Die geplanten Kosten belaufen sich auf 5,3 Millionen Euro, die zu 78 Prozent vom Bund, zu 17 Prozent vom Land und zu 5 Prozent von den Gemeinden Hohenems, Dornbirn und Lustenau getragen werden. Alle behördlichen Genehmigungen sind soweit abgeschlossen. Die Bauarbeiten umfassen ein großes Hochwasserrückhaltebecken im Bereich Rheinauen mit Dammumschließungen und Regulierungsbauwerk, welches ein Rückhaltevolumen von 330.000 Kubikmetern besitzt und eine Fläche von rund 30 Hektar einnimmt. Zusätzlich soll eine Regulierung und Renaturierung der Längsgerinne zwischen Landwirtschaftsschule und der Siedlung Leermahd, am Ortsausgang von Hohenems, bis zum jetzigen Ausbau, erfolgen. Das Gesamtprojekt hat zwei Zielsetzungen: Hochwasserschutz und die Verbesserung der Gewässerqualität. Der geplante Abschluss der Bauarbeiten ist im Herbst 2014.
Alle baulichen Maßnahmen werden parallel ausgeführt, weil Aushubmaterial vom Längsausbau in Hohenems beim Retensionsbecken wieder eingebaut werden muss. Der Bau der Steuerelemente ist terminlich abgestimmt auf den Badebetrieb im Bereich Rheinauen. Auch bezüglich der landwirtschaftlichen Nutzung soll alles so ausgeführt werden, dass sich so wenig wie möglich Konfliktpunkte ergeben.
Das Projekt ist notwendig, um 160 Gebäude und 30 Betriebe vor den Überflutungen des 100jährigen Hochwassers zu schützen, so Thomas Blank, Abteilungsvorstand der Vorarlberger Wasserwirtschaft. Dieses beruht auf statistischen Untersuchungen und ergibt die theoretische, maximale Wassermenge alle 100 Jahre.
Ursprünglich flossen die Hinterlandentwässerungen in den Alten Rhein. Im Zuge der Rheinregulierung wurde vor rund 100 Jahren der Rheintalbinnenkanal zur Binnenlandentwässerung errichtet. Er fließt bis zur Mündung der Dornbirner Ache und in späterer Folge direkt in den Bodensee ohne Verbindung zum Rhein. Der Emsbach fließt als Zubringer in den Rheintalbinnenkanal, im Oberlauf sind es der Emmebach, beziehungsweise der Koblacher Kanal. In den 80er Jahren wurde festgestellt, dass aufgrund der Siedlungsstruktur mit verdichteter Bauweise und landwirtschaftlicher Nutzung mit Drainagen die Abflusskapazität mit dem bestehenden Querschnitt nicht ausreicht. So wurde der Rheintalbinnenkanal, ausgehend von der Mündung der Dornbirner Ache bis hin zur Siedlung Leermahd, sukzessive ausgebaut. Der Querschnitt wurde aufgeweitet und der Kanal tiefer gemacht. Noch im Urzustand ist der letzte Kilometer bis zur Landwirtschaftsschule. In diesem Bereich muss wegen der Grundwassersituation und der torfigen Böden mit Bauschwierigkeiten gerechnet werden, so Jürgen Rusch, Projektleiter des Rheintalbinnenkanalprojekts.
Das Gesamtprojekt wurde deshalb in Richtung modernem Schutzwasserbau überarbeitet. Statt einem klassischen Längsausbau mit Eintiefung ging bei dieser Überarbeitung die Möglichkeit, schon im Oberlauf ein Retentionsbecken vorzuschalten, als Bestvariante hervor. Wenn schon im Einzugsgebiet das Wasser zurückgehalten werden kann, können Überflutungen damit verhindert, beziehungsweise minimiert werden.
Im Wesentlichen besteht das Projekt aus Steuerelementen, die im Mündungsbereich vom Emmebach und Koblacher Kanal beim Schwimmbad Rheinauen errichtet werden und mehreren Umschließungsdämmen. Der Wasserstand wird laufend von Pegelmessstationen im Siedlungsgebiet in Hohenems kontrolliert. Bei Überschreiten eines bestimmten Pegels werden über ein Steuersignal die Steuerelemente automatisch geschlossen und der Überflutungsraum wird kontrolliert geflutet. Dafür werden keine separaten Bauwerke erstellt, das Wasser wird natürlich zurückgestaut und ausufern gelassen, bis die Möglichkeit besteht, es wieder abfließen zu lassen.
Die Steuerelemente sind massive Stahlbetonbauwerke mit jeweils zwei Hubschützen pro Gerinne. Der Koblacher Kanal kann getrennt vom Emmebach zurückgestaut werden. Der Emmebach führt im Anlassfall leicht verschmutztes Wasser von der Siedlungsentwässerung. Um verschmutztes Wasser im landwirtschaftlichen Bereich zu vermeiden, soll es so lange wie möglich abgeleitet werden. Der Koblacher Kanal führt eher sauberes Wasser, deshalb wird erst dieser zurückgestaut und in weiterer Folge, sofern es wirklich notwendig ist, auch der Emmebach. Es ist gewährleistet, dass das Wasser bei einer Vollfüllung des Beckens innerhalb von 24 Stunden wieder über das Gerinne natürlich abfließen kann. „Für die Grundeigentümer ist es ein Vorteil, weil jene, die die Flächen für den gezielten Rückhalt zur Verfügung stellen, eine Entschädigung im Anlassfall erhalten. Zuvor war es einfach natürlicher Überflutungsraum und der Landwirt musste damit leben. Mit dem Ausbau bekommt er Geld dafür. Es ist eine Win-Win-Situation für alle“, erklärt Rusch.
Die Steuerelemente und Pegelmesstationen an den verschiedenen Brücken im Rheintalbinnenkanal sind die einzigen wirklich technischen Maßnahmen. Die Dämme sollen durch Erhöhungen von verschiedenen Feldwegen und Straßen realisiert werden, die fließend ins Gelände übergehen, sodass man von den Retensionsbecken und den erstellten Bauwerken so wenig wie möglich sieht. Teilweise können auch schon bestehende Geländekanten genutzt werden. Das Becken wird ein ganz seichtes Becken, so Rusch. Im HQ100 Anlassfall (statistisch maximales Hochwasser in 100 Jahren) wird mit einer Durchschnittseinstautiefe von 80 Zentimeter gerechnet.
Im Abschnitt von Hohenems wurden im Vorfeld Grundflächen hinzugekauft, die nun auch Bestandteil des öffentlichen Wassergutes sind. Ziel ist es, den monotonen Verlauf des Rheintalbinnenkanals zu strukturieren und ökologisch zu verbessern. Die Linienführung soll leicht pendelnd ausgeführt werden, soweit dies innerhalb der Grundstücksgrenzen möglich ist. Mit flacheren Böschungen soll der Zugang zum Gewässer erleichtert werden und damit den Lebensraum Ufer aufwerten, sowohl für die Tierwelt, als auch für die Naherholung. Im Gewässer wird mit Störsteinen der Lebensraum für die Fische verbessert. Auch eine Niedrigwasserrinne ist vorgesehen, damit der Flusslauf nicht trocken fällt, was für alle darin lebenden Tiere sehr wichtig ist.