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Ich war zuhause, aber - Kritik und Trailer zum Film

Auf der Berlinale hat kaum ein Film so kontroverse Reaktionen hervorgerufen: Mit "Ich war zuhause, aber" erzählt die Berliner Regisseurin Angela Schanelec eine rätselhafte Geschichte. Ein Bub (Jakob Lasalle) taucht in der Morgendämmerung auf, nachdem er offenbar verschollen war. Seine Kleidung ist dreckig. Mutter Astrid (Maren Eggert) fragt nicht, wo er war. Schanelec zeigt Tiere auf einer Weide, Hamlet spielende Kinder und eine Familie, die nach einem schweren Verlust weiterlebt.

Dieser Film ist nichts für Ungeduldige: Minutenlange Einstellungen, in denen nichts passiert, und eine Handlung, mit sich nicht bedingenden Seitensträngen, deren Bedeutung sich bis zum Schluss nicht recht erschließt: "Ich war zuhause, aber" der deutschen Regisseurin Angela Schanelec spaltete schon bei seiner Berlinale-Premiere die Kritiker. Am Donnerstag kommt das Werk nun ins Kino.

Um ein Gefühl für Schanelecs neuen Film zu bekommen, kann man ein Experiment versuchen. Man setzt sich hin, stellt die Stoppuhr und wartet, bis 37 Sekunden vorbei sind. Klingt nicht viel, kann sich aber wie eine Ewigkeit anfühlen. Im Film "Ich war zuhause, aber" dauert eine der ersten Szenen genauso lange - darin beißt ein Hund auf einem Kadaver herum.

Ich war zuhause, aber: Kurzinhalt zum Film

Die Einstellungen sind gemäldeartig, streng senkrechte Linien, denen sich die Schauspieler, aufgerichtet und mit sparsamster Gestik, einordnen. Manche Zuschauer lieben das an Schanelecs Filmen: Dass sie die Kamera kaum bewegt und dem Publikum eine Art Gemälde zeigt. Andere werden nervös.

"Ich war zuhause, aber" beginnt mit einem Rätsel. Ein Bub (Jakob Lasalle) taucht in der Morgendämmerung an seiner Schule auf. Es sieht so aus, als sei er mehrere Tage vermisst worden. Seine Kleidung ist dreckig. Die alleinerziehende Mutter Astrid (Maren Eggert) stürzt in die Schule und hängt sich an sein Bein. Beide sprechen kein Wort. Man erwarte, dass die Mutter frage, wo der Sohn gewesen sei. "Aber dass es manchmal nicht möglich ist, eine Frage zu stellen, das ist ganz normal", sagte Schanelec in einem Interview. Normal wirkt kaum etwas in ihrem Film. Die Menschen sprechen wie in einem Theaterstück. Tiere stehen auf einer Weide herum und Kinder üben Szenen aus Shakespeares "Hamlet".

Mutter, Sohn und Tochter müssen jeder auf seine Weise mit dem Tod des Vaters fertig werden. Die Mutter, stets in altmodischer grauer Kleidung, kommt mit der Erziehung ihrer Kinder nicht immer zurecht. Deren Erwachsenwerden wird für sie zum Problem, weil sie anders zu behandeln sind als früher. Es wird nicht allzu viel gesprochen in "Ich war zuhause, aber", außer einmal, wenn sich die Mutter nahezu eruptiv über Wahr und Falsch auf der Bühne erregt. Sonst aber ähneln die Dialoge, die von großen Pausen zwischen den Personen geprägt sind, shakespeareschem Versmaß.

Die Proben einer Schulklasse zu dessen "Hamlet" werden immer wieder in die Handlung eingestreut. Zum Schluss trägt der Sohn seine Schwester langsam durch einen Bach im Wald. Vielleicht sind die Kinder erwachsen geworden, vielleicht hat die innerfamiliäre Kommunikation eine andere Form erreicht, vielleicht sollte gezeigt werden, dass nun Verantwortung füreinander übernommen wird.

Ich war zuhause, aber: Die Kritik

Schanelec bringt den Mut auf, ganz eigene Filme zu machen, die meist nicht die Massen ins Kino locken. Sie bricht mit unseren Sehgewohnheiten. Dabei entstehen bezaubernde Bilder - etwa wenn ein Rebhuhn langsam über ein Grab tappt. Inhaltlich aber muss man Lust am Rätseln und Nachdenken haben. Wenn mitten im Film ein Dialog über die Kunst beginnt, dann merkt man als Zuschauer irgendwann: In diesem Film soll nichts echt wirken - Schanelec führt einem vor Augen, dass Filme nie das wahre Leben sind.

"Ich war zuhause, aber", für den Schanelec bei der Berlinale mit dem Silbernen Bären als beste Regisseurin geehrt wurde, erzählt etwas über den Umgang mit einem Verlust. Dem Publikum jedenfalls verlangt der Film einiges ab und steht damit in der Tradition des Oeuvres seiner Autorin. Schanelec gilt mit ihrem Filmen wie "Orly" und "Der traumhafte Weg" als Vertreterin der sogenannten Berliner Schule, einer Stilrichtung, die sich seit den 1990ern entwickelt hat.

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