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Hunde verstehen: "Clever Dog Lab" an der Vetmeduni Wien eröffnet

Am Clever Dog Lab an der Vetmeduni Wien wird das Verhalten von Hunden erforscht
Am Clever Dog Lab an der Vetmeduni Wien wird das Verhalten von Hunden erforscht ©APA
Speziell zur Erforschung des Verhaltens des besten Freundes des Menschen soll das neue "Clever Dog Lab" an der Vetmeduni Wien dienen, das am Montagnachmittag feierlich eröffnet wurde. Die kognitiven und emotionalen Fähigkeiten von Hunden und ihre vielfältigen Beziehungen zum Menschen stehen dort im Mittelpunkt des Forscher-Interesses.
Bilder im Clever Dog Lab

Am Montagnachmittag wurde das “Clever Dog Lab” von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (V) an der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni) eröffnet. Die Einrichtung ist mit modernsten Geräten wie Touchscreens, Videoanalyse und Eye-Tracker ausgestattet. Die – derzeit karenzierte – Leiterin, Friederike Range, will am “Clever Dog Lab” vor allem “sehr gute Forschung” machen.

Den Hund besser verstehen

Es gehe darum, “den Hund ein bisschen besser zu verstehen”, wie sie gegenüber der APA erklärte.Können Hunde Menschen bzw. Artgenossen nachahmen? Verstehen sie kausale Zusammenhänge? Anhand welcher Gesichtsmerkmale erkennt ein Hund sein “Herrl”? Gibt es Fairness bei Hunden und können sie mit ihrem Besitzer bzw. Artgenossen mitfühlen? – Das sind nur einige von zahlreichen Fragen, die am “Clever Dog Lab” im Rahmen von verschiedenen Verhaltenstests untersucht werden. Die Hunde müssen dabei unterschiedliche Aufgaben lösen, wobei ihre Wahrnehmungsfähigkeit, also Sehen, Hören, Riechen, ihre Fähigkeiten zur Kommunikation und Kooperation mit anderen Hunden und mit Menschen sowie zum sozialen Lernen und dem Lösen von technischen, logischen oder sozialen Problemen untersucht werden. Zudem werden die Einflüsse von Persönlichkeit, Geschlecht, Alter und Haltung darauf analysiert.

Dazu nehmen die Wissenschafter Hund und Mensch bei verschiedenen Verhaltenstests aus mehreren Blickwinkeln mit Videokameras auf, lassen spezielle Programme die Reaktionen auf bestimmte Situationen analysieren, messen Herzschlag und Stresshormone, erfassen mittels Eye-Tracker die Augenbewegungen, etc.. “Damit kann man sehr objektiv die verschiedenen Verhaltensweisen messen”, erklärte der Sprecher des Messerli-Instituts und Leiter der Vergleichenden Kognitionsforschung, Ludwig Huber, im Gespräch mit der APA. Die zu testenden Hunde werden nicht im Labor gehalten, vielmehr kommen Hundebesitzer und ihre Tiere freiwillig für die Dauer der Untersuchungen in das Labor.

Forschung an der Vetmeduni Wien

Bei dem Labor handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung der Abteilung für Vergleichende Kognitionsforschung des heuer an der Vetmeduni eröffneten “Messerli-Forschungsinstituts” und des Vereins “Clever Dog Lab Vienna”. Der Verein hatte schon bisher eine gleichnamige Einrichtung im Umfeld der Uni Wien betrieben, im Rahmen des Messerli-Instituts zur Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung erhielt das Labor nun rund 200 Quadratmeter große Räumlichkeiten und eine völlig neue Ausstattung am Campus der Vetmeduni. Ob das bisherige “Clever Dog Lab” in Wien-Alsergrund weitergeführt wird, eventuell auch mit anderen Forschergruppen, sei derzeit Gegenstand von Verhandlungen, sagte Huber.

Den Vorteil des neuen Labors sieht Huber nicht nur in den neuen Räumlichkeiten und der Anbindung zu anderen Einrichtungen an der Vetmeduni, sondern auch im Hauptfokus des Messerli-Instituts, der Mensch-Tier-Beziehung: “Da kommt eine ganz neue Dimension dazu und ich wüsste nicht, wo man diese Mensch-Tier-Beziehung in all ihren Facetten besser erforschen könnte als am Modell Hund.” Der Verhaltensforscher betont zudem die “unmittelbare Relevanz” der Forschung am “Clever Dog Lab” für viele den Hund betreffende Fragen. “Einerseits geht es um die Beziehung zum Hund, die engste und längste unter all den Tieren, die wir domestiziert haben, die an und für sich sehr positiv ist, aber auch Schattenseiten und Probleme hat”, so Huber. Andererseits gehe es auch um ethische Fragen, etwa alles was mit Tierschutz- und haltung zu tun habe.

Enge Kooperation besteht laut Huber mit dem Wolf Science Center (WSC) in Ernstbrunn (NÖ). Dort werden Hunde und Wölfe unter gleichen Aufzuchts- und Haltungsbedingungen untersucht, um u.a. die Auswirkungen der seit 15.000 Jahren dauernden Domestikation des Hundes auf dessen kognitive und emotionale Prozesse zu erforschen. Das zeige sich schon alleine dadurch, dass von den drei Leitern des WSC gleich zwei – Friederike Range und Zsofia Viranyi – auch am “Clever Dog Lab” beschäftigt seien, sagte Huber. Insgesamt arbeiten rund 20 Personen am “Clever Dog Lab”, der Großteil davon Doktoranden, Postdocs und Diplomanden.

Der Hund hat “schon viele überrascht”

Wie intelligent sind Hunde? Diese Frage zu beantworten sei schwierig, weil dies von einzelnen Individuen abhänge, betonte der Leiter der Vergleichenden Kognitionsforschung am Messerli-Forschungsinstitut an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, Ludwig Huber, im Gespräch mit der APA. “Es gibt natürlich ein gewisses genetisches Potenzial, aber das herauszufinden, wird noch lange dauern.” Der Hund habe bisher jedenfalls “schon viele mit seinen Fähigkeiten überrascht”, gleich ob man das als “intelligent” oder nicht bezeichne, wobei dieser Begriff schon beim Menschen umstritten sei.Wien. Es stehe außer Frage, dass Hunde ein hohes Potenzial für nonverbale Kommunikation und Interaktion mit Menschen hätten. Wieviel davon ein Erbe aus seiner Wolfsnatur und wieviel davon Resultat der Domestikation sei und welche Rolle die individuelle Erfahrung eines Tiers spielt, sei schwierig abzuschätzen. Jedenfalls sei der Hund “ein Kulturwesen, da kommt sehr vieles an Erfahrung, Individualität, Aufzucht, etc. dazu”, so Huber.

Forschungsbereiche im Clever Dog Lab

In acht Forschungsbereichen wollen die Wissenschafter des neuen “Clever Dog Lab” die kognitiven und emotionalen Fähigkeiten von Hunden untersuchen:

“Soziale Kognition”: Dabei steht die Beziehung zwischen Hunden untereinander sowie zwischen Hund und Mensch auf dem Prüfstand. “Wie werden Gemeinschaften gebildet, woraus bestehen diese, welche Regeln werden da aufgebaut?”, sind laut Huber Fragen in diesem Zusammenhang. Zudem sollen auch die Mechanismen der Nachahmung erforscht werden.

“Physikalische Kognition”: Derzeit geht man laut Huber vielfach davon aus, dass der Hund durch die Domestikation im sozialen Bereich Fähigkeiten dazugewonnen, bei der physikalischen, technischen Kognition aber Fähigkeiten verloren habe. Die Forscher wollen überprüfen, ob dieser angebliche Verlust vielleicht nicht aus der Domestikation, sondern aus dem individuellen Leben der Tiere resultiert.

“Wahrnehmung”: Wie gut ist die visuelle Wahrnehmung eines Hundes, wie verwenden Hunde akustische Informationen, anhand welcher Gesichtsmerkmale erkennen Hunde ihren Besitzer – solche und viele weitere Fragen werden u.a. mit Versuchen an Touchscreens untersucht, die die Hunde mit ihrer Schnauze steuern müssen.

“Individuelles Lernen und logisches Denken”: Hier geht es um Denksportaufgaben wie Zählen, die Abschätzung von Mengen oder logische Schlussfolgerungen. So sieht etwa ein Versuch zum logischen Denken aus: Unter einem von zwei Bechern ist Futter versteckt – schafft ein Hund es, zu folgern, dass sich das Futter unter dem zweiten Becher befindet, wenn der erste leer ist?

Verhalten und Persönlichkeit der Vierbeiner

“Beziehung und Kooperation”: In diesem Forschungsfeld geht es um Beziehungen zwischen Artgenossen und zum Menschen, etwa die Frage, ob auch Hunde auf ungleiche Behandlung reagieren, also so etwas wie Fairness kennen. Auch die kognitiven Fähigkeiten hinter den Leistungen von Hunden in der Zusammenarbeit mit Menschen sollen erforscht werden.

“Persönlichkeit”: Die Forscher wollen wissen, wie die Persönlichkeit eines Hundes seine kognitiven und emotionalen Fähigkeiten beeinflusst, wie stabil solche Persönlichkeitsmerkmale sind, ob es Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsmerkmalen des Besitzers und des Hundes gibt etc..

“Mensch-Tier-Beziehung”: Hunde reagieren äußerst geschickt auf subtile Zeichen des Menschen. Die Wissenschafter untersuchen u.a. den bewussten und unbewussten Einfluss der Hundebesitzer auf ihre Tiere oder wie menschliche Kommunikation das soziale Lernen von Hunden beeinflusst.

“Empathie und Emotion”: Gibt es Empathie bei Hunden, und wenn ja, können sie sich dann in andere Individuen hineinversetzen, so wie der Mensch, “oder handelt es sich um eine eher niedrigere Form, eine emotionale Ansteckung auf niedrigem Niveau, etwa ansteckendes Gähnen?”, so Huber, der solchen und ähnlichen Fragen in diesem Forschungsbereich im Clever Dog Lab nachgehen will.

(apa/red)

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