Hier sind 62 genossenschaftliche Wohnungen geplant und für wen dieses Projekt besonders attraktiv sein könnten
Genossenschaftliche Wohnprojekte sind in Vorarlberg aktuell noch eher rar gesät. Das will Initiator Wilfried Flatz in Zukunft mit einem großen derartigen Projekt ändern.

Ganze 62 genossenschaftliche Wohnungen will er in Götzis bauen. Auf dem Grundstück sind Ein- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen zwischen 30 und 120 Quadratmetern geplant. Die Vision ist noch ganz frisch: Erst vergangene Woche hat Flatz das genossenschaftliche Projekt "LAK - Leben am Kobel" ins Leben gerufen. Für Jänner ist die Bauverhandlung angesetzt. "Die Genossenschaft übernimmt das nur mit einer rechtskräftigen Baubewilligung. Sonst wäre das Risiko ja viel zu groß", so Flatz.
Jetzt geht es aber erst darum, 62 Mitglieder, also 62 Familien, für die Genossenschaft zu gewinnen, um das Projekt dann tatsächlich verwirklichen zu können. Denn nur mit genügend Genossenschaftsmitgliedern kann Initiator Wilfried Flatz das Projekt umsetzen und den Bau finanzieren. Er selbst wird dort nicht einziehen oder das Projekt finanzieren. Aktuell hat der Initiator einen Optionsvertrag, der ihm erlaubt, das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt zu einem bestimmten Preis zu kaufen. "Wir haben in Götzis die Möglichkeit gekriegt, praktisch ein bewilligtes Projekt zu bekommen, was eigentlich eine Riesenchance ist. Aber wir haben noch keine Genossenschaftsmitglieder. Das bedeutet, wir zäumen gerade das Pferd von hinten auf", so Flatz.
Wer darf einziehen?
Interessenten und Interessentinnen können sich nun auf der Website des Projekts bewerben. Erste Bewerber gibt es bereits, sagt Flatz im Gespräch mit VOL.AT. Die Zielgruppe sind Personen, die Wohnbedarf haben, gefördert werden und Eigenmittel einbringen können. Mit LAK will er auch der mittleren Einkommensgruppe in Vorarlberg leistbares Wohnen ermöglichen. Denn es gibt auf der einen Seite den privaten Wohnbau und auf der anderen Seite den gemeinnützigen Wohnbau, auch als Sozialbau bekannt. Damit die Personen nicht durch den Rost fallen, die für die eine Bauform zu viel Geld haben und für die andere Form zu wenig vermögend sind, gibt es eine dritte Form: den genossenschaftlichen Bau.

Genossenschaftliches Bauen kurz erklärt
Doch was bedeutet genossenschaftlicher Bau? Beim genossenschaftlichen Bau errichtet nicht ein privater Bauträger die Wohnanlage, sondern die zukünftigen Bewohner bauen gemeinsam. Das bringt ein Mitspracherecht mit sich – etwa können die Familien in Götzis den gemeinsamen Bereich zusammen gestalten. Ziel des genossenschaftlichen Baus ist, im Gegensatz zu einem privaten Bauträger, das Bewohnen und nicht das Vermieten zu möglichst hohen Preisen. Zudem fördert der genossenschaftliche Bau ein Gemeinschaftsgefühl. Durch Ehrenamt und Solidarität sollen die Betriebskosten durch Mitarbeit minimiert werden – die Bewohner mähen den Rasen, räumen Schnee und kümmern sich um die Hausverwaltung selbst.
Ebenfalls verfolgen Genossenschaften, anders als private Vermieter, keine Gewinnmaximierung, was sich positiv auf die Höhe der Zahlungen auswirken kann. Mieten sind sonst nämlich an den Index angepasst und können mit den Jahren immer höher werden. Außerdem spricht Flatz steuerliche Vorteile beim Kauf der Genossenschaftsanteile im Gegensatz zu sonstigen Eigentumswohnungen an. Auch wenn die Wohnung dann nicht Eigentum der Bewohner ist, müssen die Genossenschaftsmitglieder nicht fürchten, gleich wieder ausziehen zu müssen: Sie ist für langfristiges Wohnen ausgelegt. Doch auch die gewählte Wohnung ist nicht in Stein gemeißelt: Wer zunächst in eine Einzimmerwohnung einzieht, später jedoch aufgrund einer Familiengründung mehr Platz benötigt, kann auch innerhalb des Hauses umziehen.
"Herzensangelegenheit"
Der ehemalige Geschäftsführer einer Baufirma engagiert sich schon länger ehrenamtlich im Rahmen des Vereins „Weiterwohnen“ und „Neustart Schweiz“ für leistbares Wohnen und Bauen: "Das war immer eine Herzensangelegenheit für mich." Dies war ihm persönlich immer wichtig, obwohl Flatz selbst schon lange ein Eigenheim besitzt. Doch er wollte die Lage nicht einfach akzeptieren: "Ich habe mir immer gedacht, das kann es nicht sein, dass es so ist, wie es ist, wenn du andere Länder angeschaut hast. Da ist Vorarlberg schon ein besonderer Boden."

Zehn Jahre erfolglose Suche
Für den Buslenker eines Reiseunternehmens war die Freude besonders groß, als er nach über zehn Jahren endlich ein geeignetes Grundstück für einen genossenschaftlichen Bau in Vorarlberg gefunden hat. "Bisher ist es immer daran gescheitert, dass kein Projekt da war und dass man nicht an ein Grundstück gekommen ist", erklärt er. Schließlich gingen diese meist an die höchstbietenden Käufer, und die Bauträger hätten viel Geld verdient. Inzwischen hat sich das Blatt jedoch gewendet.
Mit dem Grundstück in Götzis kann er gleichzeitig auch das bisher nicht umgesetzte Projekt "Leben am Kobel" übernehmen und umsetzen. Das Projekt wurde ursprünglich von Domig Immobilien geplant, jedoch nicht verwirklicht. "Ich kenne viele Projekte, die praktisch fertig in der Schublade liegen", erklärt Flatz und fügt hinzu, dass aktuell in Vorarlberg viele Bauträger geplante Wohnanlagen nicht bauen würden. "Ich kenne Firmen, die sonst 70 Einfamilienhäuser im Jahr verkauft haben und jetzt nur noch zwei." Von Domig Immobilien wird er weiterhin bei der Gestaltung der Webseite und anderen Aufgaben unterstützt, obwohl diese das eigentlich nicht mehr müssten, wie Flatz betont.

Mit "LAK - Leben am Kobel" möchte Flatz eine Wohnform nach Vorarlberg bringen, die in umliegenden Ländern bereits länger etabliert ist. In der Vergangenheit waren die Rahmenbedingungen für das genossenschaftliche Wohnen in Vorarlberg schlecht, so Flatz. Dies habe sich jedoch inzwischen geändert. Dabei verweist er auf einen Meilenstein in Vorarlberg vor zwei Jahren: die Einführung der Landesförderung für genossenschaftliches Bauen. Flatz hat über zehn Jahre nach einem geeigneten Grundstück in Vorarlberg gesucht.
Das sagt die Gemeinde zum Projekt
Das genossenschaftliche Projekt wird besonders vom Götzner Bürgermeister Manfred Böhmwalder begrüßt: „Die Zukunft verlangt auch nach neuen Wohnformen, die Leistbarkeit und soziale Aspekte berücksichtigen. Genossenschaftliche Wohnprojekte können eine Antwort darauf sein.“

Ebenfalls Zuspruch gibt es von der Obfrau des Wohnungsausschusses und Gemeinderätin Karin Weber: „Das genossenschaftliche Wohnprojekt ‚Leben am Kobel‘ steht für eine innovative und gemeinschaftsorientierte Wohnform, die nicht nur bezahlbaren Wohnraum schafft, sondern auch den sozialen Zusammenhalt stärkt und ein nachhaltiges Miteinander fördert.“
(VOL.AT)