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Immer noch die Größten - Rolling Stones in Wien

Die Rolling Stones zusammen mit ihrem Ex-Gitarristen Mick Taylor entfesselt "Midnight Rambler" spielen zu erleben, alleine das wäre die Pilgerreise in das Wiener Stadion wert gewesen. Aber die größte Rock-'n'-Roll-Band der Welt, die diesem Beinamen am Montag einmal mehr gerecht wurde, hatte noch viel mehr zu bieten - man sollte nicht über das Alter der Musiker reden, sondern wie gut sie sind.


Mick Jagger, Keith Richards, Ron Wood und Charlie Watts präsentierten sich mit langjährigen musikalischen Weggefährten wie Bobby Keys (Saxofon), Chuck Leavell (Keyboards), Darryl Jones (Bass) und der einzigartigen Lisa Fischer (Gesang) auf der laufenden “14 On Fire” Tournee in Überform. Die vorangegangenen Gastspiele im Ernst-Happel-Oval waren auch fein, aber diesmal erlebten 55.000 Besucher fast Club-Atmosphäre, weil die Stones so kompakt, kraftvoll und ohne unnötiges Beiwerk agierten.

Was sollen die ehemaligen Radaubrüder nach dem 50-jährigen Bandjubiläum bringen, wenn nicht ein Programm voller Hits: “Start Me Up”, “Honky Tonk Woman”, “Brown Sugar”, das obligatorische “Satisfaction” (zum Schluss, wieder mit Taylor) und die Ballade “Angie”, in Österreich ja ein Evergreen. “Was Romantisches, zum Kuscheln”, sagte Jagger auf Deutsch. Selbst bei der Schnulze zeigten die Stones Stil: Richards veredelte den Song mit zarten Country-Elementen auf der akustischen Gitarre. Als Wunsch gab es “Get Off My Cloud” – man habe ja zunächst an “Rise Like A Phoenix” von Conchita Wurst gedacht, schmunzelte Jagger.

Das hitzige “Doom And Gloom”, ein neues Stück, musste sich zwischen den Klassikern nicht verstecken und machte Appetit auf ein weiteres Stones-Album. Doch an diesem Abend war man mit der Vergangenheit ausreichend bedient. Die Zusammenstellung der Set-Liste war stimmig und in sich geschlossen: Blues, Rock, Disco-Grooves (“Miss You”), Soul, Country und Gospel (“You Can’t Always Get What You Want” mit Chor als erste Zugabe) verschmolzen zum unvergleichlichen Rolling-Stones-Stil. Man muss zu “Jumping Jack Flash” nicht mehr Straßenschlachten anzetteln, man darf mittlerweile ungeniert dazu abtanzen und die Faust ballen.

Wie gut Jagger und Richards anno 2014 harmonieren, führte “Out Of Controll” vor Ohren: Der ewig drahtige Tänzer demonstrierte zunächst, dass er auch mit 70 Ausnahmesänger ist, dann solierte Richards mit Brillanz (nicht zum einzigen Mal), um sich schließlich mit seinem Frontman ein Harmonika-Gitarren-Duell zu liefern. Große Klasse! Es brauchte diesmal keine Flammensäulen, Balkone oder aufblasbaren Puppen, die Musik war die Show, Taylor das “Gimmick” – und wie er mit Woods und Richards geigte, war zum Niederknien.

Man könnte unendlich schwärmen: Etwa über “Gimme Shelter”, Sinnbild für Sex versprühenden Rock ‘n’ Roll, bei dem sich “Vollweib” Fischer mit Jagger in einen stimmlichen Orgasmus sang, oder über Watts Rhythmusgefühl oder über die Gabe, allein mit der Vorstellung der Bandmitglieder ein Stadion unterhalten zu können. Wichtig ist vor allem: Nicht nur die Lieder der Stones haben weiterhin Relevanz, sondern auch die Band selbst, wenn sie so souverän auftritt.

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