“Ich versuchte zu schreien, aber es kam kein Laut”, erinnerte sich Kampusch an den Tag ihrer Entführung am 2. März 1998. Dieser Tag veränderte ihr Leben. Ihr Entführer hatte die Schülerin in Wien-Donaustadt auf dem Heimweg in einen Kastenwagen gezerrt und in das vorbereitete Verlies unter seinem Haus in Strasshof nördlich von Wien gebracht. Kampusch erspähte aus dem Kastenwagen ein paar Details: “Ich kannte die Gegend – ich wusste, in welche Richtung wir fuhren.”
Priklopil zerrte Natascha ins Verlies. Ein perfekt gesicherter Albtraum. P. hatte eine Gegensprechanlage montiert, denn es dauerte für den Entführer ungefähr eine Stunde, um in das hinter Autoreifen, einem Kasten und einem Wandtresor abgeriegelte Versteck zu gelangen. Er warf ihr eine nur fünf Zentimeter dünne Schaumstoffmatratze als Schlaflager hin. Es war finster, feucht, laut – die Ventilatoren wurden zum bestimmenden Geräusch in Nataschas Leben.
Der Entführer, sagt Kampusch, “hat mich dann immer mehr in seinen Haushalt integriert, als Arbeitstier. Er hatte einen Putzzwang, ich durfte nichts angreifen wegen der Fingerabdrücke, und wenn, dann hat er mich dafür bestraft.” Kampusch weiter in der TV-Doku: “Ich habe mich in dem Verlies wohler gefühlt, als rauszugehen und irgendetwas tun zu müssen, was ich nicht tun wollte.”
Am 23. August 2006 – nach mehr als acht Jahren – konnte Natascha Kampusch schließlich fliehen. Sie nutzte einen Moment der Unaufmerksamkeit Priklopils: Der Entführer ließ sie sein Auto saugen, Natascha stellte den Staubsauger an und flüchtete, “so schnell sie die Beine tragen konnten”, auf die Straße. Dort traf sie auf eine Nachbarin, die die Polizei rief.