt, dass die Maßnahmen zur Einschränkung der sozialen Kontakte einen massiven Effekt haben werden", sagte der medizinische Direktor des Wiener KAV, Michael Binder.

Das hätte das Beispiel in China gezeigt. Entgegen dem häufigen "China-Bashing" hätte man dort für die Größenordnungen schnell und richtig reagiert. "In China hat man gewusst, dass da eine Epidemie kommt. Man hat in die Stadt Wuhan 1.800 Epidemiologen geschickt, als es nach dem 10. Jänner zu anhaltenden lokalen Infektionsketten gekommen ist. Schon Mitte Jänner gab es die ersten PCR-Tests." Diese beruhen im Endeffekt auf den Sequenzierdaten des SARS-CoV-2-Erregers, die ursprünglich aus China stammten. Man habe in Wuhan 40.000 Angehörige der Gesundheitsberufe eingesetzt und 35.000 Betten außerhalb von Kliniken geschaffen. "637 Intensivbetten und 3.500 Patienten in Spitalseinrichtungen wurden ständig betreut", erklärte Binder.

Österreich: Krankenhäuser gut aufgestellt

Der medizinische Direktor des Wiener KAV betonte gegenüber der APA und bei der Online-Ärztefortbildungsveranstaltung erneut, dass man in Wien und Österreich in den Krankenhäusern im internationalen Vergleich gut aufgestellt sei: "Wir haben aktuell 2.547 Intensivbetten. Wir haben viele Akutbetten in unseren Krankenhäusern. In Österreich gibt es 64.000 Spitalsbetten. In Wienhaben wir eine Einrichtung (Messezentrum; Anm.) für die allfällige Versorgung von rund 1.000 Erkrankten mit milder oder moderater Verlaufsform von Covid-19 geschaffen, eine Betreuung außerhalb ihrer Wohnung benötigen." Allein bei den Krankenhausbetten liege man beim Faktor 2 der USA.

Jedenfalls sollten Infektionen beim Spitalspersonal außerhalb der Krankenhäuser nunmehr durch die Einschränkungen bzw. Quarantänemaßnahmen in Österreich insgesamt genauso reduziert werden wie in der übrigen Bevölkerung. "Hier ergänzen einander die getroffenen Maßnahmen", sagte Binder. "Können wir die Krankheit durch Intensivbetten kontrollieren? Nein. Können wir sie durch die Krankenhäuser kontrollieren? Nein." Es komme auf die Gesellschaft an. Jedenfalls dürfe man in Österreich nicht in eine Lage wie in Italien kommen. Dort seien Anfangs viel zu viele Menschen in die Kliniken geschickt worden.

"Übermäßig testen hat keinen Sinn"

Rund um SARS-CoV-2 gibt es ständig eine Diskussion um die Tests. Beim "Giftigen Dienstag" waren die Experten einer Meinung. Binder: "Das übermäßig Testen hat keinen Sinn. Es hat wenig Sinn Personen zu testen, die an keinen Krankheitssymptomen leiden." Anders sei das natürlich bei direkten Verdachtsfällen bzw. Kranken und im Spital bei entsprechendem Bedarf.

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(APA/Red)

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