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Heimhilfe erstach bettlägrige Frau: Prozess

Wegen finanzieller Probleme dürfte sich im Mai des Vorjahres eine Heimhelferin bei einer früher von ihr betreuten bettlägrigen Frau in Rudolfsheim-Fünfhaus eingebrochen haben. Weil das Opfer sie dabei erkannte, soll sie zum Messer gegriffen und die 76-Jährige erstochen haben. So sieht es zumindest die Anklage.

Die 46-jährige diplomierte Krankenschwester musste sich am Mittwoch vor einem Schwursenat im Wiener Landesgericht wegen Mordes und Einbruchsdiebstahls verantworten. Das tat die Frau unter Tränen und mit einigen Details, die gegenüber ihrer Aussage bei der Polizei doch wesentlich modifiziert waren.

Die Tat hatte sich am 31. Mai 2010 ereignet. Die Angeklagte gab an, dass sie nicht zuletzt wegen einer aus dem Krieg in ihrer Heimat erlittenen posttraumatischen Belastungsstörung ärztlich verordnete Medikamente nahm. Die konsumierte sie allerdings in wesentlich größeren Mengen als von den Medizinern verordnet und unter Zuhilfenahme ausgesprochen großer Mengen Alkohol: “Ich bin eine Quartal-Alkoholikerin, das kommt und geht”, sagte sie dem Senat. Wenn sie Alkohol konsumiert habe, dann alles, was ihr in die Finger kam: “Ich habe ständig getrunken.” Unter anderem Wodka, Bier und Cola Rot. In Zusammenhang mit den Medikamenten führte das zu immer häufigeren Krankenständen und dem Verlust ihrer Arbeitsplätze zunächst in einem Gemeindekrankenhaus und im Mai des Vorjahres bei der mobilen Krankenpflege.

Heimpflegerin hatte schwere finanzielle Probleme

Doch die 46-Jährige musste für ein Kind sorgen, die Geldprobleme wurden immer größer. 80.000 Euro Schulden soll sie zuletzt gehabt haben. So kam sie, nachdem sie laut ihrer Aussage bereits am Vorabend heftig getrunken – “zehn Wodka, zehn Cola Rot, Bier” – und am 31. Mai nahtlos daran angeschlossen hatte, am späten Nachmittag jenes Tages auf die Idee, das spätere Mordopfer in der Märzstraße in Rudolfsheim-Fünfhaus zu besuchen und der bettlägrigen Frau einigen Schmuck abzunehmen. Die 76-Jährige kannte sie, weil sie einige Male als mobile Krankenschwester bei ihr ausgeholfen hatte. Außerdem hatte sie den Code für den Schlüsseltresor vor der Wohnung.

Und hier beginnen, abgesehen von der Menge des konsumierten Alkohols im Vorfeld, die Diskrepanzen zwischen früheren Aussagen und Anklage einerseits sowie der Verantwortung der Angeklagten beim Prozess andererseits. Staatsanwältin Olivia-Nina Frigo warf der Frau unter anderem vor, ein Klappmesser eingesteckt und dieses letztlich benützt zu haben. Das stellte die 46-Jährige in Abrede.

Sie sei mit einem Taxi, aber ohne Messer, direkt in die Märzstraße gefahren, habe den Schlüsseltresor und mit dem Schlüssel darin die Wohnung geöffnet. Dort sei sie direkt in das Kabinett gegangen: “Ich wollte was stehlen.” Doch die alte Dame merkte, dass sich jemand in ihrer Wohnung befand, und begann um Hilfe zu rufen. Die 46-Jährige beschied ihr laut Anklage, dass sie eine Schwester sei, die nur etwas kontrollieren wolle. Doch die 76-Jährige schrie weiter, laut Anklage unter anderem: “Ich kenn’ Sie, ich kenn’ Sie!” Das sei das Todesurteil gewesen. 

Wurde die Angeklagte von einem Polizisten geschlagen?

Doch auch das wies die Heimpflegerin zurück. “Sie hat mich nicht erkannt”, sagte sie. Warum habe sie dann bei der Polizei etwas Anderes gesagt, wollte Nachtlberger wissen. “Ein Inspektor hat mich auf die Nase geschlagen”, meinte die 46-Jährige. Überhaupt sei bei den Einvernahmen Druck von der Exekutive ausgeübt worden.

Sie habe der Frau einen Polster auf den Mund gedrückt, um sie leise zu machen. “Ich hab’ geschaut, dass ein Nasenloch frei ist”, so die Angeklagte. “Ich wollte ihr Angst machen.” – Darauf der Richter: “War es nicht vielleicht doch so, dass das Opfer Sie erkannt hat und Sie eine Zeugin beseitigen mussten?” – “Bei Gott nicht!”, lautete die Antwort.

Sie sei dann in die Küche gegangen und habe dort ein Messer aus einer Lade genommen. Mit diesem habe sie dann vor der Pensionistin herumgefuchtelt. Die 76-Jährige habe sich gewehrt – unter anderem schlug sie der Heimpflegerin ein Buch auf den Kopf -, sie habe ihr auch das Messer entrissen, so die Angeklagte. Sie habe sich das Messer zurückgeholt. An die vier Stiche, drei im linken Halsbereich, ein vierter in die linke Brust erinnerte sich die 46-Jährige nicht. “Sie wollen jetzt aber nicht sagen, dass Sie in Notwehr gehandelt haben? Wenn Sie jetzt auf der Schiene fahren, dass Sie sagen, Sie haben sich gewehrt, dann werde ich grantig”, meinte der Vorsitzende.

(apa)

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