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I'm a bad guy - Kritik und Trailer zum Film

40 Jahre hat der Bankräuber und Geiselnehmer Adolf Schandl in diversen österreichischen Gefängnissen verbracht, nun träumt er von einer Reise nach Australien. Susanne Freund nähert sich in ihrer Dokumentation "I'm a bad guy" dem aktuellen und früheren Leben Schandls an.

“I’m a bad guy” von Susanne Freund über den Bankräuber und Geiselnehmer Adolf Schandl ist keine einfache Doku. Sie wirft Fragen für jeden einzelnen auf – wie umgehen mit entlassenen Tätern? Ist es komisch, wenn ein auf Bewährung freier, über 80 Jahre alter Mann sich launig seine Taten zurecht schwadroniert? Die 92 Minuten Denkanstoß sind ab 11. Mai im Kino zu sehen.

I’m a bad guy – Kurzinhalt der Dokumentation

Ist mit dem Verbüßen von – im Falle Schandls – 40 Jahren wirklich alles gesühnt? Wie verhalten, wenn ein erwiesener Gewalttäter Mantra-artig von ihm angetanen Unrecht spricht und bei seinen mehrfachen Geiselnahmen und dem mehrmaligen Schusswaffengebrauch stets Unrecht an anderen einkalkulierte? Sicher ist, Schandl hat in Österreich Zeitgeschichte- und Legendenstatus, nicht nur unter Mitgefangenen in fast allen Haftanstalten dieses Landes, in denen er einsaß.

Schandl besitzt immer noch den Charme des Handelsvertreters alter Schule, der er einmal war, und kann sich mehr denn je gewählt ausdrücken. Man muss lächeln, wenn der alte Herr mit der Mütze im Favoritener Beisl gemütlich sein Bier trinkt, und in gutem Englisch bei “I will follow him” leise mitsingt. Und in seiner kleinen Wiener Wohnung unglaublich gelenken Schrittes und ausgelassen zu dem Aussie-Song “Tie me kangaroo down sport” tanzt. Oder sich wie viele frühere Täter auf seine alten Tage dem Glauben zuwendet und Segen für sein Mahl vom Himmel erfleht. Und ein einziges Mal Regungen zeigt, wenn er dem aufgelassenen Grab des verstorbenen Bruders in Kärnten nachspürt, eine Kerze anzündet, sich aber Gefühl gleich gemurmelt wieder verbietet.

“Ich bin etwas Besonderes”, sagt Schandl einmal. In gewisser Weise. Er ist selbst im hohen Alter – vor fünf Jahren wurde der heute im 82. Lebensjahr stehende gebürtige Wiener bedingt entlassen – diszipliniert und autark, dank seiner täglichen Gymnastik offenkundig fit wie viele 20-Jährige nicht. Und putzt penibel seine Wohnung. Häfen-Gewohnheit, könnte man meinen. Oder Marotten eines alten Herrn, der ein Recht auf ein unbeschwertes, eigenes Leben danach hat. Punkt.

I’m a bad guy – Kritik zum Film

Wenn da nicht folgendes wäre – seine Schrullen und sein launiges Schwadronieren über üble Brutalitäten bringen einen Großteil des Kinosaals öfters zum lautstarken Lachen. Nur einen Teil nicht – hier hat ein Opfer Schandls Platz genommen, von jener Geiselnahme in der Justizanstalt Graz-Karlau. “Ihr lacht über meinen Geiselnehmer”, sagte die Frau einmal mit ruhiger Stimme in den dunklen Kinosaal bei der Premiere des Films beim Grazer Festival Diagonale im März. Einfühlend begleitet wird sie von einem Polizisten, früher Angehöriger der Verhandlungsgruppe Süd, die damals mit den Verbrechern die Gespräche führte. Der Dame und ihren zwei Kolleginnen wurden am 14. November 1996 von Schandl und seinen zwei Komplizen in der Kantine der Karlau improvisierte Flaschenbomben mit brennbarer Flüssigkeit auf den Leib gebunden. Die Spezialeinheit Cobra beendete nach zehn Stunden die Geiselnahme.

Rund 40 Jahre hinter Gittern waren genug Zeit, sich die Taten zurecht zu argumentieren – er musste sich wehren, so Schandl, er sei ungerecht behandelt worden, andere hätten für gleiche Taten weniger “Schmalz” bekommen. Das alles steht im – filmisch hervorragend zusammengestellt und geschnitten – Gegensatz zu den fast rührenden Versuchen des alten Herren, noch einmal im Leben nach Australien zu kommen – wo er in jungen Jahren arbeitete und offenbar glücklich gewesen ist. Aber Australien will keine Touristen mit 40 Jahren Haftstrafen, das Visum bleibt ein Traum. Reue über die Taten, die zur offenkundigen Einreisesperre führten, ist bei Schandl nicht direkt zu bemerken. Der Satz “Ich habe gesühnt” kommt vor, und bei seiner Tochter habe er sich auch entschuldigt.

Der Film hat ja auch einen aktuellen Bezug: Erst einen Monat vor der Premiere des Streifens über Schandl wurde einer der Geiselnehmer von Gladbeck im August 1988, der Deutsche Dieter Degowski, aus der Haft entlassen. Degowskis Anwältin teilte mit, er werde einen neuen Namen beantragen, damit er nicht “mit dem Stigma” leben müsse. Bei der Geiselnahme wurden ein 15-Jähriger von Degowski und eine 18-Jährige von seinem Komplizen Karl-Heinz Rösner erschossen. Über das Schicksal und die Namen der Opfer weiß kaum mehr jemand Bescheid. Über Medien und Kinoleinwand läuft die Degowski- und die Schandl-Show.

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(APA/Red)

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