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Hofers größter Fehler

©APA/ROLAND SCHLAGER
GASTKOMMENTAR VON JOHANNES HUBER. Dem Verkehrsminister wird es noch lange zu schaffen machen, nach dem Tod eines Neunjährigen keinen Abbiegeassistenten durchgesetzt zu haben.

Norbert Hofer zählt zu den freiheitlichen Politikern mit dem besten Gespür fürs allgemeine Volksempfinden. Fast hätte er die Bundespräsidenten-Wahl 2016 für sich entschieden. Dass er dem heutigen Amtsinhaber Alexander Van der Bellen unterlegen ist, hat unter anderem damit zu tun: Hofer hatte einen Aussetzer. Mitten im Wahlkampf passierte ihm ein Ausspruch: „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist“, sagte er. Bezogen hatte sich das darauf, was er als Staatsoberhaupt aufführen könnte. Das wirkte bedrohlich. Nach Machtmissbrauch quasi. Jedenfalls hat es den einen oder anderen davon abgehalten, Hofer zu unterstützen.

2022 will er wieder in die Präsidentschaftswahl ziehen. Sich schon heute zu seinen Chancen zu äußern, wäre verwegen. Was man jedoch feststellen kann, ist, dass ihm gerade wieder etwas passiert ist, was ihm noch lange nachhängen wird.

Am 31. Jänner ist ein Neunjähriger auf der Landstraßer Hauptstraße von einem Lkw erfasst und getötet worden. Der Lenker hatte ihn beim Abbiegen übersehen. Drei Wochen später überreichten Mitschüler Hofer als Verkehrsminister nun ganze 68.820 Unterschriften für die verpflichtende Einführung von Abbiegeassistenten für Lastkraftwagen. Nicht, dass er das gleich zurückgewiesen hätte; im Gegenteil, er bat die jungen Leute sogar, ihm für einen entscheidenden Gipfel die Daumen zu drücken. Umso verwunderlicher, dass er nach diesem Gipfel unzählige Argumente gegen verpflichtende Abbiegeassistenten präsentierte. Folglich werden sie auch nicht eingeführt.

Die Lehre daraus: Entweder waren Hofer die angeblichen Mängel vorab im Gespräch mit den Schülern noch nicht bewusst gewesen; oder er hat ihnen einfach nur etwas vorgemacht. Beides würde gegen ihn sprechen. Ja, das eine würde an seiner Kompetenz zweifeln lassen, das andere von einer gewissen Letztklassigkeit zeugen.

Die Behauptung, dass die Geräte technisch noch nicht ausgereift seien, ist jedenfalls kaum zu glauben: Bei anderen Gelegenheiten gibt sich Hofer extrem fortschrittlich und schwärmt zum Beispiel vom autonomen Fahren. Stolz hat er gerade erst dafür gesorgt, dass seit 1. Jänner autonomes Parken erlaubt ist, ohne dass jemand im Fahrzeug sitzt. Schritt für Schritt sollen die Möglichkeiten ausgeweitet werden. Das ist zu begrüßen. Andererseits: Wenn es noch nicht einmal brauchbare Abbiegeassistenten geben würde, wäre all das geradezu gemeingefährlich.

Vom Europäischen Parlament hat Hofer zuletzt sogar eine Lektion erteilt bekommen: Die Abgeordneten haben sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Assistenten schneller einzuführen; nicht erst ab 2023, sondern schon ab 2021. Das gilt zwar nur für neue Lkw, aber immerhin. „Es gibt keinen Grund, die Technik, die Leben retten kann, nicht verpflichtend einzuführen“, sagt ausgerechnet FPÖ-Intimfeind Othmar Karas, seines Zeichens ÖVP-Delegationsleiter im Parlament.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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