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Hickes Bilanz: Leistung top, Ergebnis flop

Am Tag nach der 0:3-Niederlage im Testspiel gegen Deutschland ist die Bilanz von Österreichs Fußball-Teamchef Josef Hickersberger aufgrund des Ergebnisses nur leicht positiv ausgefallen.

Zwar freute sich der 59-Jährige über die starke Leistung vor allem vor der Pause, am Ende bleibe aber eine klare Heimniederlage gegen den dreifachen Welt- und Europameister, der in gut vier Monaten im Rahmen der EURO wieder im Wiener Happel-Stadion der Gegner ist.

“Das 0:3 ist ein katastrophales Ergebnis”, meinte Hickersberger, gab aber auch zu bedenken: “Doch wer das Spiel gesehen hat, muss gestehen, dass unsere Leistung viel besser als das Resultat war.” In den ersten 45 Minuten hätten seine Schützlinge den haushohen Favoriten durch viel Pressing stark unter Druck gesetzt. “Da haben wir ein sehr hohes, für österreichische Verhältnisse vielleicht zu hohes Tempo gespielt und viele Torchancen herausgespielt”, analysierte der Teamchef, der nach eigenen Angaben “bei anderen Resultaten schon niedergeschlagener war”.

“Von einer EM-Euphorie sind wir noch weit entfernt, aber die werden wir bei der EM haben, das hat das Publikum gestern prophezeit. Wir hatten ein tolles Publikum, das uns bis zum Schluss angefeuert hat. Das war ein Vorgeschmack auf die EM, da wird die Post erst so richtig abgehen.” Er sei von der lautstarken Unterstützung sogar “verblüfft” gewesen, auch wenn ihm einige Pfiffe bei der deutschen Hymne missfielen.

Die Fans könnten die Mannschaft bei der EURO dermaßen beflügeln, dass ein Powerplay wie am Mittwoch länger als nur eine Hälfte lang möglich sei. “Wenn die Spieler so eine Unterstützung spüren, werden sie bei der EM noch länger dieses Tempo gehen können”, versicherte der Niederösterreicher, wies diesbezüglich aber auch auf die Bedeutung der EM-Vorbereitung hin. “Wenn wir bei der Europameisterschaft Erfolg haben wollen, brauchen wir unbedingt eine fitte Mannschaft – das wird durch unsere lange Vorbereitung gewährleistet sein.”

Wenig begeistert war der Coach von den Trainingsauftritten von Martin Harnik, dennoch bekam der Stürmer seine Chance von Beginn an – und nützte sie. Hickersberger sprach von einer “positiven Überraschung” und gab zu: “Ich war überrascht, weil er im Training nicht den Eindruck erweckt hatte, zu so einer Leistung fähig zu sein.” Harnik müsse sich nun im Training in Bremen stärker engagieren, um auf mehr Einsätze in der deutschen Bundesliga zu kommen.

Auch der zweite Stürmer Roland Linz erhielt Sonderlob. “Entscheidend war für mich, dass er viel für die Mannschaft gearbeitet hat. Er war in einem viel besseren körperlichen Zustand als bei seinen letzten Länderspielen im September.” Christian Fuchs kam beim Teamchef ebenfalls gut weg. Der Mattersburg-Spieler machte über die linke Seite zwar viel Druck, Hickersberger störte aber, dass es der Niederösterreicher bei einer großen Chance vorzog, selbst zu schießen anstatt für Linz abzulegen.

Fuchs profitierte offenbar auch von der überraschenden Systemänderung Hickersbergers, der sich für eine – in Mattersburg praktizierte – 3-5-2-Taktik entschied, die auf Anhieb gut funktionierte. Damit dürfte es im Hinblick auf die EURO gelungen sein, eine neue Variante zur Verfügung zu haben, auch wenn der Nationaltrainer abwiegelte. “Es gibt nicht das richtige System, es geht um die Spieler, die man zur Verfügung hat. Für mich gibt es keine Systemfrage, ich bin kein System-Apostel.”

Über taktische Erkenntnisse wollte Hickersberger nichts erzählen (“Denn unsere deutschen Freunde hören mit”), eine gewisse Zufriedenheit mit dem gelungenen Winkelzug und des dadurch größer gewordenen taktischen Repertoirs war aber nicht zu verbergen. “Jetzt wird man sehen, gegen welchen Gegner wir so spielen wie gestern, gegen wen mit einem 4-4-2 oder gegen wen mit einem Stürmer.”

Weniger Freude bereitete dem 59-Jährigen die Leistung von Alexander Manninger, der das dritte Gegentor verschuldete und auch ansonsten nicht immer sattelfest war. “Nach seinem ersten Fehler bei einem Rückpass ist er unsicher geworden und hat Fehler gemacht”, sagte “Hicke”, betonte aber auch: “Die Tormann-Rotation wird so lange fortgesetzt, wie ich es für notwendig halte.”

Abseits der Spielanalyse zeigte sich der Teamchef auf der Pressekonferenz am Tag nach dem Spiel bezüglich eines Team-Comebacks von Ivica Vastic weiter skeptisch. “Es ist denkbar, dass er uns weiterhelfen kann, aber die Frage ist, ob wir mit ihm so ein Pressing spielen können. Doch wir werden ihn sehr wohl weiter beobachten, ich werde niemandem die Tür zuschlagen.”

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