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"Ich wachte auf der Straße wieder auf"

Ein Autolenker fährt Raphael (16) aus Rankweil und Ema (13) aus Dornbirn an. Die Jugendlichen werden erheblich verletzt, der Lenker begeht Fahrerflucht. Jetzt sucht die Familie nach dem Unfallverursacher.

Von Anja Förtsch/WANN & WO

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Raphael schlägt die Augen auf und blickt in das Gesicht einer Frau. Warum kniet sie so über ihm? Wieso stehen da noch mehr Leute um sie herum, die alle die gleichen, roten Jacken tragen und ihn anschauen? Und überhaupt, wieso liegt er da am Straßenrand? "Ich wusste gar nicht, was los ist, was echt ist und was nicht", sagt Raphael im Gespräch mit WANN & WO leise. "Ich dachte, ich hätte geträumt."

Einen Traum hatte er nicht. Nur Glück.

Einige Minuten davor: Samstag, 12. Februar, kurz nach 21 Uhr. Raphael trifft sich in Dornbirn mit Freunden, darunter Ema. Die 13-Jährige ist noch nie auf einem Moped gefahren und bittet Raphael schon lange, sie mitzunehmen. An diesem Abend ist es soweit: Der 16-Jährige willigt ein, sie für ein paar hundert Meter mitzunehmen. Dass die Tour im Spital enden wird, wissen die beiden da noch nicht.

Raphael und Ema fahren auf der Stadtstraße in Richtung Hohenems. Die Ampel an der Kreuzung vorm Rathaus zeigt grün. Auch für die Gegenseite. Ein grauer Mini Cooper mit Bregenzer Kennzeichen, vermutlich ein Cabrio, so werden es die Zeugen später der Polizei schildern, fährt zügig auf die Kreuzung, biegt nach links Richtung Markt ab. Und touchiert das Moped von Raphael.

Brüche und Schocks

"Alles hat sich gedreht", erinnert sich Ema, ihre Stimme beinahe ein Flüstern. "Als ich mich umschaute, sah ich Raphael auf dem Boden liegen. Ich wollte zu ihm gehen, aber meine Beine wollten mich nicht tragen. Es tat so weh, ich konnte mich nicht bewegen."

Zeugen und Ersthelfer sammeln sich an der Kreuzung, Rettungskräfte treffen ein, Blaulicht erhellt die Innenstadt.

Raphael wird ins Krankenhaus Dornbirn gebracht, Ema ins Bregenzer Spital. "Ich wusste nicht, was mit Ema ist, ob sie verletzt ist und ob ich Schuld daran war", schildert der 16-Jährige. Seine Liste an Verletzungen ist lang: zwei offene Zehenbrüche, eine Hüft- und eine Knieprellung, ein Schädel-Hirn-Trauma, Blutergüsse. Ema kommt mit einem Schock und Prellungen davon. Davon kommt auch der Unfallverursacher. Der ist nämlich über alle Berge. Bis heute.

Cabrio gesucht

Für Johannes Thurnher, Raphaels Vater, eine Ungeheuerlichkeit – und ein Versäumnis der Polizei. "Die Beamten sagten mir, dass sie in den Tagen nach dem Unfall eine große Anzahl Mini Cooper kontrolliert hätten", erklärt er, "allerdings ohne Erfolg." Man habe ihm mitgeteilt, dass die Chancen sehr gering seien und ihm die Beweismittel – Stücke aus dem Radkasten des Mini Coopers – mitgegeben. "Diese Teile habe ich zu einem Autohändler gebracht. Er hat den Schmutz abgekratzt und so die Seriennummer freigelegt", so Johannes. "Anhand derer konnte er genau herausfinden, dass es sich um einen Mini Cooper R50, R52 oder R53 handelt. Von den drei Modellen ist nur der R52 ein Cabriolet." Dem Händler zufolge wurde das Fahrzeug nur vier Jahre lang gebaut. Ein grauer Mini Cooper Cabrio aus den Jahren 2004 bis 2008 mit Schrammen am Kotflügel – der nicht zuletzt nur selten auf den Vorarlberger Straßen angemeldet sein dürfte: "Mit all diesen Erkenntnissen ist doch das Feld schon ganz klar eingegrenzt", ist sich Johannes sicher, "dann dürfte es doch ein Leichtes sein, das Auto und den Fahrer zu finden. Aber stattdessen lässt die Polizei wertvolle Zeit verstreichen. Zeit, in welcher der Verursacher das Auto verschwinden lassen könnte."

Die Vorarlberger Polizei verweist auf WANN & WO-Anfrage indes darauf, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. "Die Beamten der PI Dornbirn haben sehr umfangreiche und aufwendige Ermittlungen geführt. Es wurden 33 Fahrzeuge an den Wohnadressen der Zulassungsbesitzer kontrolliert. Ebenso wurden verschiedene Zeugen vor Ort zu dem Unfallhergang befragt und diese Informationen ausgewertet und nachgegangen", so Sprecher Wolfgang Dür. "Nach dem noch unbekannten Unfalllenker wird nach wie vor gefahndet."

Statements

So ging es den Eltern

Panik. "Als unser Telefon klingelte und man uns sagte, dass Raphael in einen Unfall verwickelt wurde, war es Panik pur. Im ersten Moment wussten wir ja auch gar nicht genau, was passiert war, wie es unserem Jungen ging. Wir saßen wie auf heißen Kohlen. In so einem Moment werden Sekunden zu Stunden." Gabi Thurnher, Mutter von Raphael

Unverständnis. "Ich bin nur froh, dass Ema nichts Gröberes passiert ist. Das alles hätte noch ganz anders ausgehen können, schließlich haben auch die Zeugen gesagt, dass die beiden Glück hatten. Was ich aber nicht verstehe ist, dass Ema bis heute nicht einmal von der Polizei vernommen worden ist." Zeljko Siebenhüner, Vater von Ema

Belohnung. "Ich setze eine Belohnung von 500 Euro für denjenigen aus, der den Fahrer findet. Wer hat mitbekommen, dass der Nachbar, der Kollege, der Bekannte Schrammen am Auto hat? Ich bin kein rachsüchtiger Mensch, aber ich schätze Gerechtigkeit. Und die wünsche ich mir auch für Raphael und Ema." Johannes Thurnher, Vater von Raphael

(WANN & WO)

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