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Im Zeichen des Shang

Formel-1-Pilot Christian Klien ist in Shanghai wieder als Test- und Ersatzpilot des BMW-Sauber-F1-Teams im Einsatz.

Auf meiner Tour rund um die Welt mit 4 Rennen in 4 Wochen (Singapur – Road Atlanta – Fuji – Shanghai) steht in China nun der letzte Stopp an. Das chinesische “Shang”, nachdem auch der Austragungsort des China-Grand Prix benannt ist, bedeutet “hoch”. An sich wäre das jedem Formel 1-Fahrer ziemlich egal. Doch der Streckenarchitekt Hermann Tilke hatte die Idee, den Kurs diesem Schriftzeichen nachzubauen. Herausgekommen ist eine Strecke, die verdammt schwierig ist. So etwas wie die schneckenförmigen Kurven 1 und 2 sucht man anderswo vergeblich. Zum Glück! Denn Shanghai macht ehrlicherweise wenig Spaß, weil man durch das Layout kaum in einen Rhythmus kommt. Und die Start– und Zielgerade ist so breit, dass man das Gefühl für die Geschwindigkeit völlig verliert. So als würde man mit 130 auf der Autobahn fahren. In Monaco fährst Du 80 und es kommt dir drei mal so schnell vor.

China ist einfach überdimensional in jeder Hinsicht. Der Trend geht aber ohnehin wieder weg von dieser Gigantomanie. Mit Stadtkursen wie Singapur oder Valencia kommt man einfach näher zum Fan. Kurze Wege sichern volle Tribünen. Mal sehen, wie viele Besucher aus der Stadt hinaus zur Strecke heuer kommen. In China geht es dem Fan übrigens genau wie dem Fahrer: Die Kurven haben keine Namen, sondern nur Nummern, insgesamt 16 an der Zahl. Für uns Piloten ist das alltägliche Routine. Wir haben im Cockpit immer eine Streckenskizze mit Nummern. Nach einem halben Tag hat sich das auch auf neuen Strecken für alle automatisiert. Mit dem Renningenieur spricht man dann nur mehr über “Turn 3” oder “Turn 12”. Stellen Sie sich mal vor, wir müssten uns diese 16 Kurven alle auf Chinesisch merken. Ich glaube, da gäbe es einige rätselhafte Setup-Probleme.

Bemerkenswertes zum Shanghai-Grand Prix
Die Strecke wurde mitten in einen Sumpf gebaut. Daher wurden Betonpfeiler fast 50 Meter tief ins Erdreich geschlagen. Darauf kamen meterhohe Styroporplatten, auf denen nun der Kurs und die Tribünen stehen. In der Bauphase gab es in ganz China (!) wochenlang kein Styropor, weil die Strecke die komplette Produktion verschlang.
2005 war Shanghai der Saisonabschluss und ich wurde im Rennen Fünfter, nur 6 Sekunden hinter dem Podium. Und mit viertschnellster Rennrunde. An so etwas erinnert man sich gerne.
Shanghai ist außerdem der beste Ort, um auch einem Formel 1-Fahrer das Fürchten zu lehren. Da wir Europäer dort nicht Autofahren dürfen, sind wir den örtlichen Shuttle- und Taxifahrern ausgeliefert. Und die stellen jeden Berufskollegen aus Sao Paulo locker in den Schatten. Außerdem hat sich die Zahl der PKW seit 2002 von Jahr zu Jahr jeweils verdoppelt!

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