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Hoher Franken bricht mit Tabus

Den weitgreifenden und durchaus einzigartigen Maßnahmen der Schweizer Nationalbank (SNB) zur Wechselkurs­regulierung zum Trotz: Der nach wie vor starke und laut vielen Devisenexperten deutlich überbewertete Schweizer Franken bereitet den exportabhängigen eidgenössischen Unternehmen zusehends Kopfzerbrechen.
Kursentwicklung des Schweizer Franken

Die Auftragsbücher sind voll, die Nachfrage nach den qualitativ hochwertigen Schweizer Produkten groß. Nur: Aufgrund des ungünstigen Wechselkursverhältnisses sinken die Gewinnmargen der Unternehmen gen Null. Neben internen Einsparungen werden als Konsequenz auch bisherige Tabu-Themen angesprochen, die vor allem die rund 16.000 Vorarlberger Grenzgänger betreffen würden: Arbeitszeitverlängerung und Gehaltsauszahlung zu einem fixen Wechselkurs in Euro.

Gespräche mit Unternehmen

„Uns sind konkret zwei Unternehmen bekannt, die Grenzgänger in Euro bezahlen“, bestätigt Sigi Langenbahn, Präsident des Liechtensteinischen Arbeitnehmerverbandes gegenüber den VN. Man sei mit den betroffenen Unternehmen in Gesprächen, Namen wolle er aus Rücksicht auf den weiteren Verlauf der Gespräche keine nennen. „Es handelt sich um kleine Firmen, bis dato sind meines Wissens nur sehr wenige Grenzgänger von solchen Maßnahmen betroffen“, sagt er. Der Gewerkschafter hält es aber durchaus für möglich, dass die Dunkelziffer weit höher liegt. Zugleich zeigt er im Ansatz Verständnis für die Maßnahmen: „Viele Unternehmen sind massiv unter Druck. Das Schlimmste, was uns daher passieren könnte, wäre eine Produktionsverlagerung“, betont Langenbahn. Maßnahmen wie eine Arbeitszeitverlängerung sind in seiner Sicht der Dinge nur zeitlich befristet und „absolut transparent“ zulässig. „Sowas darf nicht schamlos ausgenutzt oder zur Gewinnmaximierung benutzt werden“, sagt der Liechtensteiner. Naturgemäß wenig begeistert zeigt sich Hubert Fechtig, Obmann des Vorarlberger Grenzgängerverbandes. „Wir beobachten das mit Sorge.“ Die betroffenen Grenzgänger – „es ist schwierig einzuschätzen, wie viele“ – würden gekündigt und mit neuem Vertrag wieder angestellt. Der Wechselkurs zwischen 1,35 und 1,45 festgelegt (bei aktuell 1,20). „Das ist einfach nicht in Ordnung. Wir hoffen, dass die Maßnahmen der SNB die Unternehmen vor weiterführenden Mitteln abhalten“, so Fechtig.

Betriebe überlegen noch

Die großen Industriebetriebe in Liechtenstein scheinen bis dato von entsprechenden Maßnahmen noch Abstand zu halten. Dass das Thema aber durchaus vakant ist, bestätigt Brigitte Haas, stellvertretende Geschäftsführerin der Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer. „Von unseren Mitgliedern ist uns keines bekannt, das entsprechende Maßnahmen bereits angewendet hat. Es gibt aber durchaus Anfragen“, sagt sie. Die Kammer vertritt insgesamt 38 Mitglieder mit insgesamt 11.000 Mitarbeitern, darunter etwa Hilti oder Ivoclar. Auch wenn die Handelskammer aufgrund der individuellen Situation jedes einzelnen Betriebs selbst keine Empfehlung ausspreche: Der Trend sei klar. „Die Margen sind im vergangenen Jahr um 30 Prozent gefallen“, sagt Haas. Somit sei man mit der paradoxen Situation konfrontiert, dass die Auftragsbücher zwar voll seien, mit den Produkten aber nichts mehr verdiene.

SFS hat Maßnahmen ergriffen

Während sich das Gros der Betriebe in Zurückhaltung übt, geht die SFS-Gruppe mit Hauptsitz in Heerbrugg (St. Gallen) in die Offensive. „Wir haben entsprechende Maßnahmen zur Erhaltung unserer Wettbewerbsfähigkeit bereits in Umsetzung“, erklärt Mediensprecher Christian Fiechter gegenüber den VN. Dazu zählen: Wochenarbeitszeitverlängerung auf 44 Stunden (von 41,5 bzw. 42,5 Stunden), Stopp bei Neueinstellungen, Streichung der Fenstertage sowie Angleichung des 13. Gehalts an einen Eurokurs von mindestens 1,30. Davon betroffen sind laut Fiechter alle SFS-Mitarbeiter – darunter 400 Vorarlberger Grenzgänger. Die Maßnahmen sollen auf das Jahr 2012 begrenzt sein. 90 Prozent der Produkte würden exportiert, die Margen seien einfach zu gering geworden. „Wir müssen das machen, zumal eine Produktionsverlagerung ins Ausland für uns nicht in Frage kommt. Die Mitarbeiter haben Verständnis für diese Maßnahmen“, sagt zumindest SFS-Sprecher Fiechter.

 

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