Im Notfall kommt die Rettung von oben

Die morgendliche Sonne lässt den Himmel am Neujahrstag über dem Wucher-Hangar zwischen Zürs und Lech in einem hellen Blau erstrahlen. Leichte, grau-weiße Wolken kratzen an den sich scharf abzeichnenden Bergspitzen. In Blickrichtung Monzabonalpe stapft eine Gams am Berghang entlang. Es hat wenige Grad unter null.
1350 PS, 250 Liter/h und eine lange Checkliste
Bernd Fischer ist stellvertretender Referent der Flugrettung und leitender Flugretter am Stützpunkt in Zürs und seit sieben Uhr im Einsatz. Der 51-Jährige ist seit 1985 bei der Flugrettung: „Vor dem Dienstbeginn um neun Uhr arbeite ich mich durch eine lange Checkliste.“ Dann ziehen er und sein Kollege, der Pilot Stefan Ganahl (44), mit einem Radlader den Helikopter „Gallus 1 EC 135“ auf einer Landeplattform aus dem Hangar.
In einer Stunde verbraucht der Hubschrauber 250 Liter Kerosin. Ganahl wird die 1350 PS steuern und ist mit seinen beiden Crew-Mitgliedern Bernd Fischer und Notarzt Alois Tschofen (51) bis 17 Uhr für Rettung und Bergung verunglückter Wintersportler zuständig.
Im Cockpit muss das Kartenmaterial kontrolliert werden, der Tablet-PC, auf dem sämtliche Skigebiete, Krankenhäuser, Funkfrequenzen und die Karten von Vorarlberg und Tirol gespeichert sind, wird im Cockpit verstaut. „Es wird nicht nur der Helikopter durchgecheckt, ich kontrolliere auch die medizinischen Geräte, die Bergerüstung und zum Beispiel die Beatmungsgeräte für Patienten“, erklärt der Flugretter.
Der zweimotorige 4,2-Millionen-Euro-Helikopter ist für den Tag vorbereitet. Der RFL-Notruf der Rettungs- und Feuerwehrleitstelle erreicht die Crew über ihren Pager. Darauf sehen sie, welcher Einsatz sie erwartet: Einsatzort mit Koordinaten und Höhenangabe, die Schwere der Verletzung, ob Einsatzkräfte vor Ort sind und die möglichen Bergungsart.
Zusammenspiel der Rettung
Der Pilot der HEMS-Crew (Helicopter Emergency Medical Services), Stefan Ganahl aus Gaschurn: „Man kann nie sagen, wie viele Einsätze wir zu fliegen haben. Am Montag wurden wir bis kurz vor zwölf Uhr zu keinem Notfall gerufen. Dann hatten wir gleich fünf Flugeinsätze hintereinander. Es sind immer zwei Crews im Einsatz: Gallus 1 und Christophorus.“ In einer Saison, von Ende November bis Ende März, werden laut Statistik rund 350 bis 380 Einsätze geflogen.
„Beim Anflug mit Sichtkontakt zu der zu rettenden Person entscheidet sich je nach Verletzung und Gelände, ob wir eine Tau-Bergung mit Bergesack (liegend) oder Bergetuch (sitzend) vornehmen oder ob wir in der Nähe der Person landen“, erklärt er. „Der Arzt gelangt zuerst zum Patienten. Man wird via Tau abgeseilt, steigt im Schwebeflug aus oder läuft, wenn der Heli landen kann, zum Patienten. Wir sind immer im Funk-Kontakt mit dem Piloten und der RFL“, fügt Tschofen an, der seit 20 Jahren bei der Flugrettung ist. Dann entscheidet der Arzt, welches Krankenhaus angeflogen wird.
Im Notfall
Sind Sie in Not geraten und hat ihr Mobilfunktelefon keinen Netzempfang, schalten Sie es aus und wieder ein. Anstelle der PIN-Zahl wählen Sie die Euronotrufnummer 112. Diese Nummer wählt sich in ein verfügbares Netz und setzt den Notruf bei der nächstgelegenen Polizeidienststelle ab. Die Bergrettung Vorarlberg erreichen Sie in Notfällen über die Alpin-Notrufnummer 144.
(VN/Bettina Maier)